Allen bisherigen Weggefährten von Paul Wanner muss es zu Beginn der Woche ähnlich ergangen sein wie Ferdinand Mähr.
Kuriose Story um Wanners Wechsel
„Als ich am Dienstagmorgen die Zeitung aufschlug und von Pauls Vertragsunterschrift beim FC Bayern las, bekam ich Gänsehaut“, sagt Mähr im Gespräch mit SPORT1. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Bundesliga)
Wanner überzeugte schon früh seine Förderer
Mähr war Wanners Sportlehrer in der Grundschule in Amtzell, einer kleinen Gemeinde im Allgäu. Vier Jahre lang begleitete er ihn. Und staunte schon in der ersten Unterrichtsstunde nicht schlecht, als dieser sich einen Ball schnappte und losdribbelte.
„Ich habe selbst viele Jahre in Ulm gespielt, auch meine Söhne haben höherklassig gespielt. Ich habe also ein bisschen Ahnung von Fußball“, sagt Mähr lachend. „Bei Paul habe ich damals sofort gesagt: Das ist eine andere Hausnummer! Er war schon damals sehr schnell und leichtfüßig.“
Wanners Klasse nahm an verschiedenen Schulturnieren teil. Im vierten und letzten Grundschuljahr triumphierte sie beim bekannten Drei-Löwen-Cup – angeführt von dem heute 16 Jahre alten Top-Talent des FCB. Für Mähr bestand spätestens zu diesem Zeitpunkt kein Zweifel mehr daran, dass Wanner das Zeug zum Profi hat.
„Ich habe meinen Kolleginnen und Kollegen in der Lehrerkonferenz gesagt: Wenn ihr mal einen zukünftigen National- und Bundesliga-Spieler sehen wollt, müsst ihr zu mir in den Sportunterricht kommen“, sagt Mähr. Wanner sei auch in anderen Sportarten wie Tennis oder Leichtathletik talentiert gewesen. „Ein Multi-Talent“, erzählt der mittlerweile im Ruhestand weilende Pädagoge.
Lehrer preist Wanner bei Hoeneß an
Doch er sah in ihm eindeutig einen Fußballer. Deshalb kam er spontan auf die Idee, mit Uli Hoeneß in Kontakt zu treten, um seinen besten Schüler beim Rekordmeister anzupreisen. Er schrieb dem heutigen Ehrenpräsidenten des FC Bayern, der wie er einst in Ulm spielte, eine E-Mail. „Ich dachte mir: Warum nicht? Uli Hoeneß legt Wert auf den Nachwuchs. Und Paul hatte das gewisse Etwas, zumal schon andere Vereine wie der VfB Stuttgart an ihm dran waren“, sagt Mähr und ergänzt lachend: „Ich habe Herrn Hoeneß Paul damals als späteren Nachfolger für Arjen Robben vorgeschlagen.“
Das Problem: „Ich habe die Mail zu der Zeit geschrieben, in der Herr Hoeneß kurz vor seinem Haftantritt war. Ich weiß also nicht, ob er meine Mail gelesen hat.“ Doch immerhin antwortete ihm die Geschäftsstelle des Rekordmeisters und lud den damals noch beim FV Ravensburg spielenden Wanner zu einem öffentlichen Probetraining ein.
Diese Antwort reichte dem Sportlehrer aber nicht. „Ich habe noch einmal klar gemacht, dass es sich bei Paul um ein außergewöhnliches Talent handele, er schon viel weiter in seiner Entwicklung sei und der FC Bayern sich ranhalten müsse, denn sonst würde er in Stuttgart, Dortmund, Salzburg oder sonst wo landen.“
Wanner will sein Abitur machen
Danach antworteten die Münchner nicht mehr. Doch 2018 wurde Mährs Wunsch wahr: Wanner bekam im Alter von zwölf Jahren einen Platz im FCB-Internat. Zuvor hatte er unter anderem dem VfB eine Absage erteilt. „Ich maße mir auf keinen Fall an, dass ich mit diesen zwei E-Mails Paul die Tür nach München geöffnet habe“, sagt er. „Aber es hat mich natürlich sehr gefreut, als mir sein Vater diese Nachricht übermittelt hat.“
Vier Jahre später darf sich Wanner als fester Bestandteil der FCB-Profis bezeichnen. Trainer Julian Nagelsmann setzte ihn bereits in drei Bundesliga-Spielen ein. „Ich bin sehr stolz auf Paul. Er ist ein guter Junge aus einem guten Elternhaus. Er hat einen klaren Kopf, das hat maßgeblich zu seiner Entwicklung beigetragen“, sagt Mähr, der aber selbst überrascht war, als Nagelsmann seinen alten Schüler einsetzte: „Ich habe größten Respekt vor ihm, dass er einem so jungen Spieler die Chance gibt, seinen Träumen nachzujagen. Das ist eine schöne Geschichte – für Paul, für den FC Bayern.“ (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der Bundesliga)
Neben dem Fußballspielen will Wanner noch sein Abitur machen. Derzeit geht er in die 10. Klasse. Der Verein hat eine vernünftige Lösung gefunden, damit er morgens trotzdem zum Training an die Säbener Straße kann. Mähr ist sich sicher, dass sein alter Schüler auch abseits des Rasens fleißig bleibt: „Im Lehrerzimmer haben früher immer alle gesagt, dass Paul eh alles mit links macht – wie auch auf dem Platz.“