Vier Monate lang musste die deutsche Nationalmannschaft die Füße still halten. Doch zum Auftakt des Länderspieljahres 2025 meldeten sich die Männer von Bundestrainer Julian Nagelsmann spektakulär zurück. Im Viertelfinale der Nations League schaltete die DFB-Elf Italien aus - zitterte dabei aber bis zum Schluss.
Die großen Verlierer im DFB-Team
Nach dem 2:1 im Hinspiel verspielte die deutsche Auswahl im zweiten Vergleich eine klare 3:0-Führung und kassierte in Dortmund ein spätes 3:3. So stand der Abend sinnbildlich dafür, dass vieles in die richtige Richtung läuft, aber längst noch nicht alles perfekt ist. Einige Spieler konnten die Spiele zur Eigenwerbung nutzen. Andere hingegen fahren weniger zufrieden nach Hause. SPORT1 nennt die größten Verlierer der Italien-Spiele.

Alexander Nübel
Marc-André ter Stegen noch verletzt, Manuel Neuer nicht mehr da: Kein Wunder also, dass sich Alexander Nübel für die Länderspiele im März deutlich mehr ausgerechnet hatte. Doch am Ende saß der Stuttgarter zweimal über die volle Distanz auf der Bank.
Das Duell um die vorübergehende Nummer eins im deutschen Tor hat er verloren. Entgegen der Meinung vieler Experten, darunter auch Lothar Matthäus, der sich für den 28-Jährigen eingesetzt hatte, entschied sich Nagelsmann für Oliver Baumann.
„Ich hatte zum zweiten Mal nach der EM keine gute Botschaft für ihn“, sagte Nagelsmann fast ein wenig mitleidig. Kurz vor der Heim-EM strich er Nübel aus dem Turnier-Kader.
In beiden Fällen sei es eine „Millimeter-Entscheidung“ zugunsten von Baumann gewesen, begründete der Bundestrainer: „Beide haben eine gute Saison gespielt“. Er sehe aber „einen Tick mehr Konstanz bei Oli“. Und der bewies in Mailand nun mal, dass Nagelsmann nicht falsch lag.

David Raum
Normalerweise liefern sich David Raum und Maximilian Mittelstädt auf der Position des Linksverteidigers ein Duell auf Augenhöhe. Der Leipziger konnte diesmal aber überhaupt keine Pluspunkte sammeln.
Im Hinspiel erwischte er einen rabenschwarzen Tag, sah vor dem Gegentor nicht gut aus und wurde folgerichtig schon zur Halbzeit ausgewechselt - sein vielleicht schlechtestes Länderspiel.
Anschließend spielte sich der für ihn ins Spiel gekommene Nico Schlotterbeck, ein gelernter Innenverteidiger, in den Fokus. Im Rückspiel wiederum setzte der Bundestrainer auf eine Dreierkette, auf der linken Schiene kam Mittelstädt zum Einsatz, der seine Aufgaben größtenteils ordentlich erledigte.
Raum hingegen sah 90 Minuten von draußen zu. Keine guten Aussichten für ihn. Hinzu kommt, dass es Robin Gosens einen weiteren formstarken Linksverteidiger gäbe, der gar nicht erst nominiert wurde, aber unbedingt zurückkehren will.
Robert Andrich
Etwas ins Hintertreffen geraten ist auch Robert Andrich. Der Leverkusener, der sich in der ersten Jahreshälfte 2024 als wahre Maschine im Mittelfeld etablierte und bei der Heim-EM im Sommer in der DFB-Startelf gesetzt war, muss nun mit ansehen, wie es in der internen Hackordnung Stück für Stück zurückgeht.
Als einziger der Sechser durfte er in beiden Begegnungen nicht von Beginn an ran und wurde lediglich mit zwei Kurzeinsätzen in den Schlussminuten vertröstet. Das dürfte sich der 30-Jährige anders vorgestellt haben.
Vor allem das furiose Comeback von Leon Goretzka erschwert seine Situation zunehmend. Und auch Angelo Stiller machte seine Sache im Rückspiel mehr als ordentlich. Inwieweit Aleksandar Pavlovic nach seiner Erkrankung noch in den Konkurrenzkampf eingreifen kann, bleibt abzuwarten.
Dass Andrich aber selbst im Verein nicht gesetzt ist, hilft ihm natürlich nicht, sich bei Nagelsmann wieder für längere Einsatzzeiten zu empfehlen. Nicht ausgeschlossen, dass es für ihn bald noch enger wird.
Deniz Undav
Im Herbst schwang sich Deniz Undav zu einem echten Herausforderer in der Sturmspitze auf, erzielte drei Tore in der Nations League, überzeugte als Persönlichkeit und wurde mit seiner frechen, unbekümmerten Art immer mehr zum „Thomas Müller 2.0″.
Nun steckt der 28-Jährige aber seit Wochen in einem Leistungstief. In Stuttgart verlor er nach teils unglücklichen, teils uninspirierten Auftritten seinen Stammplatz - und auch Nagelsmann setzte nicht mehr auf ihn.
Seine trostlose Bilanz: null Einsatzminuten in beiden Spielen gegen Italien. Besonders bitter ist das, weil mit Florian Wirtz, Kai Havertz und Niclas Füllkrug gleich drei Konkurrenten verletzt fehlten und im Rückspiel auch noch Jonathan Burkardt erkrankt war.
Auf dem Papier hätte es also durchaus Gründe gegeben, Undav mal reinzuwerfen. Nagelsmann, der bekanntermaßen auf formstarke Profis baut, tat ihm diesen Gefallen allerdings nicht.
So war der Stuttgarter diesmal nur als Gute-Laune-Minister an Bord - was auf Dauer problematisch werden könnte.
Niclas Füllkrug
Der letzte Verlierer stand gar nicht im Kader: Niclas Füllkrug. Bei den Fans ist er nach wie vor beliebt und im DFB-Team offensichtlich immer noch eine feste Größe. Nicht umsonst schaute der Stürmer am vergangenen Mittwoch als gern gesehener Zaungast beim Training der Nationalmannschaft vorbei.
Doch seine persönliche Situation ist besorgniserregend. Seit seinem Wechsel nach England zu West Ham United ist er beinahe dauerverletzt, sein letztes Länderspiel bestritt der 32-Jährige Anfang September.
Rein sportlich fällt sein Fehlen jedoch kaum noch ins Gewicht, weil Alternativen in großem Umfang vorhanden sind und Füllkrug sein Alleinstellungsmerkmal verloren hat - das des kopfballstarken Torjägers. Allen voran durch Tim Kleindienst (29), der ihm, wenn er in dieser Form bleibt, vorerst den Rang abgelaufen haben dürfte.
Und der Konkurrenzkampf wird nicht leichter. Auch Jonathan Burkardt (24) hat sich inzwischen beim Bundestrainer vorgestellt. Mit Nick Woltemade (23) lauert über kurz oder lang ein weiterer Angreifer, der gerade für Furore sorgt. Noch dazu sind alle Konkurrenten jünger als Füllkrug.