Angekommen sind die deutschen Handballer - und auch gesund: Am Dienstag ist das deutsche Team in Kairo gelandet, der Countdown zur am Mittwoch beginnenden Handball-Weltmeisterschaft in Ägypten tickt allmählich herunter, die heiße Phase beginnt. (Spielplan der Handball-WM 2021)
Corona-Chaos: Folgen fürs DHB-Team
Abgeschottet begab sich die DHB-Team Delegation nach Gizeh, bezog Quartier in einem Fünf-Sterne-Hotel unweit der berühmten Pyramiden. Das Weltwunder werden die Spieler kaum zu Gesicht bekommen, vorerst werden sie ihr Hotel nur zum Trainieren und für die drei Vorrundenspiele verlassen.
Dass im Hotel nun etwas mehr Platz sein wird, weil die USA ihre gebuchten Zimmer an gleicher Stelle nicht mehr beziehen werden, bereitet indes wenig Freude. Ganz im Gegenteil: Schon vor dem Turnier-Start herrscht Corona-Chaos am Nil.
Mit Tschechien und den Amerikanern haben nach etlichen positiven Befunden gleich zwei Nationen ihre WM-Teilnahme abgesagt und damit die Befürchtungen der Kritiker bestätigt.
Mehr noch: Betroffen sein könnte bald schon auch der deutsche Vorrundengegner Kap Verde, der laut Medienberichten von sieben Coronafällen gebeutelt ist. Und auch Brasilien ist von sieben Coronafällen betroffen. Droht am Ende auch Deutschland Ungemach? SPORT1 beantwortet die wichtigsten Fragen zur Corona-Farce.
Wie hart hat es die Tschechen erwischt?
Bei den Tschechen sind insgesamt 17 Personen aus dem Betreuerstab und Team vom Coronavirus betroffen.
"Sie sind nicht in der Lage, nach Ägypten zu reisen", hieß es am Dienstag auf einer Pressekonferenz des Verbandes. "Wir haben kein Licht am Ende des Tunnels gesehen", sagte Verbandschef Jaroslav Chvalny.
Cheftrainer Jan Filip meinte nach der Entscheidung: "Es schmerzt sehr, wir haben uns so darauf gefreut."
Wie steckte sich das US-Team an?
US-Nationaltrainer Robert Hedin bestätigte der norwegischen Zeitung Aftenposten, dass in seiner Mannschaft 18 Spieler an COVID-19 erkrankt seien. Auch er selbst habe sich angesteckt. "Das ist unglaublich heftig", sagte der Coach, der die Reise Stunden vor der unheilvollen Gewissheit noch hatte antreten wollen.
"Wir schicken am Mittwoch zwölf Spieler nach Ägypten, aber wir haben keine Abwehr", hatte Hedin erklärt - und ergänzt: "Aber wir haben einen Torhüter."
Wie es zu den Infektionen kam, konnte Hedin nicht klar beantworten. "Wir wurden die ganze Zeit getestet. Am Montag haben wir noch einen Schnelltest absolviert, der war negativ", berichtete der Schwede. Es gebe die Vermutung, dass ein aus den USA angereister Spieler das Virus mitgebracht habe.
Das US-Team hatte am Freitag ein Testspiel gegen den dänischen Klub Ribe-Esbjerg HH bestritten. Ein Spieler des Gegners wurde nun ebenfalls positiv getestet.
Mit zum vor dem Ausbruch nominierten Team zählten auch sieben in Deutschland aktive Spieler, allerdings steht keiner von ihnen bei einem Erstligisten unter Vertrag.
Wer sind die WM-Nachrücker?
Anstelle der Amerikaner, für die es die erste WM-Teilnahme seit 20 Jahren gewesen wäre, spielt nun die Schweiz in der schweren Gruppe E gegen Österreich sowie Mitfavorit Norwegen und Rekord-Titelträger Frankreich.
Bemerkenswert: Für die Eidgenossen ist es die erste Rückkehr auf das WM-Parkett seit nunmehr 26 Jahren.
Für Tschechien springt Nordmazedonien in die Bresche. Die Mannschaft trifft damit in der Gruppe D am Donnerstag auf Schweden, weitere Gegner sind Gastgeber Ägypten und Chile.
Was ist mit Deutschlands Gegner Kap Verde?
Der Außenseiter, der offenbar sieben Positivfälle beklagt, bereitet sich in Portugal auf das Turnier vor.
Sollte der Debütant ebenfalls nicht teilnehmen können, würde die deutsche Mannschaft gegen Nachrücker Niederlande spielen. (Kader des DHB-Teams bei der Handball-WM 2021)
Auch wenn in der Auswahl des Deutschen Handballbundes um Bundestrainer Alfred Gislason nach der gerade erst vollzogenen EM-Qualifikation zuletzt gute Stimmung herrschte: Die neuerliche Entwicklung stimmt nachdenklich.
"Die ganz große Frage, die man sich stellen muss, ist, ob in Kairo überhaupt diese Blase gebildet werden kann", sagte Ex-Nationalspieler Christian Schwarzer am Dienstagabend SPORT1. "Die Mannschaften kriegen das hin, aber bekommt man alles andere in die Blase involviert? Die NBA hat es vorgemacht. Dort wurde aber in Disney World gespielt."
Schwarzer fügte an: "Sollten Coronafälle während des Turnieres auftreten, weiß ich nicht ob, und wie man das Turnier beenden könnte." Dass sich die Fälle schon vor dem WM-Start massiv häufen, macht die Sache folglich umso schwieriger.
Wie geht es dem DHB-Team?
Bislang war die Anreise problemlos. Nach der Ankunft auf dem Flughafen Kairo International wurden noch im Bus auf dem Rollfeld bei allen Reisenden PCR-Tests durchgeführt, danach begaben sich alle erst einmal in Isolation.
Bisher sind sämtliche Corona-Tests der deutschen Delegation negativ ausgefallen, hieß es. Erwähnenswert: Mit Uruguay, Kap Verde und Ungarn sowie den Teams aus Gruppe E (Norwegen, Frankreich, Österreich, USA) teilen sich die Deutschen eines der vier WM-Hotels, wohnen im Marriott Mena House in Gizeh.
Jetzt die Spielewelt von SPORT1 entdecken - hier entlang!
Das Corona-Thema ist auch im deutschen Lager hochsensibel: Die drei deutschen Champions-League-Helden Patrick Wiencek, Hendrik Pekeler und Steffen Weinhold hatten aus privaten Gründen und der Sorge vor einer Infektion auf ihre Turnierteilnahme verzichtet - und waren dafür von Keeper Andreas Wolff kritisiert worden.
Das wiederum hatte Wolff anschließend einen Rüffel von Gislason eingehandelt - und hinsichtlich seiner Aussagen zurückrudern lassen.
Wie schnell es gehen kann mit einer Infektion, hatte die deutsche Riege bereits am eigenen Leib erfahren, als es im November unmittelbar nach der EM-Qualifikation in Estland gleich mehrere Spieler erwischt hatte.
Wie wird getestet, was passiert mit den Infizierten?
Klar ist nach den jüngsten Entwicklungen: Der Eintritt in die Turnierblase wird für die betroffenen Nationen eine Herausforderung.
Nach ihrer Ankunft in Ägypten werden alle Nationen laut Protokoll auf das Coronavirus getestet. Anschließend begeben sie sich bis Bekanntwerden des Testergebnisses in Isolation. Wer einen negativen Befund vorweisen kann, zählt zur Bubble.
Die ägyptischen Labore arbeiten schnell - Testergebnisse liegen binnen drei Stunden vor. Getestet wird im 48-Stunden-Rhythmus, infizierte Spieler sollen offenbar ausgeflogen werden.
Wie die Bild berichtet, schloss der deutsche Verband hierzu auch mit einem Unternehmen eine Vereinbarung über mögliche Rücktransporte (bis zu 40 000 Euro pro Flug) ab.
Was bedeutet die Situation für Turnierverlauf und Spielplan?
Eine Änderung des Spielplans scheint spätestens seit Dienstag nicht mehr ausgeschlossen.
Muss ein Team coronabedingt sein erstes Spiel absagen, würde dieses mit 0:10 Toren und 0:2 Punkten als verloren gewertet; verpasst die Mannschaft auch das zweite Spiel, würde sie vom Turnier ausgeschlossen.
Ohnehin stellen sich nicht wenige Beobachter die Frage: Wie seriös kann eine WM überhaupt noch starten, wenn in jeder zweiten Vorrundengruppe ein Team dezimiert am Spielort ankommt?
-----
Mit Sport-Informations-Dienst (SID)