Um 10.44 Uhr versandte der FC Bayern am Mittwoch eine bedeutende Mitteilung an die Medienvertreter: Der Rekordmeister und Thomas Tuchel beenden ihre Zusammenarbeit im Sommer, zur neuen Saison hin soll eine Neuausrichtung stattfinden.
Wer Tuchel beerben könnte
Was die Fans nach der Vermeldung der Entscheidung wohl am meisten interessieren dürfte, ist die Nachfolger-Frage. Wer beerbt Thomas Tuchel? Welcher Trainer tritt die große Herausforderung in München an? Allzu üppig ist das Angebot auf dem Trainermarkt aktuell nicht – schon gar nicht in der Kategorie, in der sich der Rekordmeister umschauen dürfte.
Wer aber kommt für die Bayern in Frage? Welche Kandidaten werden gehandelt - und wie stehen die Chancen? SPORT1 gibt einen Überblick.
Jürgen Klopp
In der Vergangenheit wurde immer wieder Jürgen Klopp als möglicher FCB-Coach ins Spiel gebracht. Der langjährige Liverpool-Trainer, der sein Amt zum Ende der Saison aufgibt, steht allerdings nicht zur Verfügung.
„Jürgen Klopp wird nach der laufenden Saison ein Jahr lang keinen Verein und keine Nationalmannschaft trainieren. Das bleibt unverändert“, sagte sein Berater Marc Kosicke bereits bei Sky.
Xabi Alonso
Er wäre die 1A-Lösung, mit der wohl so ziemlich jeder an der Säbener Straße mehr als nur zufrieden wäre. Von 2014 bis 2017 war der heute 42-Jährige als Spieler beim FC Bayern aktiv, beendete bei den Münchnern sogar seine Karriere. Die Bayern-Mitarbeiter, die Alonso noch aus dieser Zeit kennen, loben ihn bis heute in den höchsten Tönen. Schon 2018 wollte Ex-Klubchef Karl-Heinz Rummenigge Alonso als Co-Trainer holen.
Dass es bei den Bayern derzeit nicht rund läuft, liegt auch am ehemaligen Mittelfeldstrategen, leistet er doch seit Oktober 2022 als Coach von Bayer Leverkusen hervorragende Arbeit. Aktuell steht Alonso noch bis 2025 bei der Werkself unter Vertrag.
Neben den Bayern dürfte auch der FC Liverpool, für den Alonso ebenfalls spielte, und der nach der Klopp-Ankündigung ebenfalls einen neuen Trainer sucht, beim Spanier anklopfen. Alonso selbst äußerte sich am Donnerstag auf Leverkusens Pressekonferenz ausweichend.
Hansi Flick
Allzu lange ist es noch nicht her, dass Flick als Kovac-Nachfolger bei den Bayern alles gewann, was es zu gewinnen gibt - unter anderem die Champions League und den Weltpokal. Nach seinem Aus in München und der äußerst missratenen WM in Katar, der er als Bundestrainer nicht seinen Stempel aufdrücken konnte, wäre Flick aktuell frei.
Eine Verpflichtung ist dennoch äußerst unwahrscheinlich. So ist das Verhältnis zwischen Flick und Uli Hoeneß noch nicht wieder gekittet. So verhinderte nach SPORT1-Informationen sein Eingreifen aktuell den einstigen Erfolgscoach als Tuchel-Nachfolger.
2021 hatte Flick sich immer weiter von den Münchnern entfernt, die Bosse brüskiert und vor allem Hasan Salihamidžić immer wieder öffentlich attackiert. Grund genug für Hoeneß, sich vehement gegen eine erneute Verpflichtung auszusprechen.
Zinédine Zidane
Er wäre die große internationale Lösung, ein Paukenschlag im Weltfußball. Als Spieler gewann der Franzose alles. Als Trainer war er nicht minder erfolgreich. So führte er Real Madrid von 2016 bis 2018 dreimal in Folge zum Champions-League-Titel und gewann mit dem Team zweimal den Weltpokal. In seiner zweiten Amtszeit von 2019 bis 2021 lief es allerdings weniger gut, seitdem ist Zidane ohne Trainerjob und dementsprechend verfügbar.
Ein enger Vertrauter von „Zizou“ enthüllte kürzlich im Gespräch mit SPORT1: „Zinédine betrachtet den FC Bayern wie Real Madrid: Eine Institution als Verein mit einer Riesen-Vergangenheit und tollen Arbeitsbedingungen. Beide Vereine haben viele Ähnlichkeiten in ihrer Arbeitsweise. Insofern war für ihn der deutsche Rekordmeister ein Thema, das er nie abgelehnt hat“
So kämen für ihn nur die französische Nationalmannschaft, Juventus Turin und die Bayern in Frage, ein Trainerposten in England dagegen nicht. „Zizou arbeitet wie ein Deutscher: Zielorientiert, strukturiert und er ist extrem detailbesessen. Insofern würde er dorthin sicherlich gut passen. Aber wenn ihn die Münchner Verantwortlichen holen wollen, müssen sie ihm die sportliche Macht überlassen und seine Wünsche erfüllen. Er ist sehr ehrgeizig und ordnet alles dem Erfolg unter. Er will nichts dem Zufall überlassen.“
Lukrative Angebote von PSG lehnt Zidane in der Vergangenheit übrigens mehrfach ab. Sein wohl größtes Manko: Er spricht zwar Französisch, Italienisch und Spanisch, aber kein Deutsch – und Englisch (Trainingssprache der Münchner) nicht gut genug. So erklärte Zidane nach seinem Aus bei Real der französischen Tageszeitung L‘Équipe: „Ich verstehe Englisch, aber ich beherrsche die Sprache nicht komplett. Ich weiß, dass es Trainer gibt, die zu Klubs gehen, ohne die Sprache zu sprechen. Aber ich arbeite anders.“
Sebastian Hoeneß
Er wäre eine Option mit Stallgeruch. Der Neffe von Uli Hoeneß trainierte von 2017 bis 2019 die U19 der Bayern, danach ein Jahr die zweite Mannschaft, mit der er Meister in der dritten Liga wurde. Aktuell hat er das Amt als Cheftrainer des VfB Stuttgart inne, rettete das Team zunächst vor dem Abstieg und machte es im Anschluss zu einem Anwärter auf die Champions League.
Wird es mit Alonso nichts, hat Hoeneß gute Karten bei Bayern, und der Klub seinerseits bei ihm gute Karten. Die familiäre Verbindung würde die Verhandlungen natürlich maximal vereinfachen.
Hoeneß könnte sich vollkommen auf die Unterstützung der Bosse verlassen - kann im Gegenzug aber keine Erfahrung auf internationaler Ebene vorweisen, was für den Job als Bayern-Trainer von großer Relevanz ist.
Ole Gunnar Solskjaer
Von 2018 bis 2021 trainierte der Norweger Manchester United, seitdem hat er kein Traineramt mehr angetreten. Erst vor wenigen Wochen wurde ihm ein Angebot von Besiktas Istanbul vorgelegt, daraus geworden ist allerdings nichts. Paul Parker, Ex-Profi bei ManUnited, rät Solskjaer allerdings ab. „Es gibt keinen Verein in Europa, der so politisch ist wie Bayern München“, erklärte er im Sky-Interview.
Und weiter: „Der Ex-Präsident Hoeneß hatte ein viel zu großes Mitspracherecht. Das ist kein Job, den er antreten sollte. Wer auch immer jetzt in den Verein kommt, muss den Verein sehr gut kennen. Der neue Manager muss den Vorstand hinter sich haben, und den hat Ole nicht.“
Antonio Conte
Seit März 2023, als sein knapp eineinhalbjähriges Intermezzo bei Tottenham endete, ist der Italiener ohne Job. Ex-Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge – derzeit Mitglied im Aufsichtsrat - gilt als ausgewiesener Italien-Fan. Conte trainierte unter anderem Inter Mailand, Chelsea, Tottenham und Juve – gewann alleine die Serie A viermal.
Zwar kennt er beispielsweise Harry Kane aus gemeinsamen Spurs-Zeiten, Conte spricht aber ebenfalls kein Deutsch. Laut Bild will der 54-Jährige dennoch unbedingt zum FC Bayern.
José Mourinho
Verschlägt es „The Special One“ an die Isar? Laut Bild soll der Portugiese am Trainerjob in München interessiert sein, so soll Mourinho sogar bereits Deutsch lernen und in der Vergangenheit mit dem Job geliebäugelt haben.
Genug internationale Erfahrung hat der zweimalige Champions-League-Sieger in jedem Fall, arbeitete er doch unter anderem für Real Madrid, den FC Chelsea, Inter Mailand, Manchester United, Tottenham und die AS Rom.
Seit seiner Entlassung bei der Roma Mitte Januar ist er ohne Job. Ob sich die FCB-Verantwortlichen den durchaus speziellen Fußballlehrer wirklich ins Haus holen wollen, darf bezweifelt werden.