Seit einer Woche hält die Debatte um Red-Bull-Teamchef Christian Horner die Formel-1-Welt in Atem. Hintergrund ist eine interne Untersuchung gegen den Briten, die sein Arbeitergeber nach Vorwürfen einer Mitarbeiterin gestartet hat.
Die Luft für Horner wird immer dünner
Am vergangenen Freitag musste sich Horner einem Fachanwalt in London stellen. Die Befragung soll diversen englischen Medien zufolge mehr als acht Stunden gedauert haben. Doch ein Ergebnis steht noch aus. Der Anwalt, so erfuhr SPORT1, ist jetzt erst einmal in Urlaub gefahren. Welche Erkenntnisse er vorher noch an die Red Bull GmbH weitergereicht hat, ist unklar.
Worum es bei den Vorwürfen konkret geht, ist weiterhin öffentlich nicht bekannt. Fest steht nur: Die Mitarbeiterin aus dem mittleren Management, deren Name SPORT1 vorliegt, aber aus Gründen der Privatsphäre nicht veröffentlicht wird, fühlte sich unter Druck gesetzt – wobei die Art und Weise der mutmaßlichen Nötigung mit modernen Moralvorstellungen nicht vereinbar ist. Für Horner gilt derweil weiter die Unschuldsvermutung.
SPORT1 erfuhr: Mittlerweile hat sich auch Ex-Formel-1-Chef Bernie Ecclestone, ein Vertrauter Horners, eingeschaltet und seinem Freund geraten, vom Posten des Teamchefs zurückzutreten, um weiteren Schaden für sich und seine Familie zu vermeiden. Horner aber – so heißt es – streitet alle Vorwürfe ab und weigert sich. Immer noch.
Er beruft sich dabei auf die Unterstützung der thailändischen Teilhaber von Red Bull. Ihnen gehören 51 Prozent des Konzerns. Sie wollen Horner halten. Allein: Die Familie Yoovidhya hat einen Teil ihrer Anteile an andere Investoren verkauft, was bedeutet: Mark Mateschitz, Sohn vom Red-Bull-Gründer Dietrich Mateschitz, ist mit 49 Prozent größter Einzel-Anteilseigner des Red Bull-Imperiums.
Liberty Media setzt Horner unter Druck
SPORT1 weiß auch: Sogar der amerikanische Vermarkter Liberty Media macht Druck auf Red Bull. Formel-1-CEO-Stefano Domenicali hat auf Wunsch seiner US-amerikanischen Chefs bei Mark Mateschitz angerufen. Kolportierter Inhalt des Gesprächs: Die US-Eigentümer von F1-Promoter Liberty Media verstehen bei Themen rund um Grenzüberschreitungen im Amt keinen Spaß. Sollten entsprechende Vorwürfe real sein, sei Horner nicht zu halten.
Ex-Jaguar-Testfahrer Tomas Scheckter weiß genau, wie hart die Amerikaner auf entsprechendes Fehlverhalten reagieren. Als er Anfang des Jahrtausends beim Liebesspiel mit einer Prostituierten ausgerechnet in seinem Dienstjaguar erwischt wurde, feuerte ihn der damalige Chef des Jaguar-Mutterkonzerns Ford persönlich. Niki Lauda, damals F1-Chef von Jaguar, zum SPORT1-Reporter: „Ich konnte ihn nicht retten. Auch wenn es eine Sache von beidseitigem Einverständnis war; Henry Ford III. kannte keine Gnade, weil die Amis mit Sex in der Öffentlichkeit nichts zu tun haben wollen.“
Allein: Horner dürfte noch ein weiteres Problem haben. Er hat sich in den vergangenen drei Jahren sowohl Red-Bull-Technikgenie Adrian Newey, die Familie von Superstar Max Verstappen und Red-Bull-Chefberater Helmut Marko zum Feind gemacht.
Red Bull weiß das und muss jetzt reagieren. Am 15. Februar ist die Präsentation des neuen Autos geplant. Damit wollen die Österreicher mit Teamsitz in England den WM-Titel mit Superstar Max Verstappen verteidigen. Ein Auftritt mit Christian Horner als Teamchef ist unter all diesen Umständen so gut wie nicht mehr denkbar.