Liebe Fußball-Freunde,
Effenberg: "Finde ich grenzwertig"
Bundestrainer Joachim Löw hat alles richtig gemacht beim EM-Sieg der deutschen Nationalmannschaft gegen Portugal. Er hat seinen Jungs vertraut und das hat sich ausgezahlt. Nach dem Rückstand so stark zurückzukommen, das war wirklich Deutschland-like. (BERICHT: Presse huldigt DFB-Team und Gosens)
Was sich taktisch dabei ausgezahlt hat: Löw hat Robin Gosens und Joshua Kimmich extrem hoch anschieben lassen - das musst du erst mal verteidigen als Gegner, vor allem wenn du dann noch Serge Gnabry und Thomas Müller im Zentrum hast und einen Kai Havertz.
Auch die Abwehr mit Matthias Ginter, Mats Hummels und Antonio Rüdiger war für mich überragend in ihrer Spieleröffnung. (Einzelkritik der DFB-Stars)
Überhaupt Gosens: Wir können froh sein, dass wir wieder so einen haben. Der bringt Dynamik und Tempo rein, ist frech vor der Kamera. Gosens ist authentisch und traut sich was, ich mag solche Typen. Daran können wir uns auf jeden Fall hochziehen. Da sagt jeder Fan zu Hause: "Der ist ja so wie ich!"
Effenberg: Dafür ist Müller unfassbar wertvoll
Und dazu haben wir auch noch Thomas Müller: Der ist so eine Art Rumtreiber, den kriegst du nicht zu fassen, der ist überall und er coacht die Jungs - dafür ist er unfassbar wertvoll. Müller ist ein Instinktfußballer, er reißt die Lücken für andere, das macht er beim FC Bayern wie nun auch bei der Nationalmannschaft.
Wir haben das Weiterkommen gegen die Ungarn nun selbst in der Hand, auch wenn die extrem schwer zu spielen sind. Die werden nach dem Frankreich-Spiel (1:1) alles rausknallen, jeden Zweikampf annehmen und richtig fies sein. (SERVICE: Der Spielplan der EM)
Was wir jedoch wieder brauchen, das ist ein klassischer Mittelstürmer. Wenn ich zurückschaue auf Rudi Völler, Jürgen Klinsmann, Ulf Kirsten, Oliver Bierhoff oder Miro Klose früher, davor auch noch Gerd Müller oder Klaus Fischer: Wir haben dann für den Nachwuchs plötzlich angefangen, die Position zu umschreiben mit einer falschen Neun, haben den Stoßstürmer abgeschafft.
Effenberg sieht deutsches Mittelstürmer-Problem
Ich bin der Meinung mit Blick auf Romelu Lukaku bei Belgien, Englands Harry Kane, Ciro Immobile oder Olivier Giroud bei anderen Nationen, die um den Titel mitspielen: So ein Spielertyp fehlt uns. Das können wir für diese EM auch nicht mehr ändern, aber vielleicht für die Zukunft.
Und wir sehen doch, wenn wir das Mittelstürmer-Thema auf die Bundesliga herunterbrechen, dass es da geht: Robert Lewandowski bei Bayern, Erling Haaland in Dortmund, Wout Weghorst in Wolfsburg - solche Leute auszubilden, da müssen wir wieder hinkommen, das ist dringend nötig. Miro Klose war der Letzte dieser Art.
Wer also holt den Titel, wer ist nun in der Favoritenrolle? Die Italiener spielen heute so wie die Franzosen noch vor zwei Jahren. Die machen das Tor, wollen dann aber auch gleich nachlegen. (NEWS: Alles zur EM)
Was man dabei nicht ganz vergessen darf: Italien war 2018 bei der WM nicht dabei, das kratzt schon an der Ehre. Umso mehr sind sie nun hochmotiviert. Was dazukommt: Sie haben jetzt seit 30 Spielen nicht verloren, das ist schon eine Marke - auch das hast du dann im Kopf.
Die Niederlande sind für mich Mitfavorit, aber kein Topfavorit. Sie haben sich da so reingesteigert und sind gefährlich, mehr aber nicht. (EM: Alle Tabellen der EM 2021)
Spanien: Unverständnis über Ramos-Entscheidung
Spanien wiederum fehlen bei dieser EM schlichtweg die Spielerpersönlichkeiten wie ein Sergio Ramos, der den ganzen Laden im Griff hatte. Und wenn du dann auch keinen von Real Madrid nominierst, dann hast du schon vor dem Turnier ein Problem. Das geht doch überhaupt nicht, das finde ich schon grenzwertig.
Hier können Sie sich den PDF-Spielplan der Fußball-EM 2021 herunterladen und im Anschluss ausdrucken
Das wäre doch genauso, als nähmst du keinen von Borussia Dortmund mit.
Apropos berücksichtigen - unverständlich ist mir auch die bisherige Ausbootung von BVB-Star Jadon Sancho bei England: Sancho ist doch zum Ende der Saison wieder richtig gut in Fahrt gekommen, er hat das Pokalfinale gewonnen, seine Formkurve war stark ansteigend. Das kann doch in England nicht verborgen geblieben sein. Es kann doch nicht sein, dass Sancho wegen möglicherweise laufender Vertragsverhandlungen außen vor bleibt.
Euer
Stefan Effenberg
Stefan Effenberg hat 2001 mit dem FC Bayern die Champions League gewonnen. Mit den Bayern und Borussia Mönchengladbach wurde er zudem mehrmals Deutscher Meister und Pokalsieger. Seit Sommer 2018 bildet der 52-Jährige mit Marcel Reif und Mario Basler das feste Experten-Team des CHECK24 Doppelpass.