Der Dienstagabend wird in die deutschen Sport-Geschichtsbücher eingehen: Es war der letzte internationale Auftritt der lebenden Tischtennis-Legende Timo Boll! Zu Tränen gerührt stand Boll nach der Niederlage gegen Schweden noch minutenlang nach der Niederlage in der Halle, verbeugte sich vor dem ihm huldigenden Publikum.
Tränen-Abschied von deutscher Legende
Im olympischen Viertelfinale der Herren-Mannschaft hatte Deutschland gegen Schweden verloren. Im abschließenden Einzel musste sich Boll mit 1:3-Sätzen gegen Anton Källberg geschlagen geben - und zeigte sich anschließend zutiefst gerührt.
Am ARD-Mikrofon sagte der 43-Jährige: „Man wünscht sich natürlich ein schöneres Ende, aber die Schweden waren stark, ich war nicht gut genug im Doppel, ich war nicht gut genug im Einzel. Also geht es in gewisser Weise auch auf meine Kappe. Den Respekt müssen wir den Schweden auch zollen.“
Dass dieser so lang erwartete Abschied Boll emotional zusetzte war nicht zu verstecken: „Es hat mich schon ein bisschen übermannt. Es war ein großes Gefühlchaos: diese Enttäuschung aber auch die Zuneigung der Fans. Das war super schön. Von daher vielen Dank an das Pariser Publikum! Es hat auch so super Spaß gemacht, aber wir sind ehrgeizige Sportler und wollen ein anderes Ende.“
Bolls Einzel-Niederlage besiegelte das deutsche 0:3-Aus, zuvor verlor Boll bereits im Doppel gemeinsam mit Dang Qiu, Dimitri Ovtcharov verlor hauchzart mit 2:3-Sätzen gegen den Vize-Olympiasieger im Einzel, Truls Moregardh.
Bundestrainer Jörg Roßkopf erklärte in der Mixed Zone, dass „viel in die falsche Richtung“ gelaufen sei, mit dem Knackpunktspiel Ovtcharov gegen Moregardh.
Tischtennis: Boll 2003 erstmals Weltranglisten-Erster
Für den 43-jährigen Boll gehen somit in Paris seine siebten Olympischen Spiele zu Ende. Mit Silber 2008 in Peking, Bronze 2012 in London und 2016 in Rio und Silber 2021 in Tokio war Boll der erfolgreichste deutsche Tischtennisspieler bei Olympia.
„Wir haben gewusst, dass es für uns alle schwer wird. Ein Großer verlässt die Sportbühne. Für wollten auch für ihn so weit wie möglich gehen. Aber irgendwann musste es kommen“, erklärte Roßkopf. „Es ist schwierig, einen Nachfolger zu finden, aber wir haben gute Spieler. Es war immer hervorragend, mit ihm zusammenzuarbeiten.“
Zum Abschied hatte Boll noch einmal einen besonders prominenten Zuschauer: Basketball-Legende Dirk Nowitzki, mit dem der gebürtige Erbacher privat gut befreundet ist. Boll hatte Nowitzki in dessen letzter Saison in Dallas besucht, war außerdem bei Nowitzkis Aufnahme in die NBA Hall of Fame im August 2023.
Boll ärgerte Großmacht China jahrelang
Mit sieben Titeln krönte er sich zudem zum Rekord-Europasieger, als zeitweiser Weltranglisten-Erster ärgerte Boll jahrelang die Tischtennis-Großmacht aus China.
„Oft genug habe ich in der Vergangenheit davon gesprochen, vor dieser Entscheidung ein wenig Angst zu haben. Doch es war klar, dass dieser Tag unausweichlich kommt. Nun ist es tatsächlich Zeit für den Abschied von der Weltbühne des aktiven Sports“, sagte der 43-Jährige noch im Frühjahr.
Ganz vorbei ist seine Karriere aber noch nicht. Im Liga-Alltag wird Boll weiterhin für Borussia Düsseldorf auflaufen. Besonders brisant: Ausgerechnet Källberg, der Bolls internationale Karriere beendete, ist sein Teamkollege in Düsseldorf.