Knapp eine halbe Stunde war gegen Eintracht Frankfurt gespielt, da brach es aus Thomas Müller heraus: Gestikulierend brüllte er Konrad Laimer an und war einige Zeit nicht mehr zu bremsen. Gerade eben hatte er sich einen anderen Laufweg seines Kollegen gewünscht und schloss dann schließlich selbst aus der Distanz ab.
Müller wundert sich über Mitspieler
„Ich war einen Hauch drüber. Aber der Konni hält das aus. Dadurch ist mein Schuss enorm fest geworden - weil ich so wütend war, dass er mir den Laufweg nicht angeboten hat“, erklärte Müller nach der Partie auf Nachfrage von SPORT1 und konnte dabei auch schon wieder über die Szene lachen.
Müller geht voran
Der bayerische Rekordspieler brennt weiterhin für seinen Verein und den Beruf des Profifußballers. Das spürt man bei jedem seiner Auftritte. Und man merkt, dass er in manchen Phasen vorangehen muss - vor allem wenn die Kollegen die Köpfe hängen lassen. Müller wird dann zum Psycho-Doc.
„Wir haben vielleicht ein bisschen gebraucht, um das auch selbst zu glauben. Das muss man schon feststellen, dass in den letzten Wochen dieses Urvertrauen bei dem einen oder anderen fehlte. Obwohl ja jeder, der beim FC Bayern unter Vertrag steht, irgendwas Besonderes können muss - sonst wäre er ja nicht hier“, sagte Müller nach dem 4:0 über Eintracht und wittert bei so manchem Bayern-Star Selbstzweifel: „Das ist hier schon eine ganz enorme Auslese, die hier spielt. Da wundere ich mich tatsächlich auch manchmal, dass wir da nicht grundsätzlich noch mehr Selbstvertrauen haben - jeder individuelle Spieler“.
Müllers Botschaft: Trotz der mauen Auftritte gegen Celtic und in Leverkusen muss wieder eine breite Brust her! Mia san mia! Um dieses wichtige Grundgefühl wieder herbeizuführen, stellt sich Müller mit all seiner Erfahrung an die Spitze - auf und neben dem Platz. Denn offenkundig nagten die durchwachsenen Partien an so mancher bayerischen Fußballer-Seele.
Müller macht es mit Routine
Der 35-Jährige wird in diesem Punkt deutlich: „Ich will denen natürlich schon zeigen, dass es grundsätzlich wenig Grund gibt, zu hadern. Eine Analyse darf selbstkritisch sein, aber sie muss so ablaufen, dass man nicht dieses Selbstvertrauen verliert, dass man immer noch ein Top-Top-Spieler ist. Dieser Grat ist schmal.“
Es sagt viel über die Psyche der aktuellen Bayern-Spieler aus, wenn Müller die Kollegen offenbar aufbauen und vor zu viel Selbstkritik abhalten muss. Gleichzeitig drängt sich allerdings der Eindruck auf, dass der Routinier das gerne macht.
„Ich habe jetzt über 700 Spiele. Das heißt, ich habe das Ganze schon über 700-mal gemacht. Nach einem schlechten Spiel sitze ich auch daheim und man fühlt sich kurz wie der größte Versager. Und nach einem anderen Spiel denkt man sich: ‚Ja, warum ist der rote Teppich jetzt nicht bis zum Haus ausgerollt?‘ In diesem Wellenbad der Gefühle bewegen wir uns. Damit muss man zurechtkommen“, so Müller.

FC Bayern muss sich steigern
Der Auftritt gegen Frankfurt ist ein erster Schritt, ob es aber so erfolgreich weitergeht, ist noch fraglich.
In den ganz großen Partien konnten die Münchner in dieser Saison eher selten überzeugen. Bei Aston Villa, in Barcelona und in Rotterdam setzte es Niederlagen. Gegen Leverkusen konnte man in drei Spielen nicht einmal gewinnen.
Müller ist also weiterhin als Psychologe gefragt - auch brüllend und gestikulierend.