Mitchell Weiser hatte seine Tränen des Frusts kaum getrocknet, da stand ein ganz bitterer Gang an. Gemeinsam mit seinen völlig bedienten Teamkollegen trottete der Verteidiger zum Fanblock von Werder Bremen in Bielefeld, wo ihn ein unschöner Empfang erwartete. Mit fliegenden Bechern und wütenden Rufen scheuchten die Anhänger ihr Team nach der Pokalblamage beim Drittligisten vom Platz - im gemeinhin geruhsamen Werder-Umfeld brodelt es inzwischen gewaltig.
Es brodelt gewaltig
„Ich habe die Fans so noch nie erlebt“, staunte Leonardo Bittencourt im Anschluss, während Trainer Ole Werner bemüht war, die Wogen zu glätten: „Damit muss man leben. Natürlich sind die Fans enttäuscht, deswegen ist das eine Reaktion, die nachvollziehbar ist“, stellte er nüchtern fest und zeigte beinahe Verständnis für das unangebrachte Verhalten der Anhänger. Nach dem desolaten 1:2 (0:2) beim Sensations-Halbfinalisten Arminia Bielefeld wollte sich Werner lieber mit den eigenen Problemen auseinandersetzen.

Kein Wunder: Denn auch intern, in seiner Mannschaft, die nun vier Pflichtspiele in Folge verloren hat, scheint die Stimmung mehr und mehr zu kippen. Auf der verbalen Ebene ging es am Dienstag heiß her. Mittelfeldspieler Bittencourt, nach seiner Einwechslung einer der wenigen Lichtblicke in einer dunklen Bremer Pokalnacht, hatte sich schon auf dem Feld mit Teamkollege Derrick Köhn gezankt, dann legte er in den Katakomben nach.
„Es steht 1:2, aber man will halt noch sein Tape abmachen und dann erst runter vom Platz“, schimpfte der 31-Jährige über seinen Mitspieler, der sich bei seiner Auswechslung Zeit ließ. „Also, ich verstehe manche Jungs nicht: Geh runter, wir haben keine Zeit mehr! Ich weiß nicht, was in manchen Köpfen los ist. Ich habe da keinen Bock mehr drauf“, polterte er unter anderem im Gespräch mit der Deichstube.
Er sei „sehr wütend, sehr enttäuscht. Das ist für mich unerklärlich. Da können wir Klartext reden, wie wir wollen. Es wird Zeit, dass wir auf dem Platz liefern.“
Werder Bremen taumelt nach dem Jahreswechsel
Bittencourts Wut, sie hat sich über Wochen aufgestaut. Denn seit dem Jahreswechsel taumelt Werder nur so durch die Saison. Von den neun Pflichtspielen 2025 wurde nur eins gewonnen - zuletzt setzte es eine herbe 0:5-Packung beim SC Freiburg, ein Team mit dem man sich gerne auf Augenhöhe sähe. Eine erhoffte Reaktion auf die herbe Klatsche blieb nun im Pokalviertelfinale aus, wodurch Werder die Chance auf den ersten Titel seit 2009 leichtfertig verschenkte.
Weshalb nun eine ziemlich graue Restsaison droht, auch wenn die Bremer in den Bundesliga-Abstiegskampf wohl nicht mehr reinrutschen werden. Dabei hatte doch alles so gut ausgesehen im alten Jahr. Nach einer starken Hinrunde durfte eine gefestigt wirkende Mannschaft gar in Richtung Europa schielen, doch es folgte der üble Einbruch.
„Es regt mich am meisten auf, dass wir es nach der guten Hinrunde nicht geschafft haben, dranzubleiben. Keine Ahnung, warum. Vielleicht, weil wir denken, dass wir die Krassesten sind“, maulte Bittencourt, dessen verbaler Rundumschlag in den kommenden Tagen für zusätzlichen Zündstoff sorgen dürfte. Sein Sportchef Clemens Fritz jedenfalls forderte in Bielefeld einen besonneneren Umgang mit der Krise - mit „konstruktiver und lösungsorientierter“ Kommunikation.