Liebe Fußball-Freunde,
Das ist Sahins größter Fehler
nach einem wackeligen Heimsieg gegen den FC St. Pauli und einem 2:5 bei Real Madrid spitzt sich die Krise von Borussia Dortmund immer mehr zu. Das 1:2 beim FC Augsburg bedeutet den zwischenzeitlichen Tiefpunkt der bisherigen Sahin-Ära beim BVB, der mit 13 Punkten nach acht Ligaspielen den schlechtesten Saisonstart seit über zehn Jahren in der Bundesliga hingelegt hat.
Rotation als großes BVB-Problem
Natürlich plagen den BVB auch große Verletzungssorgen, die aber nicht als Ausrede für die dürftigen Auftritte gelten dürfen. Vielmehr muss man die Spieler auf dem Platz in die Pflicht nehmen! Die Mannschaft des BVB verfügt über eine extrem hohe Qualität in ihren Reihen, aber wenn sie es nicht schafft, diese über 90 Minuten abzurufen, geht man in Madrid unter und verliert die Spiele in der Bundesliga.
Auswärts hat der BVB diese Saison nur einen einzigen Punkt beim 0:0 in Bremen geholt, das ist eine ganz bittere Bilanz. Sie schaffen es einfach nicht, auf Strecke eine gute Leistung abzurufen. Und hier nehme ich auch Trainer Nuri Sahin in die Verantwortung, der mit seiner permanenten Rotation einen großen Anteil an der Misere mitträgt. Wenn er permanent rotiert, kann sich seine Mannschaft kaum einspielen - ob in der Innenverteidigung oder auf der Doppel-Sechs im Mittelfeld. Das ist das große Problem von Borussia Dortmund.
Eigentlich verfügt der BVB über eine starke Achse, die du benötigst, um Erfolg zu haben. Jede Mannschaft braucht eine gewisse Hierarchie, in der Bundesliga gibt es nicht viele bessere Achsen als die der Schwarz-Gelben. Vor der Saison haben mit Mats Hummels, Marco Reus oder auch Niclas Füllkrug einige Führungsspieler den Klub verlassen, mit Waldemar Anton und auch Pascal Groß sind aber auch wieder neue Leader dazugestoßen.
Auf der Suche nach Führungsspielern
Mit Gregor Kobel oder auch Serhou Guirassy gibt es nur wenige Spieler, die unter Sahin so gut wie immer zum Einsatz kommen. Der Rest wird mehr oder weniger rotiert, aus taktischen Gründen oder Belastungssteuerung. Das Problem, das ich sehe: Wenn du eine starke Achse brauchst, aber permanent rotierst, wie soll sich da die Mannschaft einspielen oder wie sollen sich dann Führungsspieler herauskristallisieren?
Kapitän von Borussia Dortmund ist Emre Can, der unter Sahin allerdings nicht gesetzt ist. Can ist nicht gut genug, um beim BVB unangefochtener Stammspieler zu sein. Aber sollte ein Kapitän nicht immer spielen und vorangehen? Warum er immer noch Kapitän des Klubs ist, kann ich nicht verstehen.
Sahin sollte darauf achten, dass seine Führungsspieler immer spielen. Das ist ein Fehler von ihm, dass er nicht seine Achse hat, die er permanent aufstellt - egal in welchen Spielen. Das ist eine große Baustelle. So wird sich auch nie ein Führungsspieler herauskristallisieren, der auch in schwierigen Zeiten zur Stelle ist.
Beim BVB sehe ich aktuell keinen Spieler, der sich nach schlechten Spielen im Interview klar äußert und die Fehler anspricht. In Leverkusen ist es beispielsweise Granit Xhaka, der wie nach dem 2:2 in Bremen deutlich wird und mit seinen Teamkollegen hart ins Gericht geht. Er stellt sich vor die TV-Kameras und spricht klar an, was ihn stört - das sehe ich bei Dortmund nicht.
Ich würde mir auch wünschen, dass sich die Spieler untereinander auch mal die Meinung geigen, Tacheles miteinander reden und nicht immer nur mit den Finger auf den Trainer zeigen. Der BVB ist auf der Suche nach Führungsspielern.
Rose mit der beste Trainer der Bundesliga
Besser läuft es hingegen für RB Leipzig. Die Sachsen sind auch nach dem Topspiel gegen den SC Freiburg weiterhin ungeschlagen und verfügen mit nur drei Gegentoren nach acht Spieltagen über die beste Defensive der Liga. Hervorheben möchte ich vor allem Trainer Marco Rose, dessen Analysen immer auf den Punkt gebracht sind. Er geht sehr kritisch mit seinem Team um, spricht die Probleme klar an. Auch deshalb ist er für mich mit der beste Trainer, den wir in der Liga haben.
Beim 3:1-Sieg gegen den SC Freiburg wurde einmal mehr die hohe Qualität im Kader Leipzigs deutlich. Trotz der Ausfälle von Xavi Simons oder Nicolas Seiwald verfügt der Kader über unglaubliches Potenzial. Durchaus möglich, dass RB bis zum Ende der Saison um den Titel mitspielen wird.
Barcelona wird Kompany eine Lehre sein
Nach dem 8. Spieltag steht RB punktgleich mit dem FC Bayern an der Tabellenspitze, der sich beim 5:0-Sieg in Bochum keine Blöße gab. Unter der Woche setzte es für die Bayern allerdings eine klare 1:4-Niederlage in Barcelona. Die Katalanen nutzten Bayerns offensive Ausrichtung gnadenlos aus und konterten die Münchner gleich mehrmals aus.
Für mich wurde klar: In diesen großen Spielen wie gegen den FC Barcelona, Real Madrid oder auch Manchester City sollte Vincent Kompany seinen Plan ein bisschen anpassen. Nicht mehr so hoch stehen und früh pressen, sondern auch mal die Spielanteile an den Gegner übergeben und mehr aus der Tiefe kommen. In diesen Spielen müssen sie eine gesunde Mischung finden, um erfolgreich sein zu können. Das Spiel in Barcelona wird auch Kompany eine Lehre gewesen sein.
Stefan Effenberg hat 2001 mit dem FC Bayern die Champions League gewonnen. Mit den Bayern und Borussia Mönchengladbach wurde er zudem mehrmals Deutscher Meister und Pokalsieger. Seit Sommer 2018 gehört der 56-Jährige zum festen Experten-Team des STAHLWERK Doppelpass auf SPORT1.