„Wegen Überfüllung geschlossen.“ Es gibt im Profifußball derzeit wohl keinen anderen Klub, auf den diese drei Worte besser passen würden, als auf den FC Chelsea. Der Kader der Blues ist überfüllt. Viel mehr noch, er platzt aus allen Nähten und macht es Fans und Beobachtern schwer, einen Plan zu erkennen.
Der aufgeblähteste Kader der Welt
Die reinen Zahlen. 189 Millionen Euro hat der Premier-League-Klub im Sommer 2024 laut transfermarkt.de für insgesamt neun Spieler ausgegeben. Dem gegenüber stehen Einnahmen in Höhe von 101 Millionen Euro, die sich aus drei fixen Abgängen und fünf Leihgeschäften zusammensetzen.
Was an sich noch nicht allzu sehr wie ein Ungleichgewicht wirkt, ändert sich beim Blick auf die weiteren Neuzugänge. Elf Spieler kehrten nach abgelaufenen Leihgeschäften zurück, dazu kommen drei Spieler aus dem eigenen Nachwuchs.
43 Spieler im Chelsea-Kader
Das Endergebnis: 43 Spieler stehen aktuell im Profikader des FC Chelsea – und die Besitzer um Todd Boehly und Co. haben offenbar immer noch nicht genug. Nach Pedro Neto, der für 65 Millionen Euro aus Wolverhampton kam, soll auch der frühere Leihspieler Joao Félix wieder in den Fokus gerückt sein.
Vereinbar mit den Kader-Registrierungs-Regeln der Liga ist all dies jedoch mitnichten. So gibt es zwischen Premier League und Bundesliga einen elementaren Unterschied. Während in Deutschland die Kadergröße nach oben hin nicht begrenzt ist, dürfen auf der Insel nur insgesamt 25 Spieler registriert werden, die mindestens 21 Jahre als sind.
Ein Blick auf die Alterstruktur verrät: 31 Chelsea-Spieler sind aktuell über 21 Jahre alt. Um auf die Maximalgröße von 25 Kaderplätzen zu kommen, müssen also noch sechs Spieler gehen. Sollte zudem ein weiterer Neuzugang wie Joao Félix kommen, wären es bereits sieben Profis zu viel.
Zeitweise acht Torhüter auf einmal
„Am wichtigsten ist es, dass wir Konkurrenzkampf und auf jeder Position mindestens zwei Optionen haben. Dann wählen wir entweder den anderen oder eben dich, dabei wollen wir dasselbe Level haben“, hatte der neue Cheftrainer Enzo Maresca zum Thema Kader geäußert. Dass er sich dafür einen Kader mit mehr als 40 Spielern vorgestellt hat, darf getrost bezweifelt werden.
Zumal dieser niemandem weiterhilft. Nicht den Spielern, nicht dem Trainer – und auch nicht den Bossen. Wie grotesk die Einkaufspolitik der Blues-Verantwortlichen ist, zeigt am eindrucksvollsten die Torhüter-Position, die schon seit Jahren an Kontinuität vermissen lässt.
Denn obwohl bereits sieben Torhüter im Kader standen, wurde für knapp 25 Millionen Euro mit Filip Jörgensen vom FC Villarreal noch ein weiterer Keeper geholt.
Zwar konnten in der Folge die beiden Talente Gabriel Sonina und Eddie Beach verliehen werden, damit stehen aber immer noch sechs Keeper im Kader - unter anderem der frühere Stammtorhüter Kepa Arrizabalaga. Dazu kommen Roberto Sánchez, Djordje Petrovic, Marcus Bettinelli und Lucas Bergström.
Eine klare Nummer 1 gibt es dabei nicht. Die Aufgabe von Trainer Maresca ist dementsprechend gewaltig.
Gallagher-Wechsel in der Schwebe
Und diese Aufgabe stellt sich auch auf anderen Positionen. Vor allem in der Zentrale - Verteidigung wie Mittelfeld - herrscht bei Chelsea ein absolutes Überangebot.
Im defensiven Mittelfeld hat beispielsweise nicht einmal mehr 120-Millionen-Mann Enzo Fernández Einsatzzeiten sicher. Wobei sich dieser mit dem Singen eines vulgären und rassistischen Songs nach dem Gewinn der Copa América ohnehin keine Freunde gemacht hat.
Bemerkenswert auch: Star-Eigengewächs Conor Gallagher, in der vergangenen Saison lange Kapitän und für viele Fans eine Identifikationsfigur, wird ebenfalls nicht mehr gebraucht, soll eigentlich verkauft werden.
Und der perfekte Abnehmer stand mit Atlético Madrid auch schon bereit, wollte Chelsea den 24-Jährigen doch ungern innerhalb der Premier League verkaufen. Mehrere Tage verbrachte Gallagher bereits in Madrid, wurde im Estadio Metropolitano bereits fotografiert. Doch noch ist der Wechsel in der Schwebe, könnte womöglich sogar ganz platzen.
So müssen die Spanier nach der Verpflichtung von Julián Álvarez von Manchester City erst einen größeren Verkauf tätigen, um den ehemaligen Kapitän der Blues aufnehmen zu können.
Trainer Maresca vor großer Aufgabe
Für Neu-Trainer Maresca, der nach den jüngsten Misserfolgen wieder für Freudenstimmung an der Stamford Bridge sorgen soll, ist die Mission bei Chelsea alles andere als einfach. Bereits jetzt gibt es Gerüchte über unzufriedene Spieler.
So nahm Maresca beispielsweise Trevoh Chalobah, vergangenes Jahr noch beim FC Bayern heiß gehandelt, nicht mit auf die Vorbereitungs-Tour. Der Innenverteidiger trainiert laut The Athletic inzwischen individuell. Ein Verkauf des aussortierten Spielers gelang bislang aber nicht.
Damit nach der enttäuschenden Saison 2023/24, in der am Ende nur Tabellenplatz sechs zu Buche stand, wieder Erfolge zurückkehren, muss sich bis zum Ende der Transferperiode am 30. August noch einiges tun.
Ein aufgeblähter Kader mit mehr als 40 Spielern verspricht in jedem Fall nicht allzu viel Erfolg.