Im Motorsport sind Frauen noch immer eine Seltenheit.
Mick? „Konkurrent wie jeder andere“
Doch immer mehr junge Frauen wagen den Schritt und wollen als Rennfahrerin durchstarten. Zu diesen Frauen gehört auch Sophia Flörsch, die den großen Traum Formel 1 verfolgt.
Nach zwei Jahren im Langstreckenbereich ist die 22-Jährige nun wieder in den Formel-Sport zurückgekehrt und hat mit Alpine einen starken Partner an ihrer Seite.
Im großen SPORT1-Interview spricht die Münchnerin über ihren Formel-1-Traum und Frauen im Motorsport. Dazu beschreibt sie ihr Verhältnis zu anderen deutschen Fahrern wie Mick Schumacher und verrät, was sie von der der neuen Frauen-Rennserie F1 Academy hält.
SPORT1: Vor drei Wochen beim Formel-3-Rennen in Bahrain haben Sie ihr Comeback im Formelsport gegeben. Wie geht es Ihnen aktuell und wie zufrieden sind Sie bisher mit ihrer Rückkehr auf die Formel-Rennstrecken?
Sophia Flörsch: Mir geht es super. Ich bin happy, dieses Jahr wieder Formel 3 zu fahren. Mit Alpine im Rücken, das ist der Hammer.
Flörsch träumt von der Formel 1
SPORT1: Was hat sich in den zwei Jahren, in denen Sie in anderen Rennserien unterwegs waren, in der Formel 3 verändert?
Flörsch: Ich glaube nicht, dass sich die Formel 3 verändert hat. Aber ich bin eine bessere und komplettere Rennfahrerin geworden. Natürlich habe ich in den zwei Jahren, in denen ich Langstecke gefahren bin, sehr viel Neues dazugelernt und ich bin jetzt reifer.
SPORT1: Was aus den anderen Rennserien nehmen Sie für Ihr Comeback mit?
Flörsch: Ich glaube, dass je mehr Kilometer du in verschiedenen Autos sammelst, desto besser wirst du auch. Die gesamte Teamarbeit, die Arbeit mit den Ingenieuren, hat mich über die vergangenen Jahre geprägt. Auf der anderen Seite habe ich durch die Langstecke auch sehr viel Rennerfahrung sammeln können. Die Formel 3 ist wieder etwas anderes. Das ist Formelsport, ein anderes Autofahren. Es gibt andere Punkte, auf die ich meinen Fokus legen muss. Bis jetzt macht es sehr viel Spaß. Die Saison ist lang, wir haben noch acht Veranstaltungen vor uns. Mal schauen, was dieses Jahr noch alles passiert.
SPORT1: Ihr Team gehört zu Alpine. Wie läuft der Austausch mit dem Formel-1-Team?
Flörsch: Ich bin extrem happy Alpine-Junior zu sein und auch in der Alpine Academy unterwegs zu sein. Ich habe nicht nur auf der finanziellen Seite eine Unterstützung, sondern bekomme auch das Wissen und die Erfahrung von den Ingenieuren. Ich habe in den vergangenen Wochen über die Trainer schon sehr viel dazulernen können. Ich hoffe, dass wir das gemeinsame Ziel, die Formel 1 zu erreichen, meistern. Es ist noch ein langer Weg bis dahin, aber beide Parteien sind motiviert und versuchen das Beste daraus zu machen.
Partner Alpine als Glücksfall
SPORT1: Gibt es für Sie konkrete Möglichkeiten beim Formel-1-Team reinzuschnuppern?
Flörsch: Wir sind im direkten Austausch mit dem Formel-1-Team, den Ingenieuren und Trainern. Ursprünglich kommen diese auch aus dem Formel-1-Team. Dementsprechend ist da sehr viel Erfahrung, die mit uns geteilt wird. Pierre Gasly und Esteban Ocon kenne ich auch schon mehrere Jahre. Wir sind super cool miteinander und versuchen, uns überall zu helfen. Natürlich ist eine Formel-1-Woche immer ziemlich busy. Wir bekommen aber viel mit.
SPORT1: Lebt der Traum von der Formel 1 noch?
Flörsch: Ja, die Formel 1 ist mein Traum und dafür arbeite ich sehr hart.
SPORT1: Wie optimistisch sind Sie, dass in der Formel 1 bald auch weibliche Pilotinnen an den Start gehen?
Flörsch: Ich glaube, dass es früher oder später mindestens eine oder auch mehrere Frauen in der Formel 1 gibt. Ich hoffe natürlich, diejenige zu sein, die die Erste ist. Ich denke, dass die Formel 1 und der Motorsport generell offener geworden sind gegenüber Frauen – auch auf der Rennfahrerseite. Die Formel 1 hat verstanden, dass es früher oder später eine weibliche Formel-1-Fahrerin geben wird.
Zu wenige Frauen im Motorsport
SPORT1: Die Formel 1 hat eine eigene Rennserie für Frauen auf den Weg gebracht. Wie finden Sie diese Entscheidung?
Flörsch: Die F1-Academy ist eine Chance für jüngere Fahrerinnen, die zum Beispiel aus dem Kart-Sport kommen, in den Formelsport einzusteigen. Von daher finde ich die Serie eine gute Idee. Es kann ein Sprungbrett für junge Mädels sein, weil dort auch echte Rennteams dahinterstehen. Für mich persönlich wäre es keine Option gewesen, weil es sportlich gesehen keinen Sinn gemacht hätte. Ich verfolge die Serie aber.
SPORT1: Sehen Sie in der F1 Academy eher eine Chance oder könnte die Formel 1 dies auch als Vorwand nutzen, um davon abzulenken, dass noch immer keine Frau in der Königsklasse startet?
Flörsch: Auf lange Zeit sehe ich es eher als Chance. Mal schauen, was aus der Serie in den nächsten Jahren wird. Es ist kürzlich erst losgegangen. Von daher gibt es da noch viel Arbeit. Mal schauen, wo die Reise hingeht. Im Grunde muss der gesamte Motorsport sehr viel mehr tun, um Frauen zu unterstützen. Es ist aber auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung.
SPORT1: Mick Schumacher hat sein Formel-1-Cockpit in dieser Saison verloren und ist bei Mercedes nun Testfahrer: Wie sehen Sie seine Entwicklung?
Flörsch: Für mich persönlich ist es ein bisschen schwer, über Micks Entwicklung zu urteilen oder darüber zu reden. An sich kenne ich ihn schon sehr viele Jahre, wir sind schon gegeneinander gefahren. Ich schätze ihn als Menschen extrem, als Rennfahrer ist er aber ein Konkurrent für mich, wie jeder andere auch.
SPORT1: Gibt es unter den deutschen Piloten einen Austausch?
Flörsch: Nein, überhaupt nicht. Wir verstehen uns untereinander und es ist alles gut. Aber unter dem Strich sind wir Sportler, die gegeneinander antreten.
SPORT1: Wer wird sich am Ende der Saison zum F1-Champion küren?
Flörsch: Im Moment schaut es schon so aus, als ob Red Bull bzw. Max Verstappen wieder sehr stark sind. Aston Martin ist sehr stark geworden im Vergleich zum vergangenen Jahr, was alle sehr freut. Die Rennen werden dadurch deutlich spannender und auch mehr Teams und Fahrer sind involviert, um um die Top-8-Plätze zu fahren. Aber ich glaube, für den Weltmeistertitel ist Max Verstappen der Favorit.