Drei Tore, drei an der Zahl fehlten gegen Frankreich bei der Heim-EM um die Gruppenphase ohne Niederlage zu überstehen.
„Das ist einfach ein anderes Level“
Zwar lieferte das DHB-Team um Bundestrainer Alfred Gislason in Berlin einen sagenhaften Kampf, speziell jedoch die Breite des französischen Kaders machte der deutschen Defensive zu schaffen. Einzig das Torhüter-Duo und der Kapitän konnten gänzlich überzeugen.
Trotz der Niederlage weilt der Optimismus weiter innerhalb des Teams - zu viel Euphorie ist bereits da im eigenen Land, zu realistisch die Chancen auf ein Weiterkommen auch in die K.o.-Phase! SPORT1 fasst die Stimmen aus der ARD, von DYN und aus der Mixed Zone zusammen.
Alfred Gislason - Bundestrainer
... zur Niederlage und Mentalität der Mannschaft: „Ich bin sehr stolz auf die Einstellung der Jungs. Die haben wirklich alles gegeben. Aber andersrum sind wir natürlich auch enttäuscht, nicht gewonnen zu haben. Man muss anerkennen, dass es die Franzosen verdient haben. Sie haben eine wahnsinnige Breite im Kader. Da ist es egal, wer kommt - es ist jeder sehr routiniert und funktioniert sofort. Dann ist es für uns am Ende sehr schwer, obwohl sich die Mannschaft nochmal herangekämpft hat. Andi Wolff im Tor war großartig, aber die Franzosen haben leider verdient gewonnen.“
... zur Aktion beim 27:27 - und ob danach das Spiel entglitt: „Auch da verschießen wir ein paar Mal freistehend, dann noch zwei Blocks. Letztendlich haben wir gerade im Rückzug die Tore kassiert.“
... zu den fehlenden Faktoren zum Ende des Spiels: „Es ist natürlich so, dass die Franzosen mehr Breite haben als wir. Da kann man hin und her reden, wie man will, aber: Ist so! Die haben schon eine erfahrenere Mannschaft wie wir. Sie sind sehr talentiert. Es ist schwierig gegen so ne solide Mannschaft wie die Franzosen es sind. Wir vor einem Jahr dran und haben es auch da aus der Hand gegeben und diesmal haben die Franzosen es souverän zu Ende gespielt. Schon abgezockt. Die haben Weltklasse-Kreisläufer und machen aus dem Rückraum extrem viel Druck. Deswegen müssen wir raus, aus neun Meter gegen die Schützen, was sie gerade in der letzten Viertelstunde (auf unserer Seite; Anm. d. Red.) nicht mussten.“
... zu einzelnen Personalien: „Sebastian Heymann ist einer von dem wir uns viel versprechen, in der Zukunft. Aber, er kommt aus einer Verletzung und ist noch nicht ganz so drin, wie wir es uns erhoffen, aber er wird kommen. Ja, er hat es gut gemacht. Er ist auch ein guter Abwehrspieler, aber gegen Frankreich ist es extrem schwierig wechseln zu müssen. Der Doppelwechsel mit Kai Häfner und Philipp Weber: Beide raus. Dann ist es unmöglich gegen eine französische Mannschaft.“
... zu den Gegnern der Hauptrunde, einer davon Island, Gislasons Heimatland: „Übermorgen wird für mich natürlich ein ganz besonderes Spiel. Gegen das eigene Land ist immer besonders, aber ich bin jetzt Nationaltrainer von Deutschland. Auch meine Familie, mein Vater, meine Brüder, sind alle da. Ich bin sehr gespannt, ob sie für Deutschland, oder für Island sind. Das kann ich nicht sagen.“
... zur Machbarkeit der Hauptrunden-Gruppe: „Ja es wäre natürlich besser gewesen, die beiden Punkte heute mitzunehmen, aber haben wir nicht gemacht und auch nicht verdient. Aber, es war sehr sehr viel Positives dabei. Wir wünschen uns, dass alles klappt gegen so eine Mannschaft. Wir hätten mehr Gefahr aus dem Rückraum ausstrahlen müssen, unser Kreisläufer Johannes Golla hatte zu wenig Platz. Aber jetzt ist es so. Wir haben das Ziel ins Halbfinale zu kommen, dann dürfen wir kein Spiel mehr verlieren.“
Johannes Golla - Kreisläufer und Kapitän
... zum Fazit des Abends: „Wir können stolz auf die letzten beiden Spiele und den guten Kampf heute sein. Trotzdem ist es natürlich enttäuschend, weil wir leicht Sachen finden, die wir hätten besser machen können. Aber das Gute ist, dass es übermorgen in Köln schon weitergeht. Es war unser Ziel, dahinzukommen. Da greifen wir wieder von vorne an.“
... zum dramatischen Ende: „Es ist umso bitterer, wenn man weiß, dass es so knapp war. Dann wurden die Fehler, die man gemacht hat, umso mehr bestraft. Vor allem die leichten Ballverkuste nach Ballgewinne tun weg und holen den Gegner zurück ins Spiel. Aber alles in allem bin ich stolz auf die Leistung der Mannschaft.“
... zur anstehenden Hauptrunde: „Wir schauen jetzt erstmal, gegen wen wir überhaupt spielen. Dann werden wir uns darauf vorbereiten und zusehen, dass wir die Reise morgen gut hinbekommen und körperlich fit werden. Das war jetzt natürlich ein kleiner Dämpfer. Aber wir kriegen den Kopf wieder hoch und wollen den Fans in Köln zeigen, wie gut wir sind.“
Andreas Wolff - Torwart
... zur Niederlage: „Natürlich bin ich enttäuscht, dass wir das Spiel verloren haben. Insgesamt haben wir gut gekämpft. Es sind Kleinigkeiten, die bei uns gefehlt haben. Ich denke es ist auch die Breite der Franzosen, es ist eine Weltauswahl. Man könnte auch einfach sagen, dass die von jemandem als Traum-14 aufgestellt worden sind. Wir haben trotzdem gut dagegengehalten, konnten über eine lange Zeit mit den Franzosen mithalten. Am Ende waren wir etwas zu unclever vielleicht.“
... zu den Fehlern: „Es hat sich durch die ganze Partie gezogen, dass uns hier und da der kühle Kopf gefehlt hat und jeder ein, zwei Fehler zu viel gemacht hat. Insgesamt können wir mit unserem Auftritt gegen die Franzosen aber zufrieden sein und haben aus eigener Kraft noch alle Chancen, ins Halbfinale vorzudringen.“
... zu den Favoriten: „Man hat vor dem Turnier gesagt, dass Frankreich und Dänemark die beiden Über-Mannschaften sind. Das haben sie heute durch ihre Breite des Kaders eindrucksvoll bewiesen und haben gezeigt, weshalb sie als einer von zwei Top-Favoriten auf das Finale gehalten werden.“
... zu den Hauptrunden-Gegnern: „Wir haben verloren. Aber gegen Frankreich zu verlieren, ist - auch wenn es wehtut - kein Beinbruch. Island, Ungarn, Kroatien und Österreich sind alles fanatische Teams. Alles Teams, die man vor dem Turnier auch durchaus im erweiterten Kreis des Halbfinals gesehen hätte. Das bewahrheitet sich jetzt.“
... zu den Zielen bei der EM: „Wir haben nach den Sternen gegriffen, haben leider einen Tritt verpasst und sind noch nicht die Stufe raufgeklettert, die wir hochwollten. Gegen Frankreich zu verlieren ist kein Weltuntergang, noch ist nichts verloren. Wir haben jetzt alle Chancen, uns aus eigener Kraft für das Halbfinale zu qualifizieren.“
Juri Knorr - Rückraumspieler
... auf die Frage, ob es eines der intensivsten Spiele war: „Ja, das glaube ich schon. Wir haben gezeigt, dass wir es auch drauf haben und den Franzosen keine leichten zwei Stunden gemacht. Und wenn man einmal auf diesem Level spielt, dann merkt man, was für eine Intensität und Qualität das ist. Da spürt man, weshalb die Jungs (Frankreich) ganz oben stehen. Weil sie das über 60 Minuten abrufen können. Wir haben das heute nicht ganz geschafft. Das ist extrem schade, aber es war ein krasses Spiel, wovon ich extrem viel mitnehmen werde. Leider hat ein bisschen gefehlt.“
... zur Chance des Abends: „Es ist ein Unterschied in der ganzen Mannschaft, in der Erfahrung und der Titelsammlung. Das ist einfach ein anderes Level - das ist klar. Aber wir hatten heute trotzdem eine Chance. Wir haben die Qualität, uns hat als Gruppe nur ein ganz kleines bisschen gefehlt. Ich weiß gar nicht genau, was es ist. Vielleicht die letzte Konsequenz oder die letzte Ruhe in den entscheidenden Minuten.“
.. zur Bilanz der deutschen Vorrunde: „Eine positive mit einem bitteren Ergebnis heute. Es war ein bitteres Ergebnis und keine schlechte Leistung. Trotzdem sind wir stolz auf das, was wir bisher geschafft haben. Und wir haben weiterhin den Mut und den Glauben an uns, aber die Nacht ist jetzt natürlich nicht so schön, weil wir die Chancen hatten, die Tür Richtung Halbfinale recht weit aufzustoßen.“
.. ob die Kulisse in Köln nochmal einen Schub gibt: „Auf jeden Fall. Düsseldorf war gigantisch. Berlin war ein geiles Erlebnis mit einer coolen Halle, in der ich noch nie spielen durfte. Das hat richtig Spaß gemacht. Und Köln ist das Mekka des Handballs. Es ist glaube ich die größte Sportarena, in der Handball gespielt wird. Ich kenne sie als Fan, ich kenne sie als Spieler und habe sie immer sehr positiv erlebt. Und ich verbinde sehr viele schöne Momente mit dieser Halle. Ich glaube an uns und die Chemie mit den Fans, da können wir uns nach vorne puschen. Das kann uns zusammenschweißen. Aber jetzt haben wir einen weiten Weg vor uns.“
Philipp Weber - Rückraumspieler
... zu den entscheidenden Punkten des Abends: „Wir haben viele sehr gute Sachen gemacht, aber waren dann in den entscheidenden Punkten nicht ganz da, wo wir hätten die Knackpunkte setzen können. Da waren die Franzosen einfach abgezockt. Aber daran müssen wir jetzt weiter ansetzen. Wir haben vier Spiele vor der Brust. Wenn wir die alle gewinnen, dann sieht es auch gut aus. Und wir werden noch Spiele gewinnen, da bin ich mir ganz sicher.“
... zu den Fehlern: „Wir hatten ein paar Unaufmerksamkeiten in der Abwehr und auch Abspielfehler, die leicht und hart ausgenutzt wurden. Aber wenn wir die abstellen, dann sind wir mindestens auf Augenhöhe mit Frankreich, vielleicht sogar besser. Von daher macht uns das Mut.“
... zur hohen Belastung: „Da denkt man nicht drüber nach. Man hat hier ein Event in Deutschland, das man so vielleicht nie wieder erleben wird. Deswegen ist es egal, ob man da auf dem Zahnfleisch kaut oder nicht. Wir wollen jedes Spiel spielen, da ist die Belastung scheißegal.“
Kai Häfner - Rückraumspieler
... zur dramatischen Schlussphase: „Da haben wir ein oder zwei Fehler zu viel gemacht, was sehr viel Energie gekostet hat. Es war ein sehr intensives Spiel, bei dem wir meiner Meinung nach leider nicht ganz an unser Optimum kommen - das musst du aber gegen Frankreich machen. Trotzdem war die Chancen da, aber die haben wir in den entscheidenden Momenten liegen lassen.“
... zur anstehenden Hauptrunde: „Wenn wir jetzt unsere Hausaufgaben machen und jetzt gut in der Hauptrunde performen, dann ist das Halbfinale immer noch drin und dann erreichen wir das auch.“
... zu seinem neugeborenen Kind, wegen dem er das zweite Gruppenspiel verpasste: „Es ist natürlich das Schönste auf der Welt. Das waren sehr interessante und turbulente Tage, aber durchweg positiv.“
Timo Kastening - Außenspieler
... zum Abend: „Ich glaube, dass die Franzosen im Laufe des Spiels immer mehr das Spiel spielen konnten, worauf sie sich eingestellt hatten. So sah es für mich von der Außenposition aus. Sie haben vorne im Angriff – wie Alfred auch gerade schon gesagt hat – viele Tempotore gemacht. Dazu kam das Spiel mit dem Kreisläufer, welches wir glaube ich sehr schlecht unterbunden haben. Wir standen nicht kompakt genug und haben zu wenig mit Fakes gearbeitet, um selbst mal den Ball zu klauen. Dementsprechend haben wir uns schwergetan dem Spiel unseren Stempel aufzudrücken. Dann wird es auch gegen die Franzosen schwer. Ich glaube der Sieg ging in Ordnung, weil wir besser spielen können, aber trotzdem eine Chance auf den Sieg hatten.“
... zum kämpferischen Auftritt als Mutmacher: „Alfred hat es vorher schon in der Kabine gesagt: Wir sind durchaus in der Lage mit Frankreich mitzuhalten, nur irgendwann musst du an so einem Tag auch mal zeigen, dass du besser bist – wenn du zwei Punkte mitnehmen willst. Das haben wir heute nicht getan. Jetzt geht es gegen Island weiter und da wollen wir anfangen zu punkten, damit wir Chancen aufs Halbfinale haben. Darum geht es jetzt auch.“
Justus Fischer - Kreisläufer
... zur Leistung des Abends: „In der zweiten Halbzeit haben wir die Chance, das Spiel nochmal zu drehen. Dann schaffen wir es nicht, in zwei, drei Angriffen uns die Führung zu holen – das hat uns am Ende das Genick gebrochen. Dafür haben die Franzosen dann zu abgezockte Spieler, die das dann gut über die Bühne bringen.“
David Späth - Torhüter
... zur Leistung von Frankreich: „Am Ende waren es vielleicht die ein, zwei Fehler, die wir zu viel gemacht haben. Es hätte in beide Richtungen ausschlagen können. Die Franzosen waren etwas abgezockter, aber wir haben ein gutes Spiel gemacht und gezeigt, dass wir mithalten können. Frankreich ist jedes Jahr eine Top-Nation und Titelfavorit.“
Kentin Mahe - Rückraumspieler Frankreich
... zum entscheidenden Siegfaktor: „Es war sehr wichtig, die zwei Punkte sind von großer Bedeutung. Meiner Meinung nach war es die Tiefe der Bank (die das Spiel entschieden hat; Anm. d. Red.). Wir haben viel durchgewechselt und dadurch die Frische aufrechterhalten können. Das war ausschlaggebend.“
... zur Stimmung in Berlin: „Ich muss sagen, ich hatte mehr Spaß hier zu spielen als in Düsseldorf. Die Stimmung kommt hier viel besser rüber. Ich weiß, aber irgendwas ist an dieser Halle besonders. Es macht Spaß, hier zu spielen.“