In der 56. Minute ging ein kurzes Raunen durch die Allianz Arena. Amine Adli schüttelte Niklas Süle im Eins-gegen-Eins ab, legte den Ball quer – und hatte Pech, dass der in den Strafraum vorgedrungene Florian Wirtz nur das Außennetz traf.
Süle-Nachfolger: Das ist Bayerns Problem
Es war die einzige Szene, in der Süle beim Heimspiel des FC Bayern gegen Bayer Leverkusen keine Stabilität ausstrahlte. Ansonsten zeigte der 26-Jährige einmal mehr eine abgezockte Defensivleistung, die er mit seinem Tor zur zwischenzeitlichen Bayern-Führung krönte. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der Bundesliga)
Dafür gab es Szenenapplaus und vereinzelte Süle-Rufe von den Rängen. Wer hätte das nach der erst vor kurzem bekannt gewordenen Einigung zwischen ihm und dem Bayern-Rivalen Borussia Dortmund gedacht?
Der Innenverteidiger selbst zumindest nicht! Er habe schon beim Duell mit Greuther Fürth am 20. Februar, wenige Tage nach der Bekanntgabe seines BVB-Wechsels, „mit ein paar Pfiffen“ gerechnet, verriet Süle am Samstag.
„Doch die Reaktion der Fans hat das nicht widergespiegelt!“ (News: Süle von Fan-Reaktionen überrascht)
Auf Süle bleibt Verlass
Er sei „sehr froh und dankbar“, wie die Bayern-Anhänger ihn nun unterstützen. Daher wolle er „bis zum letzten Tag“ beim Rekordmeister 100 Prozent geben – auch für seine Mitspieler, die er „über alles schätze und mag“. (DATEN: Die Tabelle der Bundesliga)
Einerseits eine gute Nachricht für die Münchner. Auf Süle ist und bleibt Verlass! Auch dank Julian Nagelsmann, der ihm öffentlich immer wieder Unterstützung zusagt. „Das gibt Süle Selbstbewusstsein“, sagte der frühere Bayern-Profi Stefan Effenberg am Sonntag im STAHLWERK Doppelpass auf SPORT1.
Ex-Nationalspielerin Inka Grings, die ihre Trainerausbildung einst mit Nagelsmann absolvierte, sprach von einem „großen Charakterzug“.
Andererseits wird der Süle-Abschied im Sommer durch dessen derzeitiges Formhoch noch einmal ein Stückchen bitterer – vor allem für Nagelsmann, der zwar auch durchaus auf Lucas Hernández und den perspektivisch als Innenverteidiger eingeplanten Benjamin Pavard zählen kann, in Neuzugang Dayot Upamecano aber noch keinen Stabilisator in seinen Reihen weiß und Talent Tanguy Nianzou bisher wenig zutraut.
Nagelsmann hofft auf Verstärkungen
Dass er mit Süle demnächst eine wichtige Konstante an die direkte Konkurrenz verliert, gefällt Nagelsmann nach SPORT1-Informationen überhaupt nicht. Ihm ist klar, dass vor allem die Zielsetzung auf internationaler Ebene nach unten geschraubt werden muss, wenn der Kader speziell im Defensivbereich nicht ausreichend verbessert wird.
Das betrifft nicht nur die Position des Innen-, sondern auch die des Rechtsverteidigers. Zumal im defensiven Mittelfeld ebenfalls eine Lücke zu entstehen droht, sollte der zu erwartende Abgang von Corentin Tolisso Wirklichkeit werden. Umso ärgerlicher aus Bayern-Sicht, dass der Franzose wie Süle ablösefrei gehen würde.
Das Problem des Rekordmeisters in puncto Transfers bleibt nämlich weiterhin der limitierte finanzielle Spielraum – auch bedingt durch die in den vergangenen Jahren immer mehr gestiegenen Gehälter beim Großteil des Stammpersonals.
Mit Manuel Neuer, Lucas Hernández, Joshua Kimmich, Leon Goretzka, Leroy Sané, Kingsley Coman, Thomas Müller und Robert Lewandowski verdienen allein acht Akteure 15 Millionen Euro aufwärts. Aufs Jahr hochgerechnet sind das schon mehr als 120 Millionen Euro an Personalkosten. Und mit den genannten Profis ist nicht mal die Hälfte des Kaders abgedeckt!
Kreative statt kostspielige Lösungen
Auch deshalb ist bei der Süle-Nachfolge gar nicht erst an Spieler mit hohen Gehaltsforderungen wie Antonio Rüdiger oder Spieler mit zusätzlich hohen Ablösesummen wie Matthijs de Ligt zu denken.
Und weil selbst der gehaltstechnisch etwas günstigere Andreas Christensen Stand jetzt zum verschuldeten, aber weiterhin als „Big Player“ auf dem Transfermarkt agierenden FC Barcelona tendiert, müssen sich die Bayern mit kreativen Lösungen beschäftigen. Gleison Bremer vom FC Turin könnte – wie berichtet – eine solche darstellen.
Der Brasilianer würde zwar etwas mehr als 20 Millionen Euro Ablöse kosten, jedoch bei weitem nicht in die Riege der Top-Verdiener aufsteigen. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Bundesliga)
Matthias Ginter ist ebenfalls ein Thema an der Säbener Straße – auch wenn nach SPORT1-Informationen sportlich nicht alle Entscheider restlos überzeugt von ihm sind. Der Noch-Gladbacher wäre aber nicht nur ablösefrei zu haben, sondern würde sich auch mit einem moderaten Gehalt von bis zu fünf Millionen Euro brutto pro Jahr zufriedengeben.
Der Süle-Abgang könnte den Bayern mehr wehtun als zunächst angenommen ...