Thomas Tuchel pflichtete Vorstandschef Jan-Christian Dreesen in jeglicher Hinsicht bei. Das mache „gar nix“ mit ihm, entgegnete Tuchel am Dienstag in Bezug auf Dreesens Worte, „weil er recht hat“.
Muss Tuchel Alonso fürchten?
Dreesen hatte nach der empfindlichen 0:1-Niederlage gegen Werder Bremen die Darbietung der Mannschaft kritisiert. „Wir haben in den ersten 70 Minuten langweiligen Fußball gespielt“, monierte er. Es sei kein Problem, ergänzte Tuchel nun mit zwei Tagen Abstand, „dass Jan seine Meinung sagt, mit der er auch noch recht hat. Dann ist das erst recht kein Problem.“
Doch problematisch werden allmählich die immer mal wieder unverhofft auftretenden Aussetzer in dieser Saison. „Die Erklärungen in puncto Leidenschaft, Biss, Zweikampfverhalten, Enthusiasmus bleiben die gleichen“, erklärte Tuchel gebetsmühlenartig. Im Nachholspiel gegen Union Berlin am Mittwoch fordert er eine Reaktion seines Teams. „Das wird immer die Basis für jedes Fußballspiel bleiben, das ich verantworte. Und das wird immer die Basis für ein gutes Spiel bleiben, dass diese Tugenden ganz klar zu erkennen sind.“
Direktes Duell mit Leverkusen wird zum Schlüsselspiel
Gleichzeitig geht es auch darum, den Kontakt zum schon jetzt bis auf sieben Punkte enteilten Spitzenreiter Bayer Leverkusen nicht gänzlich abreißen zu lassen. Weil Leverkusen unter Xabi Alonso weiter fleißig punktet, hat Tuchel mit den Bayern aktuell die Meisterschaft nicht mehr in den eigenen Händen.
Das direkte Duell am 10. Februar wird daher zum Schlüsselspiel. Im Falle einer Niederlage wird der Weg zur zwölften Meisterschaft in Serie immer weiter. Und die Gefahr einer titellosen Bayern-Saison - der ersten seit 2012 - immer größer. Und was wird dann aus Tuchel?
Von der Punktausbeute spielen die Bayern eigentlich eine ordentliche Saison, nach 17 Spielen stand der Rekordmeister in den vergangenen fünf Jahren nur einmal besser da. Doch die überragende Punkteausbeute des noch immer ungeschlagenen Spitzenreiters aus Leverkusen lässt die Ausrutscher der Bayern noch heftiger ins Gewicht fallen.
Unerklärliche Bayern-Blackouts
Bayern-Blackouts in Frankfurt (1:5), gegen Bremen (0:1) oder auch im Pokal in Saarbrücken (1:2) traten dabei unerwartet auf und blieben auch in ihrer Analyse ein Stück weit unerklärlich. Tuchel selbst wirkte auch am Sonntag ratlos und zunehmend genervt. „Ich habe auch keine Lust mehr zu sagen, dass wir gut trainieren. Das glaubt mir ja keiner mehr“, haderte der Trainer. Tuchels Punkteschnitt liegt nur noch bei 2,11 (38 Pflichtspiele) und ist unter den seines Vorgängers Julian Nagelsmann gerutscht (2,31 Punkte in 84 Pflichtspielen).
Vor dem Spiel gegen Union werde der Schalter „auf keinen Fall einfach umgelegt“, erklärte Tuchel, „weil das nicht leicht und nicht einfach ist. Wir sind uns der Ausgangslage sehr deutlich bewusst und der Luft, die da nach oben ist.“
Während die Bayern also weiter nach dem Weg zurück zum eigenen erfolgreichen Selbstverständnis suchen, trotzt Alonso mit Leverkusen gerade allen Widerständen - und kopierte sogar zuletzt mit Last-Minute-Toren den berühmten „Bayern-Dusel“.
Es ist kein Geheimnis, dass die Bayern Alonsos erfolgreiche Arbeit in Leverkusen ganz genau beobachten. „Sie verdienen großen Respekt, weil sie wirklich attraktiven Fußball spielen“, schwärmte Karl-Heinz Rummenigge erst im Herbst in einem Funke-Interview. „Für mich ist es überhaupt keine Überraschung, dass er jetzt diesen Erfolg hat.“
Rummenigge wünscht sich Alonso-Rückkehr
Rummenigge machte schon in der Vergangenheit keinen Hehl aus seiner Verehrung für Alonso, der 2017 bei den Bayern seine aktive Karriere beendet hatte. „Er war der klügste und beste Stratege, den ich je bei uns im Mittelfeld gesehen habe. Meiner Meinung nach müssen wir uns bemühen, dass er irgendwann nach München zurückkehrt“, sagte Rummenigge bereits 2019.
Im März vergangenen Jahres verriet der frühere Bayern-Vorstandsvorsitzende, dass Alonso sogar fast zu Zeiten von Niko Kovac nach München zurückgekehrt wäre. „Uli Hoeneß und ich hatten überlegt, ihn als Co-Trainer zu Bayern München zu holen“, sagte er der tz. „Das hat damals nicht funktioniert.“
Nicht auszuschließen, dass Alonso nun in absehbarer Zeit wieder ein Thema in München werden könnte. Eine Rolle könnte auch Bayerns designierter Sportvorstand Max Eberl spielen, der - wie Sky kürzlich berichtete - Ende Februar vom Aufsichtsrat grünes Licht für ein Engagement beim FCB erhalten soll. Eberl versuchte bereits 2021 in seiner Funktion als Sportdirektor bei Borussia Mönchengladbach, Alonso als Trainer zu verpflichten. „Ich habe damals mit Max Eberl gesprochen“, bestätigte Alonso später in einem RTL-Interview.
Wohin führt Alonsos Weg?
Alonso selbst betont immer wieder, sich nur auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. Seinen Vertrag bei Bayer Leverkusen verlängerte der Baske im August bis 2026. Allerdings schrieb damals schon die Sport Bild, dass Alonso bestimmen könne, wann er gehe.
Sein Vertrag soll laut SZ zudem eine Ausstiegsklausel in Höhe von 15 bis 18 Millionen Euro im Falle eines konkreten Interesses seitens seines Ex-Klubs Real Madrid beinhalten. Nach der Verlängerung von Carlo Ancelotti dort scheint Real für Alonso allerdings vorerst keine ernsthafte Option zu sein.
Wie Alonsos Weg weitergeht, wurde auch schon Tuchel vor dem Duell in der Hinrunde gefragt. „Das wird er komplett selbst entscheiden“, meinte der Bayern-Coach, „aber der Weg wird sehr erfolgreich weitergehen.“ Vor allem wo dieser Weg weitergeht, bleibt eine spannende Frage.