Am 16. Juli 1988 erblickte im katalanischen Sabadell, 20 Kilometer von der berühmten Barca-Schmiede La Masia entfernt, Sergio Busquets Burgos das Licht der Welt.
Der Letzte der Tiki-Taka-Generation
Die Kleinstadt vor den Toren von Barcelona ist unter anderem als „katalanisches Manchester“ über die Landesgrenzen hinaus bekannt und war mit seinen Textilfabriken Vorreiter der industriellen Revolution in Katalonien.
Dass aber einer der berühmtesten Söhne der Stadt später nicht etwa die Fäden in der Textilbranche ziehen würde, sondern im Mittelfeld beim großen FC Barcelona, konnte damals keiner ahnen.
Busquets schloss sich 2005 als 17-Jähriger der Nachwuchsakademie der Blaugrana an, gewann in zwei Jahren drei Titel und debütierte 2007 unter dem damals unbekannten Jugendcoach Pep Guardiola für die Zweitvertretung Barcas.
Ein Jahr später war der 20-Jährige aus der ersten Mannschaft des FC Barcelona nicht mehr wegzudenken, denn der ebenfalls beförderte Guardiola setzte voll auf seinen Schützling - der Beginn einer großen Liebe.
Guardiola schwärmt: „Wenn es brenzlig ist, wird er da sein“
In seiner Debütsaison 2008/09 stand Busquets trotz der starken Konkurrenz um Yaya Touré und Seydou Keita 43-mal auf dem Platz, erzielte drei Tore, bereitete einen weiteren vor, gekrönt mit dem Sextuple.
Doch der Wert des Sechsers war nicht etwa an diesen Statistiken zu bemessen, vielmehr hielt er seinen Vorderleuten Xavi, Andres Iniesta, Lionel Messi und Co. den Rücken frei, zog die Strippen im zentralen Mittelfeld.
Busquets‘ Stärken liegen unbestritten in der Übersicht, der Antizipation, seiner Gedankenschnelligkeit und der Gabe, eine Partie wie kaum ein anderer zu lesen. Wegen dieser Fähigkeiten ist sein Spiel auch durch Passsicherheit, Zweikampfstärke und Ballsicherheit geprägt.
Kein Wunder, dass Superstar Lionel Messi nicht viel Zeit brauchte, um sein riesiges Talent zu erkennen, wie Guardiola damals bei Universo Valdano erzählte: „Ich erinnere mich daran, was Messi mir gesagt hat“, sagte der Barca-Trainer 2008.
„Nach zwei oder drei Tagen Training mit ihm kam er zu mir und sagte: ‚Ich mag ihn‘. Und ich sagte: ‚Wenn es brenzlig ist, wird er da sein.‘“
Und Guardiola fügte hinzu: „Er macht alles für die Spieler um ihn herum.“ Und nicht nur in der Sextuple-Saison, sondern über ganze 18 (!) Jahre für den FC Barcelona.
Busquets - der beste defensive Mittelfeldspieler der Geschichte?
Auch wenn die folgenden Jahre der „MSN“-Sturm um Messi, Luis Suárez und Neymar die Schlagzeilen und das Geschehen auf dem grünen Rasen dominierte, war der heutige Barca-Kapitän einer der wichtigsten Spieler.
Der frühere spanische Nationaltrainer Vicente del Bosque, unter dem Busquets 2010 Weltmeister und 2012 Europameister wurde, brachte es mal treffend auf den Punkt: „Wenn man das Spiel sieht, sieht man nicht Busquets. Wenn man Busquets sieht, sieht man das ganze Spiel.“
Und selbst vom Erzrivalen Real Madrid gab es ein unerwartetes Lob: „Es gibt eine Reihe von Spielern, die mir gefallen, aber derjenige, den wir vielleicht brauchen, ist Busquets“, meinte Sergio Ramos einmal.
Dass die öffentliche Wahrnehmung bei Busquets extrem unterschiedlich ausfällt, liegt einerseits an seinen überschaubaren Werten - 18 Tore und 45 Vorlagen in 719 Pflichtspielen für Barca -, andererseits an seiner Unscheinbarkeit, denn der mittlerweile 34-Jährige war nie ein Lautsprecher, obgleich er mannschaftsintern früh zu den Anführern gehörte.
Was auch sein ehemaliger Mitspieler und heutiger Trainer nur bestätigen kann: „Ohne Busquets hätten Barcelona und Spanien nie erreicht, was wir erreicht haben“, erklärte einst Xavi.
Die essenzielle Stütze und das taktgebende Herz der Zentrale
„Busquets ist der beste zentrale defensive Mittelfeldspieler der Welt. Er ist taktisch sehr stark und wird für Barcelona in Zukunft noch wichtiger werden … Er ist sehr bescheiden und ruhig, aber er hat auch kein Problem damit, seine Meinung zu sagen, wenn er es für richtig hält. Wenn ich als Spieler wiedergeboren werden würde, wäre ich gerne wie er“, sagte Guardiola seinem damaligen Schützling früh eine große Karriere voraus.
Mit Recht! Unter seinem Förderer und Fürsprecher prägte Busquets an der Seite von Xavi und Iniesta den modernen Tiki-Taka-Stil, dominierte über drei Jahre den Welt-Fußball und gewann unter Guardiola 14 (!) Titel.
Dabei waren Busquets‘ Passfinten beispielhaft für seine ausgezeichnete Spielintelligenz und nur eine von zahlreichen Tricks, die sich im Repertoire des spielstarken Sechsers befanden. Für Guardiolas Spielstil war er der Prototyp eines defensiven Mittelfeldspielers und DIE essenzielle Stütze und das taktgebende Herz der Tiki-Taka-Zentrale.
So wurde der großgewachsene Katalane in Kürze zum Stamm- und Schlüsselspieler, was sich bis heute nicht geändert hat, obwohl Guardiola seit mehr als zwölf Jahren nicht mehr Trainer in Barcelona ist.
32. Titel für Busquets?
Mit der Blaugrana gewann Busquets in 18 Jahren insgesamt 31 Titel, darunter dreimal die Champions League sowie dreimal die FIFA-Klub-WM, wurde unter anderem achtmal spanischer Meister und siebenmal spanischer Pokalsieger.
Am 10. Mai 2023 verkündete die Barca-Legende nun ihren Abschied: „Hallo Culés, der Moment ist gekommen, um zu verkünden, dass dies meine letzte Saison bei Barca sein wird. Es war eine unvergessliche Reise.“
Und weiter: „Es war mir eine Ehre, ein Vergnügen, eine Quelle des Stolzes und bedeutete mir alles, dieses Logo zu verteidigen und zu repräsentieren für so viele Jahre. Aber alles hat einen Anfang und ein Ende. Obwohl es keine einfache Entscheidung war, denke ich, dass die Zeit gekommen ist.“
Wiedervereinigung mit Messi oder Trainerkarriere?
Am Saisonende wird sich der Kapitän aller Voraussicht nach mit seiner neunten spanischen Meisterschaft, mit seinem 32. Titel bei der Blaugrana, verabschieden. Fünf Spieltage vor Schluss liegt Barca in der Tabelle 13 Punkte vor Verfolger Atlético Madrid.
Wohin es Busquets ziehen wird, ist noch offen: Zum einen steht eine Wiedervereinigung mit Messi und Jordi Alba bei Al-Hilal in Saudi-Arabien im Raum, zum anderen ein Wechsel in die MLS.
Guardiola dagegen sieht in ihm bereits einen kommenden Trainer: „Ich bin davon überzeugt, dass Xavi, Busquets und Iniesta sein Erbe (von Johan Cruyff; Anm. d. Red.) fortführen werden. Ich habe ihnen das auch gesagt, sie haben das Zeug dazu, Trainer zu werden.“
Und Pep hatte schon einmal bei der Barca-Legende recht: Damals, als er den Strippenzieher aus Sabadell zum Weltstar machte.