Tropische Temperaturen, monsunartige Regenschauer - doch das hielt die Webedia Arena Sao Paulo nicht davon ab, sich in einen brodelnden eSports-Hexenkessel zu verwandeln. Am vergangenen Wochenende pilgerten Tausende Fans zum Austragungsort des wichtigsten R6S-Events - trotz der unberechenbaren Witterung. Im großen Finale standen sich mit FaZe Clan und w7m esports gleich zwei brasilianische Schwergewichte der Rainbow Six Siege-Szene gegenüber, was für durchgehende Jubelstürme sorgte. Jede Aktion und jede Bewegung wurde frenetisch gefeiert, als stünden sich der FC Barcelona und Real Madrid im Finale der Champions League gegenüber.
Spektakuläres Bruderduell in Sao Paulo
Brasilians Finest!
Im Grand Final waren mit den Teams FaZe Clan und w7m esports die derzeit erfolgreichsten brasilianischen Mannschaften vertreten, wobei fairerweise erwähnt werden muss, dass der FaZe Clan eine US-amerikanische eSports-Organisation ist. Trotzdem bestehen beide Teams ausschließlich aus brasilianischen Spielern, was das Finale zu einem doppelten Heimspiel machte und zudem eine außergewöhnliche Besonderheit zu bieten hatte.
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Das Duell war nicht nur ein Aufeinandertreffen der brasilianischen Creme de la Creme, sondern zeitgleich auch ein Bruderduell. Die Zwillinge Thiago „Handyy“ Ferreira und Felipe „nade“ Ferreira wurden am 24. April 2003 geboren und entdeckten zusammen die Leidenschaft für Ubisofts Taktik-Shooter. Trotz der gemeinsamen Anfänge trennten sich ihre Wege früh. Während „Handyy“ über ein Engagement bei FURIA Esports zum FaZe Clan kam, wechselte „nade“ von den Black Dragons zu w7m esports. Beide Brüder waren in der Vergangenheit durchaus erfolgreich und konnten die eine oder andere Trophäe mit nach Hause nehmen. Doch bislang gelang es weder „nade“ noch „Handyy“ den WM-Titel ihr eigenen nennen zu dürfen. An diesem Wochenende sollte es zumindest für einen der beiden soweit sein.
FaZe dominiert, w7m zeigt Nehmerqualitäten
So spannend die Erwartungen an das Duell waren, so einseitig verlief zumindest der Auftakt. Auf der ersten Karte, Oregon, überrollte der FaZe Clan die Spieler von w7m in einer mehr als dominanten Manier und ging verdient mit 7:1 in Führung. So stark FaZe jedoch loslegte, so stark konnte w7m zurückschlagen. Anstatt das die „US-Brasilianer“ an den Erfolg auf Oregon anknüpften, war es zunächst das Team von „nade“, dass hier in Führung ging und diese auch ausbaute. FaZe wäre jedoch nicht FaZe, wenn es das Team nicht noch einmal spannend machen würde. Runde um Runde sicherten sich die Spieler um „Handyy“ Punkte und konnten zwischenzeitlich mit 3:4 zur Konkurrenz aufschließen. Diese zog daraufhin jedoch alle Register als Ingame Leader Gustavo „HerdsZ“ Herdina mit einem ACE (Alleine alle fünf gegnerischen Spieler ausschalten, Anm. d. Red.) den FaZe Clan beinah im Alleingang auseinandernahm.
Zwar sollte es FaZe im Anschluss gelingen noch zwei Runde für sich zu verbuchen, dennoch ließ sich w7m schlussendlich nicht mehr die sprichwörtliche Butter vom Brot klauen. Entsprechend ging es unter tösendem Jubel tausender Fans mit einem Zwischenstand von 1:1 auf die dritte Karte Skyscraper.
In luftigen Höhen war es wiederum w7m, die hier zunächst tonangebend gewesen sind. Mit einem zwischenzeitlichen Spielstand von 5:1 gewonnen Runden, war es faktisch nur noch reine Formsache, hier den Sack zuzuschnüren. Doch und einmal mehr darf und sollte man den FaZe Clan nicht unterschätzen. Zum um Zug, Runde um Runde lieferte sich das R6S-Powerhouse knappe Duelle mit der heimischen Konkurrenz, nur um mehr und mehr dem Ausgleich sich entgegen zu ballern. Aus der sicht von w7m esports kam es schlussendlich so, wie es offenbar kommen musste. FaZe zog mit erstklassigen Spielzügen an der Konkurrenz vorbei und schaffte es zudem, wenig später, sich die zweite Map zu sichern.
Endgame
Machen wir es kurz: obwohl FaZe auf Scyscaper eine gewisse Dominanz austrahlen konnte, war es auf Border w7m wiederum, die ihre Gegner austricksen und besiegen konnten. Entsprechend kam es im Anschluss und das erste Mal seit dem Six Invitational 2018 zu einer fünften Karte im großen Finale der Rainbow Six Siege Weltmeisterschaft. Doch aus der von allen Fans erhofften engen Partie, wirkte das Geschehen viel eher wie ein Dejavu der ersten Karte, Oregon. FaZe schien w7m stets ein Schritt voraus zu sein und konnte zwischenzeitlich den Spielstand auf 6:1 erhöhen. Entsprechend hieß es ab sofort „do or die“ für w7m.
Und als hätte der „Script Writer“ des Matches das Flehen der Fans erhöhrt: w7m begann damit eine Runde nach der anderen zu gewinnen. 2:6 ... 3:6 ... 4:6 ... und als es schlussendlich 5:6 stand, lag sich hier wirklich jeder in den Armen. Sollte die Weltmeisterschaft tatsächlich in der Overtime entschieden werden?
Manchmal werden Märchen nicht nur erzählt, manchmal muss man sie selbst schreiben. Das dachte sich wohl auch w7m und hat das Unmögliche möglich gemacht. Trotz einem zwischenzeitlichen Spielstand von 1:6, haben die Spieler zu keiner Sekunde den Glauben an sich verloren und sich schlussendlich und verdient zum neuen Weltmeister in Rainbow Six Siege gekrönt. Mit dem Sieg kommt zugleich ein Preisgeld von insgesamt einer Million US-Dollar daher. Kein schlechter Stundenlohn für das wohl beste Finale in der Geschichte von Rainbow Six Siege Esports.