Erik Lesser stand freudestrahlend in der Königsloge am legendären Holmenkollen und plauderte entspannt mit Harald V.
Huldigungen nach Lessers Sensation
Die kurze Audienz bei der norwegischen Majestät inklusive Selfie war der emotionale Höhepunkt eines aufwühlenden Abschieds-Wochenendes, das sich kein Hollywood-Regisseur schöner hätte ausdenken können.
Begleitet von den Glückwünschen seiner begeisterten Kollegen und vor den Augen seiner stolzen Lebensgefährtin Nadine und Töchterchen Anouk beendete der 33-Jährige nach zwölf Jahren im Weltcup seine erfolgreiche Karriere - und das auch noch mit einem sensationellen Sieg im Verfolger über 12,5 km.
Selbst König Harald habe ihm gratuliert „und mir gesagt, dass er ein großer Fan von mir ist“, sagte Lesser mit einem Schmunzeln. Es sei eine „große Ehre“ und überhaupt ein Tag gewesen, „an dem es einfach läuft. Es hat alles perfekt funktioniert.“ Er könne das „noch gar nicht so einordnen“.
Norwegischer Rivale auf den Knien, Rösch flippt am TV-Mikro aus
Dafür hat Lesser ab Montag genügend Zeit. Doch erst einmal kann er in Oslo - wo heute noch der Massenstart ansteht - seine letzten Stunden im Biathlon-Tross und auch die Huldigungen der langjährigen Rivalen in vollen Zügen genießen. „Erik ist echt ein Phänomen, wie er zum Schluss ein gutes Rennen nach dem anderen macht. Das ist schon cool“, lobte Benedikt Doll.
Der Norweger Vetle Sjastad Christiansen ging bei der Siegerehrung sogar auf die Knie. Lesser sei „der neue Verfolger-König“. Bernd Eisenbichler, der sportliche Leiter des DSV, würdigte ein „perfektes Rennen. Das war fantastisch und freut mich extrem, dass er so einen Abschluss findet.“
Auch Weggefährte Michael Rösch begleitete Lessers Coup war am Mikrofon von Eurosport die Freude anzuhören: „Ja! Yes! Ich brech ab“, schrie er, als Lesser beim letzten Schießen den Sieg anbahnte.
Lesser will trotzdem aufhören
Dank komplett fehlerfreier Schießleistung ließ Lesser Gesamtweltcupsieger Quentin Fillon Maillet und Sturla Holm Lägreid knapp hinter sich. „Das war natürlich eine volle Enttäuschung, dass ich nicht mit mehr Vorsprung gewonnen habe“, witzelte der Biathlet aus Oberhof nach seinem dritten Weltcupsieg überhaupt.
Zuletzt hatte der Verfolgungs-Weltmeister von 2015 vor sechs Jahren am 16. Januar 2016 den Massenstart von Ruhpolding gewonnen. Und jetzt der Überraschungscoup von Oslo, der sich nach dem Olympia-Frust schon angedeutet hatte. Seit der Ankündigung seines Karriereendes holte Lesser beständig Spitzenplätze, lief zuvor viermal in Folge in die Top 7. An seinem Entschluss änderte dies aber nichts mehr.
Nach drei Medaillen bei Olympia, zwei WM-Titeln in Verfolgung und Staffel, sieben WM-Medaillen und sechs Weltcupsiegen, davon drei in Einzelrennen, hat der streitbare und meinungsstarke Thüringer genug vom Leistungssport, von „der Schinderei“. Seine Motivation werde „immer spärlicher“, sagte er zuletzt. Der Sportsoldat will vor allem mehr Zeit mit der Familie haben, dem Biathlon aber erhalten bleiben: „Ich will Trainer werden.“