Die Idee, in der Bundesliga Playoffs einzuführen, um die Spannung und damit die Attraktivität des Wettbewerbs zu erhöhen, kursiert schon seit einigen Jahren.
Findet bei Bayern ein Umdenken statt?
In der Debatte wagte die neue Liga-Chefin Donata Hopfen vor wenigen Tagen einen Vorstoß. „Die Liga wäre natürlich attraktiver, wenn sie mehr Wettbewerb an der Spitze hätte. Wenn uns Playoffs helfen, dann reden wir über Playoffs“, erklärte die 45-Jährige in der Bild am Sonntag. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Bundesliga)
Auch Michael Reschke hat sich mehrfach für einen neuen Modus in Deutschlands höchster Fußballliga ausgesprochen. Erst kürzlich hat der Spielerberater, von 2014 bis 2017 technischer Direktor beim FC Bayern, in der ran Bundesliga-Webshow seinen Vorschlag erneuert.
„Jedes zweite Jahr – also in den Nicht-WM- und Nicht-EM-Jahren – beenden wir die Saison mit einem Playoff. Das Ganze in einer kurzen, knackigen Form. Der Erste spielt ein Halbfinale gegen den Vierten und hat selbstverständlich Heimrecht. Der Zweite spielt gegen den Dritten und dann gibt es ein Finale“, lautete Reschkes Vorschlag. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der Bundesliga)
FC Bayern offen für Bundesliga-Playoffs?
In einer Umfrage des Fachmagazins kicker zeigte nun sogar der FC Bayern München seine Bereitschaft zur Prüfung der Idee - und sorgte damit für reichlich Aufsehen.
Denn: Die Begeisterung über derartige Pläne hatten sich in München in der Vergangenheit stark in Grenzen gehalten.
So hatte sie etwa Uli Hoeneß 2018 klar gegen die Einführung von Playoffs ausgesprochen. Der Ex-Bayern-Präsident hatte damals gegenüber der Süddeutschen Zeitung deutlich gemacht, dass „der Kampf im Fußball in 34 Spielen zum großen Teil schwieriger“ sei.
Außerdem würde eine Titel-Entscheidung über Playoffs „die gute Arbeit, die der FC Bayern macht, konterkarieren“, hatte der gebürtige Ulmer gesagt. Stattdessen hatte er an die Konkurrenz appelliert: „Ich glaube einfach, dass die anderen Vereine besser arbeiten müssen. Wir haben ja beim FC Bayern nicht einen besonderen Mäzen, der uns Geld schenkt. Oder eine Erbtante aus Amerika. Wir haben uns das in 40 Jahren hier erarbeitet.“
Eine Änderung des Wettbewerbsmodus wäre daher aus Hoeneß' Sicht „einfach total unfair.“
Neuer gegen Modusänderung in der Bundesliga
Auch Ex-Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge sieht andere Vereine in der Diskussion um die Wettbewerbsfähigkeit der Bundesliga bei einem Dauer-Meister wie dem FCB in der Pflicht.
Bei SPORT1 hatte er im November erklärt: „Man kann dem FC Bayern keinen Vorwurf machen. Die anderen müssen ganz einfach versuchen, zu attackieren, um irgendwann einmal das zu erringen, was zurzeit sicherlich nicht einfach ist, nämlich den FC Bayern vom Thron zu stoßen.“
Aus Spielerreihen wurden in der Vergangenheit ebenfalls bereits Einwände laut. Manuel Neuer hatte sich 2018 nach einem Spiel gegen Playoffs in der Bundesliga ausgesprochen.
„Diese Idee finde ich nicht gut, weil die Bundesliga auch eine Tradition hat. Sie besteht schon so lange. Zudem ist es der ehrlichste Titel, den man gewinnen kann. Daher sollte man den Wettbewerb nicht verzerren“, so der Bayern-Keeper.
Umdenken beim FC Bayern?
Doch plötzlich präsentiert der FC Bayern eine ganz andere Haltung.
„Ich finde es spannend, über neue Modelle wie Playoffs für die Bundesliga nachzudenken“, sagte Bayerns Vorstandschef Oliver Kahn: „Ein Modus mit Halbfinals und Finale würde Spannung für die Fans bedeuten. Es macht also Sinn, so einen Gedanken durchzuspielen.“
Hat bei den Bayern etwa ein Umdenken stattgefunden?
Kahns Offenheit für die Gedankenspiele ist wegen Münchens Führungsrolle im deutschen Fußball nicht selbstverständlich. (DATEN: Die Tabelle der Bundesliga)
Holzhäuser: Kahns Worte „ein sehr gutes Zeichen“
„Die Äußerungen von Oliver Kahn bestätigen mir, was ich schon immer wusste: Unterm Strich hat der FC Bayern immer an die Gemeinschaft gedacht. Für mich ist es ein sehr gutes Zeichen, wenn der Vorstandsvorsitzende des unumstrittenen Marktführers Playoffs positiv betrachtet, denn das gibt der Diskussion viel Rückenwind“, meinte der ehemalige DFL-Boss Wolfgang Holzhäuser, ein langjähriger Befürworter von Playoffs, bei Spox und Goal.
Der frühere Geschäftsführer von Bayer Leverkusen weiter: „Und das, obwohl man als Abonnementsmeister wohl am ehesten von Playoffs benachteiligt sein könnte. Aber auch der FC Bayern hat erkannt, dass die Zeit reif ist, über Änderungen nachzudenken, weil der deutsche Fußball sonst auf dem Weg in die internationale Zweitklassigkeit ist.“
Durch eine Modusänderung würde der Rekordmeister, der in den vergangenen neun Jahren nacheinander immer den Titel holte, künftige Erfolge wenigstens nicht mehr schon Wochen vor Saisonende einfahren können.
Nagelsmann sieht Gefahr für Bundesliga
Bayern-Coach Julian Nagelsmann zeigte sich ebenfalls „immer offen und bereit, Diskussionen zu führen“. Der 34-Jährige betonte auf einer Pressekonferenz vor drei Wochen: „Ich empfinde das nicht als Angriff auf die Dominanz des FC Bayern.“
Allerdings ist sich Nagelsmann unsicher, ob Playoffs tatsächlich für einen spannenderen Meisterkampf sorgen würden. Vielmehr fürchtet der Landsberger, dass das allgemeine Bundesliga-Niveau darunter leiden könnte.
„Man muss nur aufpassen, dass man den Sport nicht inflationär oft im Fernsehen sieht. Mehr Spiele dürfen es nicht werden“, so Nagelsmann, der ohnehin davon ausgehe, „dass wir als Bayern München uns in den Playoffs trotzdem durchsetzen könnten, um Meister zu werden.“
Nagelsmann glaubt nicht an baldige Änderungen
In München zeigt man sich augenscheinlich offener gegenüber einer Bundesliga-Revolution als noch vor einigen Jahren. Aber ist der derzeitigen Aufgeschlossenheit wirklich zu trauen?
Klar ist: Dass eine Playoff-Einführung nicht von heute auf morgen geschehen würde, weiß man auch an der Säbener Straße.
Nagelsmann erklärte: „Selbst wenn die Playoffs kämen, würde bis dahin noch sehr viel trinkbares Wasser aus dem Mangfalltal die Isar herunterfließen. Die Erfahrung zeigt, dass Veränderungen in der Fußball-Welt nicht ganz so schnell vonstattengehen.“
Holzhäuser glaubt, „dass durch die Äußerungen von Oliver Kahn und zuvor schon Donata Hopfen jetzt eine Diskussion in Gang kommen wird, die losgelöst von Zorn und Eifer objektiv geführt werden kann.“