Daniel Jensen hat mit Werder Bremen noch in der Champions League gespielt.
Werner? BVB „schaut sicher hin“
Von 2004 bis 2011 trug der Däne das Trikot der Grün-Weißen. 2009 gewann er mit den Bremern den DFB-Pokal. Heute ist er in seiner Heimat als Berater tätig.
Vor dem ersten Pflichtspiel der Bremer im Jahr 2023 am Samstag beim 1. FC Köln (Bundesliga: 1. FC Köln - Werder Bremen, 18.30 Uhr im LIVETICKER) spricht Jensen im SPORT1-Interview über seine Zeit am Weserstrand, Werders Trainer Ole Werner und gibt Niclas Füllkrug einen Rat. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Bundesliga)
SPORT1: Herr Jensen, Sie sind nach Ihrer aktiven Laufbahn Berater geworden. Wie gefällt es Ihnen in dem Job? Diese Branche hat nicht nur Fürsprecher?
Daniel Jensen: Ich bin gut in dem Job angekommen. Das war anfangs gar nicht so leicht. Ich war viele Jahre Profifußballer und da war der Übergang in den Berater-Job schon extrem hart. Ich mache das seit 2017 und arbeite zusammen mit meinem Bruder und Freunden von uns. Ich betreue hauptsächlich junge Spieler aus Dänemark, Schweden und Norwegen. Wir freuen uns jeden Tag auf die Herausforderungen in dem Job. (DATEN: Spielplan der Bundesliga)
SPORT1: Das FIFA-Council hat im Dezember ein neues Reglement beschlossen, das „einen wichtigen Schritt zu einem faireren und transparenteren Fußballtransfersystem“ markiert. Unter anderem müssen Spielervermittler künftig eine FIFA-Lizenz erwerben, um offiziell am Markt agieren zu dürfen.
Jensen: Ja, ich habe davon gehört und das befürworte ich. Für unsere Agentur ist das toll. Wir setzen sehr auf Transparenz mit unseren Spielern. Es gibt in dieser Branche natürlich auch Berater, die gefährlich sind für das Geschäft. Wenn man sich im Umgang mit anderen ordentlich verhält und korrekt arbeitet, dann ist diese neue Regel gar kein Problem. Für uns ist das wie gesagt gut, weil jetzt noch mehr aufgepasst wird. Transparenz ist so wichtig. Wir haben das immer so gemacht. Die FIFA hat immer neue Regeln festgelegt. Und schwarze Schafe gibt es leider in jeder Branche.
SPORT1: Lassen Sie uns über Werder Bremen sprechen. Sie haben sieben Jahre für diesen Verein gespielt. Wie blicken Sie zurück?
Jensen: Das war die beste Zeit für mich als Profi. Wir haben in dieser Zeit viel erreicht und durch den Erfolg hatten wir natürlich jede Menge Spaß in der Truppe. Ich glaube wir haben fünf Jahre Champions League gespielt. Das war nicht normal. Für alle Bremer waren das glorreiche Zeiten. In den vergangenen Jahren hatte Werder sportlich leider viele Probleme und ich hoffe, dass der Verein jetzt wieder auf dem richtigen Weg nach vorne ist.
SPORT1: Sie hatten in der ganzen Zeit nur Thomas Schaaf als Trainer.
Jensen: Richtig. Und das war auch gut. Thomas Schaaf habe ich als feinen Menschen und richtig guten Trainer in Erinnerung. Ich denke gern an die gemeinsame und erfolgreiche Zeit mit ihm zurück.
Ole Werner? „Der BVB wird sicher auf ihn schauen“
SPORT1: Welche Meinung haben Sie über Ole Werner? Er scheint ähnlich gut zu Werder zu passen wie einst Thomas Schaaf.
Jensen: Das sehe ich auch so. Werner passt zu Werder wie die Bremer Stadtmusikanten zu Bremen. (lacht) Werner kann eine neue Ära einleiten. Er kam in der 2. Liga und hat gleich eine starke Serie hingelegt. Das Vertrauen in ihn hat sich bisher ausgezahlt. Es war goldrichtig, Werner zu holen. Seine Art kommt an und das ist für einen Trainer ganz wichtig. Die Spieler geben 100 Prozent für Werner.
SPORT1: Glauben Sie, dass Werner das Potenzial hat, auch mal einen größeren Klub zu trainieren?
Jensen: Na klar. Ich hoffe aber, dass Werner erstmal einige Jahre bei Werder bleiben wird. Er hat so viel Potenzial, um seine Mannschaft weiterzuentwickeln. Das kann er in Bremen zeigen. Wenn er bei Werder zwei, drei Jahre bleiben und in Ruhe arbeiten kann, den Klub vielleicht wieder nach Europa führen kann, dann dürfte der nächste Schritt ein größerer Verein sein. Was Werner bisher geleistet hat, ist außergewöhnlich. Der Weg zum BVB wäre für mich denkbar. Die Dortmunder werden sicher auf ihn schauen, wenn er weiter so tolle Arbeit abliefert.
Jensen und seine Werder-Kollegen: „Haben uns nicht aus den Augen verloren“
SPORT1: Gab es einen Lieblings-Kollegen bei Werder?
Jensen: Natürlich war es schön, mit Leon Andreasen auch einen Dänen in der Mannschaft zu haben. Wir haben viel miteinander gemacht. Das hat super gepasst mit ihm. Ich war aber auch mit Ivan Klasnic auf einer Wellenlänge. Er ist auch ein super Typ, wir haben weiter guten Kontakt. Auch mit Naldo, Clemens Fritz, Frank Baumann und Per Mertesacker habe ich mich gut verstanden. Wir haben uns nicht aus den Augen verloren, wie es im Fußball leider oft so ist nach einer Karriere. Es ist immer wieder schön, wenn ich mit den Jungs telefoniere oder wir uns sehen.
SPORT1: Clemens Fritz ist bei Werder Leiter der Scouting-Abteilung und Frank Baumann seit Jahren Geschäftsführer Sport. Beide haben Werder-DNA, oder?
Jensen: Absolut. Ich finde, Frank macht das schon seit vielen Jahren sehr gut, wurde oft zu unrecht kritisiert und Clemens hat sich Stück für Stück nach oben gearbeitet. Beide tragen den Klub im Herzen und treffen gemeinsam wichtige Entscheidungen. Da wurde ein guter Kader zusammengestellt. Es gibt nur einen Kritikpunkt: Sie haben keinen Spieler von mir genommen. Das ist natürlich nicht gut. (lacht)
SPORT1: Erinnern Sie sich noch an ein lustiges Kabinen-Erlebnis damals bei Werder?
Jensen: Es gab viele lustige Geschichten und Momente in der Kabine. Wir haben nach dem Training oder nach den Spielen lange im Entmüdungsbecken gesessen, Blödsinn gemacht und uns gegenseitig auf die Schippe genommen. Wir waren wirklich gute Typen in der Truppe, es hat riesig Spaß gemacht.
SPORT1: Wie beurteilen Sie die bisherige Saison von Werder?
Jensen: Aktuell sieht man, dass die Verantwortlichen und die Mannschaft an einem Strang ziehen und es keine Unruhe gibt. Platz neun ist für einen Aufsteiger top. Ich bin vor dieser Saison davon ausgegangen, dass es für Werder richtig schwer werden würde, um in der Liga zu bleiben. Aber mit Ole Werner hat man nach dem Aus von Markus Anfang einen sehr guten Trainer geholt. Er hat seine Philosophie durchgesetzt und die Spieler haben das verstanden. Sie scheinen ihn voll und ganz angenommen zu haben und folgen ihm.
SPORT1: Und wie sehen Sie die Qualität im Team?
Jensen: Die Einzelspieler gehören sicher nicht zu den besten in der Bundesliga, aber zusammen im Kollektiv haben sie das bisher sehr gut gemacht. Das Gesamtbild bei Werder ist wieder total positiv. Man hat natürlich mit Füllkrug einen ganz wichtigen Spieler im Team. Auch Marvin Ducksch ist ein guter Spieler. Beide harmonieren gut miteinander. In diesem Jahr zählt nur der Klassenerhalt und es sieht so aus, dass Werder das schaffen kann.
„Hat sich gelohnt, dass Füllkrug nie den Kopf in den Sand gesteckt hat“
SPORT1: Wie nehmen Sie den Hype um Füllkrug wahr?
Jensen: Ich freue mich für den Jungen. Das geht so schnell im Fußball. Füllkrug ist plötzlich der gefeierte Star. Manchmal brauchst du nur drei, vier Monate und dann lieben Dich alle. Füllkrug hat das richtig gut gemacht. Er hat in der Vorrunde starke Leistungen gezeigt und war dann bei der Weltmeisterschaft in Katar dabei. Da haben alle hingeschaut und er hat den perfekten Moment erwischt, als er im Spiel gegen Spanien rein kam und gleich sein Tor gemacht hat. Er war in der Vergangenheit oft verletzt, aber er hat das immer weggesteckt und sich gut entwickelt. Er hat sich in Bremen durchgesetzt und plötzlich gibt es diesen Hype um ihn. Es hat sich also gelohnt, dass er nie den Kopf in den Sand gesteckt hat.
SPORT1: Glauben Sie noch an einen Wechsel im Winter? Was würden Sie ihm raten?
Jensen: Ich denke, er wird Werder im Sommer verlassen. Als Berater sage ich: wenn Füllkrug die Chance hat zu wechseln, dann muss er das machen. Jetzt oder nach dieser Saison. Fußball ist schwarz/weiß und diesen Hype sollte Füllkrug für sich nutzen. Wenn er schon im Winter gehen sollte, kriegt Werder noch ordentliches Geld für ihn. Dann muss Baumann Füllkrug verkaufen. Er kann anschließend ja einen Spieler von mir kaufen. (lacht) (DATEN: Ergebnisse der Bundesliga)
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SPORT1: Hätten Sie Füllkrug diesen Karrieresprung zugetraut?
Jensen: Nein. Das habe ich nicht erwartet. Er hatte in der Vergangenheit einfach zu viele Verletzungen. Dass er auf diesem Niveau nochmal so zurückkommen kann, war wirklich nicht abzusehen. Vor einem Hahr hätte keiner geglaubt, dass er Nationalspieler sein wird. Und das meine ich gar nicht böse. Er hätte das wahrscheinlich selbst nicht gedacht. Wenn ich mit Baumann über Füllkrug gesprochen habe, hat er sich immer positiv über den Jungen geäußert. Er hat an ihn geglaubt. Das wurde in dieser Saison belohnt.
SPORT1: Füllkrug hat kürzlich seinen Berater gewechselt. Bei einem Beraterwechsel wird häufig darüber spekuliert, ob er von einem Vereinswechsel des Spielers gefolgt sein könnte. Er selbst sagte, dass er im Sommer zu einem Topklub möchte. Wie sehen Sie die Lage?
Jensen: Das mit dem Beraterwechsel kann sicher ein Zeichen für eine Veränderung sein. Beide Vereine wären bestimmt gut für Füllkrug. Diese Klubs haben das in den vergangenen Jahren ordentlich gemacht. Die Bayern werden ihn nicht holen. Ich fände es gut, wenn er noch ein halbes Jahr in Bremen bleibt.
SPORT1: Am Samstag startet Werder im Abendspiel beim 1. FC Köln in die Rückrunde. Wie schwer wird es?
Jensen: Es wird sicher schwer in Köln, aber vielleicht kann Füllkrug gleich wieder etwas ausrichten. Werder muss am Samstag an seine Stärken glauben, dann kann sicher auch gleich ein Auswärtssieg dabei rauskommen.
SPORT1: Das Ziel für Werder heißt Klassenerhalt. Darf es am Ende aber vielleicht sogar ein bisschen mehr sein?
Jensen: Natürlich ist mehr drin, wenn es weiter so konstant gut läuft wie zuletzt oder wenn man noch etwas mehr draufpacken kann. Aber wenn ich ganz ehrlich bin, dann dürfte der Klassenerhalt das sein, womit jeder in Bremen zufrieden ist. Die Europa League ist eher unrealistisch. Das käme noch zu früh. In Bremen soll man auf dem Boden bleiben, die zurückliegenden Jahre waren schlimm genug.