Damals ging alles so schnell, dass selbst sein Teamkollege nicht kommen sah, was Trent Alexander-Arnold da vorhatte: Divock Origi stand mit dem Rücken zur Eckfahne, als der Rechtsverteidiger vom FC Liverpool den Ball urplötzlich in den Strafraum schlug und tatsächlich Origi erreichte.
Ein Heiliger wird ausradiert
Die Konsequenz: 4:0 für die Reds gegen völlig verdutzte Barca-Stars, die an jenem 7. Mai 2019 nicht wussten, wie ihnen geschah. Alexander-Arnolds schnell ausgeführte Ecke im Halbfinale der Champions League gehört bis heute zu den eindrücklichsten Glanznummern der Liverpool-Geschichte – eine Ecke, die aus dem ohnehin schon beliebten Star der späteren Henkelpott-Gewinner eine lebende Legende machte, einen Heiligen, vor dem die Fans an der Anfield Road zu knien bereit waren.

Rund sechs Jahre später sieht die Welt anders aus.
Alexander-Arnold vor Real-Wechsel
Alexander-Arnold - der Junge aus West Derby, einem Vorort Liverpools, der seit 2015 fast alle Jugendabteilungen der Reds durchlaufen hat - steht vor dem Absprung, weg aus jener Stadt an der Mersey, weg aus jener Heimat, in der er unter Ex-Coach Jürgen Klopp zum Weltstar reifte.
Das Ziel? Kennt inzwischen jeder beziehungsweise gilt als offenes Geheimnis, das inzwischen sämtliche Transferexperten zu bestätigen bemüht sind.
Bei Real Madrid wäre Alexander-Arnold der insgesamt achte Engländer der Vereinsgeschichte, mit Jude Bellingham vielleicht das nächste ikonische England-Duo seit David Beckham und Michael Owen.
Klingt gut? Na ja, zumindest nicht für die Fans des FC Liverpool. Die sehen in Alexander-Arnolds drohendem Sommer-Abgang – zumal ablösefrei – nicht nur die Untreue eines jahrelang verehrten, sondern eines ernsthaften geliebten Spielers.
Liebesentzug der Liverpool-Fans
So kommen viele zu dem Schluss, dass es besser wäre, der Rechtsverteidiger, der aktuell ohnehin verletzt ist, spielte gar nicht mehr bis Sommer. Die fast einhellige Forderung bei X: Alexander-Arnold muss nach insgesamt 349 Pflichtspielen, 22 Toren und 87 Assists auf die Bank, womöglich sogar auf die Tribüne, für immer, also bis Abschluss seines Vertrags.
„Ich würde Trent für den Rest der Saison fallen lassen. Lasst ihn nicht am Ende der Saison teilhaben. Lasst ihn nicht goodbye sagen. Er soll nicht auf der Bank sitzen. Er soll nicht Teil der Meisterfeier sein. Er soll sich das Team von zu Hause anschauen“, schrieb LFC Transfer Room bei X – ein Account, der immerhin über 377.000 Follower hat.
Stattdessen solle nun Ersatzmann Conor Bradley – ebenfalls ein Juwel aus der Liverpooler Jugend – seine Chance bekommen, Alexander-Arnolds Rolle auf der rechten Seite auszufüllen.

Doch während es tatsächlich möglich ist, die Zukunft neu zu gestalten, gehen viele Fans der Reds noch einen Schritt weiter: Sie versuchen sich auch an einer Korrektur der Vergangenheit.
In den sozialen Medien geht derzeit ein retuschiertes Bild viral, in dem Alexander-Arnold bei der legendären Ecke von Bradley ersetzt wird – fast so, als hätte es diesen Jungen aus West Derby, diesen Heiligen von der Anfield Road, als hätte es ihn wirklich nie gegeben.
Als Damnatio memoriae kennt man das Phänomen, dass ungeliebte römische Kaiser der Vergangenheit nach ihrem Tod damit bestraft wurden, dass die Erinnerung an sie getilgt und ihre Bildnisse im Nachhinein umgestaltet wurden. Was mit Alexander-Arnold gerade passiert, erinnert daran.
So ist es mit enttäuschter Liebe und Bewunderung: Sie verkehrt sich oft ins Gegenteil.