Das Drehbuch für das Märchen war geschrieben: Superstar Lewis Hamilton (40) wechselt nach zwölf Erfolgsjahren bei Mercedes zu Ferrari und führt das italienische Kult-Team nach 18 Jahren wieder zum Titel. Ganz Ferrari liegt ihm zu Füßen, Hamilton geht mit dann acht Fahrertiteln endgültig als größter Fahrer der Geschichte in die Annalen der Königsklasse ein.
Ferrari: Sind falsche Daten schuld?
Allein: Was wie ein Märchen geplant war, könnte schon nach dem ersten Rennen in Australien zum Drama des Scheiterns werden. Fest steht: Hamilton und Ferrari stehen schon nach seinem enttäuschenden zehnten Platz in Melbourne immens unter Druck und müssen bereits am Wochenende in China (Sprint-Qualifying am Freitag um 8.30 im SPORT1-Liveticker) liefern.

Fünf bis sechs Rennen Schonfrist gab Ex-Formel-1-Pilot Ralf Schumacher Hamilton, um bei Ferrari anzukommen. Ex-Haas-Teamchef Günther Steiner ist da schonungsloser. „Die Flitterwochen sind vorbei. Jetzt muss er Leistung bringen“, so der Südtiroler. Das nächste Rennen in China kann schon richtungsweisend sein.
Die Frage aber ist: Was lief für Ferrari schief in Down Under?
Sind falsche Daten bei Ferrari schuld?
Eine Theorie: Ferrari blieb weiter unter seinen Möglichkeiten und wählte - neben einer schlechten Rennstrategie - den falschen Weg in der Fahrzeugabstimmung. Das behauptet Motorsport.com Italien. Das Fachportal glaubt zu wissen, dass der Simulator in Maranello falsche Daten geliefert hat. Deshalb hätten die Techniker der Scuderia einen Heckflügel gewählt, der zu viel Abtrieb generiert hat.
Dazu kommt: Aus Angst vor zu großem Verschleiß der von der FIA kontrollierten Bodenplatten fuhr man mit zu viel Bodenfreiheit - auf Kosten der Aerodynamik.
Steiner hat noch eine andere These: Der Ferrari ist im Vergleich zu den Topteams wie McLaren schon in der Basis zu langsam. Die Techniker hätten zu lange Winterschlaf gehalten und das Auto nicht genügend verbessert.

Steiner: „Ich habe mit Teamchef Fred Vasseur gesprochen. Er ist ein bisschen enttäuscht über die Entwicklung über den Winter. Er hat sich auch gedacht, dass sie näher dran sind.“
Leclerc zeigt Hamilton Grenzen auf
Für Hamilton ist das aber nicht das einzige Problem. Zahlen belegen, dass er im Vergleich zu Teamkollege Charles Leclerc noch zu langsam ist. Im Durchschnitt, so stellte eine Analyse fest, fehlten dem Briten im längeren Stint am Anfang des Australien-GP auf Intermediate-Reifen 0,5 Sekunden auf den Monegassen.
Deshalb fiel es Leclerc auch nicht schwer, den siebenmaligen Weltmeister, der zwischenzeitlich vor seinem Teamkollegen lag, zu überholen - und so ein klares Zeichen in Sachen Hackordnung zu setzen.
In China steht Ferrari nun bereits unter Druck. Die permanente Rennstrecke ist ein besserer Gradmesser als der Stadtkurs in Melbourne, der schon unter trockenen Bedingungen kein zuverlässiger Kompass für die wahren Stärken und Schwächen eines Autos sind.
Die Frage, die Ferrari sich selbst und den ungeduldigen Tifosi aber vor allem beantworten muss: Haben die Techniker über Winter geschlafen und den Ferrari nicht schnell genug gemacht oder fiel man in Melbourne falschen Simulator-Daten zum Opfer?
Hamilton kann es egal sein. Sein Ziel muss es sein, Leclerc zu schlagen.