Home>Radsport>Tour de France>

Der legendäre Tour-Sieger, der wie ein Schlot rauchte

{}
{ "placement": "banner", "placementId": "banner" }
{ "placeholderType": "BANNER" }

Der kettenrauchende Radsportheld

Gastone Nencini ist einer der wenigen Radstars, die sowohl Giro d‘Italia als auch Tour de France gewannen - und das, obwohl er rauchte wie ein Schlot. Vor 45 Jahren endete sein kurzes Leben.
Gastone Nencini bei seinem Tour-de-France-Sieg 1960
Gastone Nencini bei seinem Tour-de-France-Sieg 1960
© IMAGO/UIG
Johannes Fischer
Gastone Nencini ist einer der wenigen Radstars, die sowohl Giro d‘Italia als auch Tour de France gewannen - und das, obwohl er rauchte wie ein Schlot. Vor 45 Jahren endete sein kurzes Leben.

Den Namen Gastone Nencini kennen wohl die wenigsten deutschen Radsportfans, obwohl er bis zum heutigen Zeitpunkt eines der größten italienischen Sportidole geblieben ist.

{ "placeholderType": "MREC", "placement": "rectangle", "placementId": "rectangle" }

In den 1950er- und 60er Jahren gelangen Nencini insgesamt 24 Siege als Profi, er war einer der wenigen Fahrer, die sowohl Tour de France als auch Giro d‘Italia gewannen.

Dass Nencini dennoch im Schatten der italienischen Radsportlegenden Fausto Coppi, Gino Bartali oder Marco Pantani blieb, hatte auch mit seinem Charakter zu tun. Der introvertierte Champion mied die TV-Kameras wie der Teufel das Weihwasser, Dagegen - und das mag angesichts seiner Ausdauer erstaunen - sah man ihn vor und nach jedem Rennen mit einer Zigarette im Mund. Glaubt man den Berichten von damals, dann war er sogar Kettenraucher.

Nencini war ein kompletter Radsportler, ihm lagen Zeitfahren in der Ebene genauso wie steile Bergankünfte. Zudem war er ein großartiger Abfahrer, kaum einer stürzte sich die Hänge so verwegen hinab wie Nencini und holte dort entscheidende Sekunden heraus.

{ "placeholderType": "MREC", "placement": "rectangle", "placementId": "rectangle2" }

Nencinis Geschwindigkeitsrekord hält 26 Jahre lang

„Er war ein harter Kerl mit einem weichen Herzen, ein rücksichtsloser Abfahrtsfahrer, der an Wahnsinn grenzte“, schrieb der Autor Silvano Calzini. Ein Fahrer, der sich vor nichts fürchtete, mit einem Kampfgeist, der ihn Spitznamen „Löwe von Mugello“ einbrachte. Ein Toskaner durch und durch, aber seltsamerweise wortkarg und allergisch gegen Interviews, weshalb er auch „Mistero“ (Mysterium) genannt wurde.

Nencini sei ein Fahrer gewesen, „der in der Lage war, die taktischen Pläne seiner Gegner zu durchkreuzen und die Herzen der Fans mit seinem Erfindungsreichtum zu entflammen, indem er Vorhersagen über den Haufen warf und das Schicksal des Rennens umstürzte, selbst als es schon entschieden schien.“

Als damals 27-Jähriger gewann er den Giro d‘Italia 1957 mit einer Rekorddurchschnittsgeschwindigkeit (37,486 km/h), die sechsundzwanzig Jahre lang unübertroffen blieb. Bereits zwei Jahre zuvor war er drauf und dran gewesen, beim Giro zu triumphieren, wenn er nicht als Opfer eines Reifenschadens von Fiorenzo Magni und Fausto Coppi angegriffen worden wäre.

1960 triumphierte Nencini bei der Tour de France und kam damit dem großen Kunststück nahe, den Giro (bei dem er Zweiter wurde) und die Tour im selben Jahr zu gewinnen. Bei der „Grande Boucle“ trug der Italiener das Gelbe Trikot bis nach Paris, ohne einen Etappensieg zu erringen. Dabei zeigte er einmal mehr seine großen Qualitäten als Abfahrer, aber auch als Angreifer in den Bergen und bewies eine bemerkenswerte Fähigkeit, das Rennen und die Führung zu verwalten.

{ "placeholderType": "MREC", "placement": "rectangle", "placementId": "rectangle3" }

Nencini war der vierte von sieben italienischen Tour-Siegern nach Ottavio Bottecchia, Gino Bartali, Fausto Coppi und vor Felice Gimondi, Marco Pantani und Vincenzo Nibali.

Früher Tod nach schwerem Krebsleiden

Nach seinem Erfolg in Paris fuhr der Triumphator mit dem Zug zurück nach Florenz, wo tausende Fans, der Bürgermeister und eine Kapelle auf ihn warteten. Bevor er am Zielort einer langen Fahrt ankam, sei seine Partnerin Maria Pia eingestiegen, wie Silvano Calzini sichtlich amüsiert in einer Anekdote beschrieb.

Fausto Coppi bei der Tour de France 1952
Fausto Coppi bei der Tour de France 1952

„Die Frau, die ihren Mann seit über einem Monat nicht mehr gesehen hatte, hielt es für das Beste, sich nach Bologna fahren zu lassen, wo sie den Zug bestieg und sich in Gastones Abteil begab. Und so gaben sich die beiden während der Fahrt nach Florenz zwischen den Tunneln nach mehr als einem Monat der Enthaltsamkeit dem Feuer der Leidenschaft hin und die Funken flogen.“

{ "placeholderType": "MREC", "placement": "rectangle", "placementId": "rectangle4" }

Dabei hätten es die beiden Liebhaber „gerade noch rechtzeitig geschafft, sich anzuziehen und sich zu beruhigen, bevor sie am Bahnhof Santa Maria Novella ankamen. In diesem Moment verschwand Maria Pia und stieg aus einem anderen Wagen, während Gastone, ein wenig zerzaust, aber mit einem strahlenden Lächeln, vom tosenden Applaus der Florentiner begrüßt wurde.“

Weil es 1960 in Italien noch keine Scheidung gab und die beiden bereits verheiratet waren, hätte Not erfinderisch gemacht.

Das Leben meinte es dennoch nicht gut mit Gastone Nencini, der am 1. Februar 1980 - heute vor 45 Jahren - nach einem schweren Krebsleiden nicht einmal fünfzigjährig verstarb. „Er hat uns zu früh verlassen“, hieß es in einem Artikel, „plötzlich, zu schnell, als ob er einen Gegner bergab schlagen oder ein weiteres Rennen gewinnen müsste.“

{ "placeholderType": "MREC", "placement": "rectangle", "placementId": "rectangle5" }

Dass er nicht in Vergessenheit geriet, beweisen zwei Ehrungen posthum: Seit 2012 gibt es in der Toskana einen regionalen Fernsehsender, der den Namen Gastone Nencini trägt und sich mit dem Radsport befasst. Zudem wurde anlässlich seines 60. Jahrestages in Florenz 2020 ein Platz nach ihm benannt.