Borussia Dortmund ging nach zuletzt starken Defensivleistungen gegen AC Milan und Bayer Leverkusen taktisch verändert in das Pokalspiel in Stuttgart. Etwas überraschend stellte BVB-Trainer Edin Terzic auf eine Fünferkette um, indem er Emre Can nach hinten zog und somit an die Seite von Mats Hummels und Nico Schlotterbeck stellte.
Wie Terzic den BVB ins Unheil coachte
Ob der Respekt vor Goalgetter Serhou Guirassy derart groß war, dass man eine zusätzliche zentrale Absicherung aufstellen wollte, bleibt spekulativ. Jedoch beraubte Terzic damit seinem Team weitere Präsenz im Mittelfeld, nachdem Dortmund zuletzt bereits Schwierigkeiten hatte, gegen spielstarke Gegner fußballerisch dagegenzuhalten.
BVB in einer Art 5-1-4
Can war nach der 0:2-Niederlage wenig verwunderlich angefressen. „In den Zweikämpfen sind wir nicht stark genug gewesen, fußballerisch eine Katastrophe, muss man ehrlich mal sagen“, äußerte der BVB-Kapitän gegenüber dem ZDF. „Gegen den Ball nicht gut angelaufen, so kann es nicht weiter gehen. Wir sind Dortmund, da muss mehr kommen.“
Dabei gehe es ihm vor allem „um das Fußballerische. Ich finde unser Anlaufen sehr schlecht. Wenn ich das mit Stuttgart vergleiche, die laufen an, die sind immer da. Wir Abwehrspieler haben immer Druck, da stimmt etwas nicht“, schimpfte Can weiter. „Wir müssen einfach mal mehr wollen, mehr Intensität im Spiel haben. Das muss von jedem Einzelnen kommen.“
Can spricht konkret das „Anlaufen“, also die ersten Pressingphasen, an, in denen der Spielaufbau des Gegners für gewöhnlich gestört werden sollte. Dortmund gelang es jedoch nur ganz selten, die Spieleröffnung Stuttgarts zu stören.
Das hatte auch mit den Staffelungen aus der 5-2-3-Grundformation zu tun. Ganz vorn konnte die Angriffsreihe um Youssoufa Moukoko (und später Niclas Füllkrug) aufgrund der Unterzahl keinen nennenswerten Druck aufbauen. Oftmals ließ sich einer der Stuttgarter Sechser noch zurückfallen und lockte auf diese Weise etwa Marcel Sabitzer heraus. Plötzlich stand Dortmund in einer Art 5-1-4 mit geringer Mittelfeldpräsenz.
Endverteidigung heillos überfordert
Deniz Undav und Enzo Millot rückten bewusst weit nach vorn, um die Fünferkette des BVB festzumachen, damit kein Borusse herausschieben und das eigene Mittelfeld unterstützen konnte. Auf der rechten Stuttgarter Seite war derweil Josha Vagnoman vielfach anspielbar und konnte mit Ball am Fuß nach vorn rücken, während Dortmunds Linksverteidiger Julian Ryerson weiter die Bewachung von Millot aufrechterhielt. Stuttgart brachte somit den BVB in die Rückwärtsbewegung und die Innenverteidigung um Hummels musste mit dem Gesicht zum eigenen Tor die Hereingaben und Steilpässe verteidigen.
In den vergangenen Wochen zeigte sich gerade Hummels in großartiger Form und war beispielsweise im Champions-League-Spiel in Mailand fast unüberwindbar in der Endverteidigung. Gegen Leverkusen wurden zig Pässe des Bundesliga-Tabellenführers in den Dortmunder Strafraum vom BVB geklärt. Doch aufgrund der veränderten Grundformation passte die Abstimmung gegen Stuttgart keineswegs, weshalb es Guirassy und Co. möglich war, zu einigen aussichtsreichen Torabschlüssen zu kommen.
Abseits der konkreten Defensivprobleme der Dortmunder stellt sich die Frage, welche Identität dieses BVB-Team momentan überhaupt besitzt. Besonders in Partien gegen Top-Gegner wirkt der Vizemeister reaktiv und versucht lediglich das Spiel des Gegners zu neutralisieren. Proaktiver Fußball in Form einer eigenen Spielgestaltung mit ausgedehnten Ballbesitzphasen und Rhythmuswechseln und daraus folgend einem einschnürenden Gegenpressing sind in derlei Spielen nicht zu finden.
Erschreckend kommt hinzu, dass Dortmund bereits vor wenigen Wochen in der Bundesliga gegen Stuttgart deutlich unterlegen war und es im Vergleich dazu im Duell am Mittwochabend keine nennenswerte Verbesserung gab.