Bislang lebten die Großveranstaltungen des WWE-Rivalen All Elite Wrestling in nicht geringen Maße von den euphorischen Fans - doch auch beim ersten Pay Per View unter den Corona-Einschränkungen bot AEW ein buntes Spektakel.
Tyson-Show mit kleiner Panne
Ein Auftritt von Box-Legende Mike Tyson hatte im Vorfeld die Aufmerksamkeit auf Double or Nothing 2020 auf sich gezogen. Das größere Highlight war am Ende das kunterbunte "Stadium Stampede Match" im leeren NFL-Stadion der Jacksonville Jaguars.
Irres "Stadium Stampede" mit Chris Jericho und Matt Hardy
Chris Jerichos Inner Circle und die Gruppierung The Elite, verstärkt von dem frisch von WWE zu AEW gewechselten Matt Hardy, lieferten sich ein wildes, kreativ und humorig inszeniertes Spektakel voller Insider-Anspielungen für Wrestling- und Football-Fans - mit einigen denkwürdigen Aktionen.
SPORT1 fasst die Highlights zusammen.
- Nach einem emotionalen Eröffnungsvideo, in dem AEW sowohl den Corona-Helfern als auch dem ertrunkenen Ex-WWE-Star Shad Gaspard Tribut zollte, gab es einen turbulenten Eröffnungskampf, in dem AEW Elemente des WWE Royal Rumble mit Money in the Bank Match kreuzte: Im Casino Ladder Match kamen nacheinander neun Wrestler zum Ring, um einen riesigen, über dem Ring hängenden Pokerchip zu erobern, der ein kommendes Titelmatch garantiert. Ein buntes Teilnehmerfeld aus Hardcore-, Power- und Comedy-Wrestlern wurde gekrönt von einem Mystery-Mann: Brian Cage, muskulöser Ex-Champion von Impact Wrestling (ehemals TNA) und Lucha Underground (und dort auch "Mörder" von TV-Legende Lorenzo Lamas).
Cage, zum Ring begleitet von ECW-Legende Taz (der in den vergangenen Wochen von Konkurrent Darby Allin die kalte Schulter gezeigt bekommen hatte), räumte mit seiner rohen Kraft zunächst auf, ehe sich alle Kontrahenten gegen ihn zusammentaten und ihn unter mehreren Gegenständen begruben. Cage allerdings erhob sich letztlich, schaltete Allin und das zweite Powerhouse Luchasaurus aus und sicherte sich den Chip.
- In einem technisch und athletisch sehenswerten Duell zweier aufstrebenden Jungstars feierte MJF nach seinem großen Sieg über Cody bei Revolution einen weiteren Triumph. Er bezwang Jungle Boy - den Sohn des verstorbenen Schauspielers Luke Perry - indem er ihn am Ende einer Einroller-Konterserie schulterte.
- Mike Tyson kam im dritten Kampf zum Einsatz, dem Turnierfinale um den neu eingeführten TNT Championship Title zwischen AEW-Co-Chef Cody Rhodes und dem in den vergangenen Wochen groß präsentierten Neuzugang Lance Archer. Tyson schaltete sich in das Match ein, als sich Codys und Archers legendäre Sekundanten Arn Anderson und Jake "The Snake" Roberts in das Match einmischten, er stützte die Entscheidung der Ringrichter, beide rauszuwerfen. Als Roberts das hintertreiben und seine lebendige Schlange zum Einsatz bringen wollte, zog Tyson sein Shirt aus und vertrieb ihn mit seiner bloßen Präsenz.
Im Ring fertigte Cody Archer dann mit seinem Finisher Cross Rhodes in doppelter Ausführung ab und bekam den Gürtel von Tyson überreicht. Einen körperlichen Vorgeschmack auf Tysons geplantes Box-Comeback gab es also nicht.
Kleine Panne am Rande: Die Live-Kamera erwischte einen müden Tyson in einem Moment beim Gähnen - wofür es mit Blick auf die Ring-Action eigentlich keinen Grund gab.
- In zwei kurzen Matches, die folgten, besiegte zunächst Kris Statlander Penelope Ford, dann triumphierte Codys älterer Bruder Dustin Rhodes über Shawn Spears. Spears war unter dem Eindruck gestanden, dass der zuletzt mit einem Rücktritt kokettierende und von Lance Archer blutig abgefertigte Dustin nicht in der Lage war anzutreten - wurde jedoch eines Besseren belehrt. Der ehemalige Tye Dillinger wurde schnell besiegt und gedemütigt, als Dustin ihm am Ende die Hose herunterzog.
- Die Japanerin Hikaru Shida krönte sich mit einem Sieg über Nyla Rose etwas überraschend zum neuen Damenchampion der Liga. Der als große, emotionale Energieleistung präsentierte Sieg schien eine indirekte posthume Würdigung für Shidas tragisch jung verstorbene Landsmännin Hana Kimura zu sein, die Kommentatoren erwähnten, dass Kimuras Tod Shida stark berührt hat.
- World Champion Jon Moxley setzte seinen Titel gegen Brodie Lee, den ehemaligen Luke Harper von WWE, der sich bei AEW als Anführer der Dark Order und Parodie auf seinen Ex-Boss Vince McMahon neu erfunden hat. In einem von Hardcore-Aktionen und heftigen Kollisionen geprägten Schlagabtausch überraschte Lee am Ende zwar, als er sich aus Moxleys Finisher, dem Paradigm Shift, schnell befreite. Lee ging dann jedoch in einem Würgegriff Moxleys k.o., der frühere Dean Ambrose bleibt Champion.
- Zum Abschluss ließ AEW Inner Circle und The Elite im TIAA Bank Field aufeinander los, stilecht inszeniert mit Cheerleadern und einem NFL-Einmarsch des Circle mit Football-Trikots und Helmen. Hangman Page von The Elite konterte, indem er auf einem Pferd anrückte und damit Sammy Guevara vom Circle - kürzlich schon mit einem Golfwagen von Hardy und Kenny Omega erwischt - durch die Arena jagte.
Eine Auswahl der weiteren Einfälle: Matt Jackson kletterte auf einen Field-Goal-Pfosten und sprang auf Jericho und Guevara, später verpasste er Guevara eine Suplex-Serie quer über das Feld, die wie ein 99-Yard-Touchdown dargestellt wurde. Danach wurde der deutsche Ex-Wrestler Alex Wright auf kuriose Weise gewürdigt, indem Nick Jackson seine Tanzeinlage bei WCW imitierte - und dafür eine Flaggen-Strafe wegen übertriebenen Jubels kassierte ("They deserved it for an Alex Wright impersonation"). Einen Videobeweis gab es auch, als Jericho einen nicht gegebenen Pinfall von Ringrichterin Aubrey Edwards (vergeblich) herausforderte. Jericho erboste Jaguars-Fans auch mit einer Attacke auf Jaguars-Maskottchen Jaxson de Ville, dem er seinen Judas Effect verpasste.
Weitere Gags: Die multiple Persönlichkeit Matt Hardy verwandelte sich mehrfach, als Santana und Ortiz ihn im Entmüdungsbecken zu ertränken versuchten, unter anderem auch in sein früheres WWE-Alter-Ego "Matt Hardy Version 1.0" (dazu eingeblendeter "Matt Fact": "Matt can hold his breath underwater for 346 seconds") ...
... der dem Alkohol zugetane Page unterbrach den Kampf für einen Besuch in der Stadionbar, wo ihm auch Gegner Hager für einen Umtrunk Gesellschaft leistete, ehe die Prügelei weiterging.
Später rollte Page noch mit einem der Kreidewagen zur Feldmarkierung über Jericho - nachdem Nick Jackson diesen mit einer Flugaktion durch einen Tisch (nach riesigem Anlauf von der Zuschauertribüne aus) ausgeschaltet hatte.
Das Finale wurde eingeleitet, als Guevara nach der Suplex-Serie erwachte und glaubte, das Match gewonnen zu haben - stattdessen fand er sich bald erneut als Zielscheibe einer Golfwagen-Jagd von Hardy und Omega wieder. Guevara flüchtete auf das Dach des Spielertunnels, Hardy ging ihm nach und bekam dabei Hilfe von einem neuen technischen Hilfsmittel: Die Drohne NEO 1 ersetzte den von Jericho kaputtgeschlagenen Vanguard 1 und brachte Guevara erfolgreich aus dem Konzept. Omega verpasste Guevara dann den One-Winged Angel vom Tunneldach auf ein abgefedertes Bühnenset und pinnte ihn.
Die Publikumslieblinge bejubelten ihren Sieg, begleitet von einem großen Stadionfeuerwerk.
Die Ergebnisse von AEW Double or Nothing 2020:
AEW World Tag Team Championship Title #1 Contendership Match: Best Friends besiegen Private Party (Kickoff-Show)
Casino Ladder Match: Brian Cage besiegt Colt Cabana, Darby Allin, Frankie Kazarian, Joey Janela, Kip Sabian, Luchasaurus, Orange Cassidy, Scorpio Sky
MJF besiegt Jungle Boy
TNT Championship Title Tournament Final Match: Cody besiegt Lance Archer - TITELWECHSEL!
Kris Statlander besiegt Penelope Ford
Dustin Rhodes besiegt Shawn Spears
AEW World Women's Championship Title No Disqualification Match: Hikaru Shida besiegt Nyla Rose (c) - TITELWECHSEL!
AEW World Championship Title Match: Jon Moxley (c) besiegt Mr. Brodie Lee
Stadium Stampede Match: Matt Hardy & The Elite (Kenny Omega, Hangman Page, Nick & Matt Jackson) besiegen The Inner Circle (Chris Jericho, Jake Hager, Sammy Guevara, Santana & Ortiz)