Haydn Joseph Hollis. Ein wundervoller Name mit Anklängen an die musikalische Hochkultur. Und ein verkapptes Talent mit der typischen Statur eines kantigen Innenverteidigers.
Fünftliga-Kicker begeistert die Welt
In der dritten Runde des FA Cups weckte der 1,93-Meter-Abwehrhüne von Fünftligist Tamworth FC im Duell mit Premier-League-Topklub Tottenham Hotspur die in ihm schlummernden Talente eines Zinédine Zidane oder Diego Maradona.
Als letzter Mann trat Hollis mit der Sohle auf den Ball, vollführte eine 360-Grad-Pirouette und narrte damit seine Gegenspieler Timo Werner und Pape Sarr. Den Trick hatte einst Frankreichs Weltstar Zidane in seiner aktiven Zeit kultiviert. Hollis‘ Klub teilte Haydns virtuoses Kunststück mit einem Bild von Maradona. Der Clip seines Tricks wurde zu einem Hit.
Auch beim Gegner hinterließ Hollis einen bleibenden Eindruck. „Ihr Trainer hat mir gerade gesagt: ‚Das ist gut genug, um hier einen Fuß in die Tür zu bekommen‘“, berichtete „Amateur-Maradona“ Hollis hinterher von einem Gespräch mit Spurs-Trainer Ange Postecoglou.
Hollis überrascht sich selbst: „Noch nie vorher gemacht“
Dabei hatte sich Hollis mit seinem magischen Moment selbst überrascht. „Ich habe das noch nie vorher gemacht“, habe er zu Postecoglou gesagt. „Das ist nicht mein Spiel. Du wirst das von mir nie wieder sehen.“
Der Pokal hat auch in England seine eigenen Gesetze. Am Sonntag schrieb das Gastspiel der Spurs im The Lambs Ground in Tamworth, nordöstlich von Birmingham, viele besondere und kuriose Geschichten.
Schon vor dem Anpfiff gingen Videos des kleinen Stadions viral. Das 4.000 Zuschauer fassende Schmuckkästchen des englischen Non-League-Footballs wurde dabei mit einer Schuhschachtel verglichen.
Spieler flicken kaputtes Tornetz
Ein Loch im Tornetz verzögerte den Anpfiff. Tamworth-Spieler Jordan Cullinane-Liburd nahm seinen Teamkollegen Beck-Ray Enoru auf die Schulter und schon war das Problem gelöst, die Lücke zwischen Netz und Latte geschlossen.
Im Spiel bot der große Außenseiter mit seinen Teilzeitprofis, die ansonsten noch regulären Jobs nachgehen, mit einem leidenschaftlichen Auftritt lange Paroli.
Da war etwa Tommy Tonks, der hauptberuflich Essen ausfährt und mit seinen langen Einwürfen die Spurs immer wieder in Verlegenheit brachte. Oder Torhüter Jas Singh, der schon einen Tag vor dem großen Spiel allen Grund zur Freude hatte. „Ich bin erst gestern Vater geworden und es wird immer schöner für mich“, sagte Singh der BBC.
Hollis kratzt Werner-Kopfball von der Linie
Und natürlich Abwehrheld Hollis. Der Defensivmann glänzte nicht nur mit seinem Kabinettstückchen, sondern kratzte auch einen Kopfball von Werner von der Linie.
Der 32-Jährige hat schon einige unterklassige Teams wie Notts County oder die Forest Green Rovers in seiner Vita und spielte sogar mal in einem Testspiel gegen Galatasaray und Didier Drogba. Nun erlebte Hollis mit der Auszeichnung zum Spieler des Spiels ein unverhofftes Highlight seiner Karriere.
Die unwahrscheinliche Geschichte Haydn Joseph Hollis erregte via Social Media Aufmerksamkeit in der ganzen Fußball-Welt, sein Zidane-Trick verbreitete sich ebenso viral wie das Bild seiner Man-of-the-Match-Kür.
Tamworth wird „Opfer eines großen Betrugs“
Zur ganz großen Sensation reichte es schließlich nicht: In der Verlängerung leitete ein unglückliches Eigentor von Nathan Tshikuna die Niederlage ein. Dejan Kulusevski und Brennan Johnson sorgten letztlich doch noch für ein halbwegs standesgemäßes 3:0 für den Favoriten.
Bitter für den Außenseiter: Nach dem alten Modus hätte ein Remis nach 90 Minuten noch ein Wiederholungsspiel bei den Spurs bedeutet. Doch durch die Reform des FA Cups blieben Tamworth ein weiteres Highlight und weitere Einnahmen verwehrt. „Aber da die FA die Tradition aufgegeben hat, sind sie Opfer eines großen Betrugs geworden“, kommentierte die Daily Mail.
Dennoch fühlte sich der Underdog auch als Sieger. „Sie gehen alle morgen wieder zur Arbeit“, sagte Tamworth-Coach Andy Peaks, „aber sie können mit erhobenem Haupt gehen.“