Gäbe es einen Bundesliga-Oscar für das größte und traurigste Drama, der VfL Bochum dürfte sich zur Abwechslung mal richtig gute Titelchancen ausrechnen. Der sportliche Abstieg ist brutal, obwohl sie - und dieser Strohhalm bleibt - ja gar nicht abgestiegen sind.
BL-Oscar für das traurigste Drama
Der VfL Bochum ist auf bestem Wege, und eigentlich ist es schon so weit, wieder der VfL Bochum zu werden. Also der von damals. Als sie überregional eigentlich niemanden richtig interessierten und vom coolen und mutigen Ruhrpottklub, zu dem sie sich irgendwann mit guten Ideen und starker Arbeit entwickelten, so weit entfernt waren wie ihr Bermuda-Dreieck, eine Kneipenmeile in der Innenstadt, vom echten Bermuda-Dreieck.
Bochum droht der Verfall in alte Muster
Der VfL Bochum war der Inbegriff der grauen Bundesliga-Maus. Aufstiege, Abstiege, Fahrstuhlmannschaft. Es wäre sehr bitter, wenn das jetzt alles wieder kommt.
Wenn sie in dieser Belanglosigkeit, die lange ihr Zuhause war, wieder verschwinden. Ehrlich gesagt deutet, nach der Trennung von Trainer Peter Zeidler und Sportdirektor Marc Lettau, aber einiges darauf hin. Zeidler, den sie unbedingt wollten im Sommer, hatte gerade sieben Spiele in der Bundesliga gemacht. Nächster, bitte.
Die Kontinuität, die beim VfL eingezogen war, als nacheinander Robin Dutt, Thomas Reis und Thomas Letsch die Mannschaft anführten, als mit Sebastian Schindzielorz ein Sportdirektor über vier Jahre die Entscheidungen verantwortete, hatte dem Verein nicht nur gut gestanden, sondern auch gutgetan. Alle haben, mehr oder weniger, in Ruhe gearbeitet, sportlich setzte der VfL in der Zeit viele Ausrufezeichen.
Der Verein machte große Schritte in den Jahren, entwickelte sich beeindruckend weiter. Auch heute noch gibt es viel Lob in der Branche, für die starke Identität und eine klare Marke, die sie geschaffen haben - im Schatten ihres XL-Nachbarn BVB. Schalke 04, so unglaublich das vor vielen Jahren noch klang, haben die Bochumer überholt. Ob das so bleibt?
Bobic? Bochum braucht Erfahrung
Um gutes Marketing zu machen, ein bedeutender Klub zu sein, mit starken Merkmalen und einzigartigem Charakter - all das hat sich der wachsende VfL erarbeitet -, muss unbedingt die Basis stimmen. Und die ist nur das Sportliche.
Es hat zu viele Vereine zerrissen im Fußball, bei denen schleichend die Konstanz verloren ging, die im Chaos zwischen kurzfristigen Entscheidungen und persönlichen Eitelkeiten irgendwann implodiert sind, um die aktuellen VfL-Entwicklungen, mal wieder ein Neustart, nicht wahnsinnig ernst zu nehmen.
Die Trainersuche, die schon läuft, wird anders als in den vergangenen Jahren. VfL Bochum ist nicht mehr die sportliche Adresse mit Gütesiegel und klarer Struktur. Der Verein wackelt und mit ihr die so wichtige Hierarchie.
Der neue Trainer, der mittelfristig nach den Interimslösungen Markus Feldhoff und Murat Ural übernimmt, sollte eine sehr klare Linie haben und sturmerprobt sein.
Der neue Sportdirektor genauso, eine starke Persönlichkeit. Kein Anfänger, kein Liga-Neuling. Einer wie Fredi Bobic oder Alexander Rosen zum Beispiel. Ob die wiederum auf Bochum setzen würden, dahinter sehen viele Fragezeichen.
Klar ist nur: Das sportliche Drama, von dem für den VfL Bochum so vieles abhängt, wird die ganze Saison andauern. Mindestens.