Der Wechsel von Oscar dos Santos Emboaba Júnior zum FC Sao Paulo bewegt die Welt des Fußballs nicht groß.
Der Letzte seiner Art
Die ablösefreie Rückkehr eines einstigen Toptalents nach Brasilien taugt nicht mehr für globale Schlagzeilen. Und doch markiert der Transfer das Ende einer erstaunlichen Ära.
Denn Oscar, wie der 33-Jährige einfach nur genannt wird, kommt aus China zurück in die alte Heimat. Als letzter großer Name, der einst den Weg ins Reich der Mitte einschlug. Als letzter internationaler Star, der dem Ruf des Geldes folgte. Als letzter Spieler, der den Aufstieg und den Zerfall eines erstaunlichen Booms mitprägte.
Die China-Gefahr: Von Drogba bis Sandro Wagner
60 Millionen Euro zahlte Shanghai Port FC im Dezember 2016 an den FC Chelsea, um den hoch veranlagten Oscar nach China zu holen.
Damals war das gigantische Land für den Fußball das, was Saudi-Arabien heute ist: Ein sportlich (mit europäischen Augen betrachtet) weitgehend unbedeutender Markt, auf dem diverse Klubs allerdings scheinbar wahllos mit Geld um sich warfen.
Es ging los mit Didier Drogba, es kamen Spieler wie Lucas Barrios, Demba Ba, Axel Witsel, Hulk, Anthony Modeste und Sandro Wagner. Fernab von ihren sportlichen Wurzeln verdienten sie teilweise Summen, die mit den in Europa gezahlten Gehältern nichts mehr zu tun hatten.
China wurde als ernsthafte Bedrohung für den europäischen Transfermarkt gesehen, die scheinbar endlosen Ressourcen machten so manchem Klub-Manager Sorgen. Der damalige Chelsea-Trainer Antonio Conte sagte: „Der chinesische Markt ist eine Gefahr für alle. Nicht nur für Chelsea, sondern für alle Teams der Welt.“
Nur Oscar übersteht die Fußball-Implosion
Die Blase ist schon vor Jahren geplatzt. Viele Teams sahen sich in der jüngeren Vergangenheit mit existenzbedrohenden finanziellen Schwierigkeiten konfrontiert.
Grund: Chinas Regierung verband die Verpflichtung ausländischer Stars mit teuren Steuern für die Klubs, um die eigenen Talente zu schützen. Plötzlich war die Liga finanziell deutlich unattraktiver - und die Pandemie gab ihr den Rest. Schwerreiche Investoren und Eigner zogen sich zurück.
Klubs wie Jiangsu FC wurden aufgelöst, Guangzhou FC findet sich in der zweiten Liga wieder. Der Mutter-Konzern steht mit rund 290 Milliarden Euro in den Miesen.
Nur einer überstand die Implosion des chinesischen Fußball-Booms. Oscar blieb acht Jahre lang bei seinem Klub in Shanghai. Ja, er soll bis zuletzt zwei Millionen Euro im Monat verdient haben. Und doch ist er mehr als nur ein Symbolbild für den gierigen Fußballer, zu dem er so häufig gemacht wurde.
Ein tragisches Tor und eine bittere Erkenntnis
Drei Meisterschaften holte er in der Chinese Super League, mit einem letzten Meistertitel verabschiedete er sich vor kurzem auch von seiner langjährigen Wahlheimat. Mit Tränen in den Augen trat er ab, die Fans flehten ihn um einen Verbleib an.
„Ich gehe mit einem Herzen voller Dankbarkeit und Stolz für alles, was wir gemeinsam erreicht haben. Dieser Verein wird immer mein Zuhause sein, und diese Fangemeinde meine Familie“, schrieb Oscar.
Er hat das Leben in Shanghai, einer Metropole mit 25 Millionen Menschen, genossen. Fernab der großen europäischen Bühne, fernab auch der Nationalmannschaft. Oscar hatte 48 Spiele für die Selecao absolviert, bevor er nach China ging. Weitere Einsätze sind nicht dazugekommen.
„Ich brauchte eine Weile, um das zu akzeptieren. Immer wenn ich es nicht in den Kader schaffte, schaute ich mir die Liste der einberufenen Spieler an. Ich wusste, dass ich besser war als einige von ihnen“, sagte Oscar, der beim 1:7 gegen Deutschland im WM-Halbfinale 2014 sein wohl berühmtestes Tor schoss, vor einigen Jahren.
Er beklagte „ein großes Vorurteil gegenüber Spielern, die in China spielen. Die Leute schauen auf die Spieler herab, nur weil sie hier sind.“
Zu einem Abschied bewegte ihn das nie. Während alle anderen großen Namen früher oder später nach Europa zurückkehrten, blieb der Offensivspieler. In 284 Spielen in China gelangen ihm beachtliche 77 Tore und 141 Assists.
Zu Beginn des Jahres ist der beschlossene Wechsel nach Sao Paulo über die Bühne gegangen. Es wird das Ende einer Ära sein. Oscar geht als der letzte seiner Art.