Prellungen gehören zu den häufigsten Sportverletzungen. Besonders bei Kontaktsportarten wie Fußball, Handball oder Eishockey ist sie ein schmerzhafter Begleiter. Oft ist im Sport vom sogenannten "Pferdekuss" die Rede. Aber was genau verbirgt sich eigentlich dahinter?
Prellung - SPORT1 klärt auf
SPORT1 erklärt die Prellung mit seinen typischen Symptomen und Ursachen. Dazu gibt SPORT1-Experte Dr. med. Florian Dreyer Tipps zur Behandlung und Vermeidung.
Für den schnelle Leser
- Was steckt hinter der Prellung? Quetschung des Gewebes
- Was sind die Symptome? Schmerzen, Schwellung, Bewegungseinschränkung, Bluterguss
- Was sind die Ursachen? stumpfe Gewalteinwirkung (Schlag, Sturz)
- Wie läuft die Diagnose? Anamnese, körperliche Untersuchung
- Wie läuft die Behandlung? Erste Hilfe nach der sogenannten PECH-Regel
- Wer ist der Ansprechpartner? Orthopäde
- Wie ist die Prognose? Genesungszeit innerhalb weniger Tage bei leichter Prellung, zwei Wochen bei starker Prellung
Symptome
Bei einer Prellung - in der Medizin auch Kontusion genannt - handelt es sich um eine Quetschung der Blut- und Lymphgefäße unter der Haut. Es kommt zu einer Einblutung in das umliegende Gewebe, einer Schwellung. Bewegungen sind nur noch unter Schmerzen möglich. Später entsteht an der betroffenen Stelle ein Bluterguss. Zudem ist eine Einschränkung der Beweglichkeit des Gelenks möglich.
Im Normalfall entsteht eine Prellung durch eine stumpfe Gewalteinwirkung - also einen Schlag von außen oder einen Sturz. Die Kontusion ist eine sogenannte stumpfe Verletzung, da sie ohne offene Wunden oder Blutungen an der Haut einhergeht. Abhängig davon, welches Körperteil betroffen ist, unterscheidet man zwischen drei Arten der Kontusion: Die Gelenkprellung, die Knochenprellung und die Muskelprellung. Die Symptome sind in allen drei Fällen gleich.
Bei schweren Prellungen können Blutergüsse zu einer länger anhaltenden Drucksteigerung der betroffenen Körperregion führen. Die Gefahr: Es kann sich ein Kompartmentsyndrom entwickeln. Muskeln sind von einer Hülle - der Faszie - umgeben, die nur wenig dehnbar ist. Entsteht also ein erhöhter Druck auf die Muskelfasern, der Nerven und Blutgefäße zusammendrücken, kommt es zu einer Durchblutungsstörung.
"Das Kompartmentsyndrom tritt typischerweise am Unterschenkel auf, weil hier die Kompartments sehr eng sind. Beim Oberschenkel ist es selten, da mehr Platz ist und sich eine Einblutung besser verteilt", erklärt Dr. Dreyer. Ein Auto fährt mit dem Nummernschild gegen einen Fußgänger - so sehe ein typischer Unfallmechanismus aus.
"Wenn es zu einer Einblutung kommt, haben Nerven und Muskeln in dem Kompartment keinen Platz mehr, um sich auszudehnen. Das erzeugt ein Kompartmentsyndrom. Wenn man weiß, dass man da gefährdet ist, wie es bei Fußballern der Fall ist, ist ein Schutz mit beispielsweise Schienbeinschonern ratsam", erläutert der Olympiaarzt.
Symptome im Überblick
- Schmerzen
- Schwellung
- Bewegungseinschränkung des Gelenks
- Funktionseinschränkung des betroffenen Muskels
- Bluterguss
Ursachen
Einer Prellung liegt meist eine stumpfe Gewalteinwirkung zugrunde. Im Sport handelt es sich um einen Schlag oder Tritt des Gegenspielers oder einen Zusammenstoß. Besonders häufig kommt die Kontusion bei Sportarten mit viel Körperkontakt vor. Im Fußball, Handball oder Eishockey entstehen viele Zweikämpfe, die auch mal in einer schmerzhaften Prellung enden können.
Nicht selten wird im Sport der Begriff "Pferdekuss" verwendet - die umgangssprachliche Bezeichnung für eine Kontusion, meist im Oberschenkel. Ein Pferdekuss entsteht, wenn beispielsweise ein Spieler seinen Gegenspieler mit dem Knie am Oberschenkel trifft. Eine Fortführung der sportlichen Aktivität ist in der Regel aufgrund der Schmerzen und Bewegungseinschränkung nicht mehr möglich.
Aber auch im Alltag sind Prellungen keine Seltenheit. Ursache sind häufig Stürze, besonders gefährdet sind Menschen höheren Alters. Etwa jede dritte Person im Alter über 65 Jahre stürzt mindestens einmal im Jahr. 80 Prozent dieser Stürze führen zu Prellungen, Schürfwunden oder sogar Knochenbrüchen.
Ursachen im Überblick
- stumpfe Gewalteinwirkung von außen (Schlag, Tritt, Stoß, Zusammenprall)
- Sturz
Diagnose
Bei einer einfachen Prellung ist ein Arztbesuch nicht notwendig, da die Verletzung innerhalb weniger Tage von alleine heilt. Bei einer starken Prellung oder anhaltenden Beschwerden ist der Gang zum Arzt allerdings empfehlenswert.
Anhand der Anamnese und körperlichen Untersuchung kann der behandelnde Mediziner eine Kontusion diagnostizieren. Auch eine Schwellung und ein Bluterguss deuten auf diese Verletzung hin.
Eine Prelllung am Knochen kommt insbesondere an Körperstellen vor, die nur von einer dünnen Hautschicht umgeben sind. Das ist etwa am Schienbein, an den Rippen und am Kopf der Fall. Besteht die Vermutung, dass es sich nicht nur um eine oberflächliche Verletzung, sondern um einen Fraktur des Knochens handelt, wird der Doktor eine Röntgenuntersuchung heranziehen. Um weitere Verletzungen an den Bändern auszuschließen, kann auch eine Magnetresonanztomografie (MRT) oder ein Ultraschall angeordnet werden.
Auch innere Organe können von einer Prellung betroffen sein. Sie sind zwar seltener, aber sehr ernst zu nehmen und sollten unbedingt von einem Arzt untersucht werden.
Wie behandelt man eine Prellung?
Direkt nach der Prellung sollte die betroffene Stelle nach dem PECH-Schema mit Erste-Hilfe-Maßnahmen behandelt werden.
Die PECH-Regel
P-ause: Direkt nach dem Unfall mit dem Sport aufhören
E-is: Das betroffene Körperteil kühlen
C-ompression: Einen Druckverband um die betroffene Stelle wickeln
H-ochlagerung: Das betroffene Körperteil hochlagern
Wichtigste Grundvoraussetzung der Therapie ist ein sofortiges Ende der sportlichen Aktivität. Anschließend sollte ein elastischer Druckverband angelegt und die Stelle gekühlt werden, um die Blutzufuhr und damit die Schwellung zu reduzieren. Optimal ist eine Kombination aus einer Kompression und Kühlung, beispielsweise mit einem kalten Umschlag. Auch eine Hochlagerung des betroffenen Bereichs führt zu einer Verringerung der Schwellung und ist laut Dr. Dreyer ungemein wichtig.
"Die Schwellung kann nur der Schwerkraft folgen und sie muss zum Herzen hinfließen. Wenn also das Herz höher liegt, als der große Zeh, fließt die Schwellung erstens nicht weg und zweitens staut sich alles, weil die Abflusswege zusammengedrückt werden." Dadurch würde sich das Abschwellen deutlich verzögern.
Zusätzlich zu den Maßnahmen der Erstversorgung können bei starken Schmerzen entzündungshemmende Schmerzmittel wie Ibuprofen eingenommen werden. Ein Verband mit Salbe, die gegen Schwellungen hilft und schmerzlindernde Wirkstoffe enthält, ist sinnvoll.
Nach einer Prellung ist es nicht ratsam, mit Massagen zu arbeiten, da der Abfluss von Blut und Lymphe verhindert werden kann. Im schlimmsten Fall kann der Körper diese nicht mehr abtransportieren und es kommt zu einer Verkalkung des Blutergusses. Auch eine Behandlung mit Wärme sollte vermieden werden. Diese weitet die Gefäße, wodurch eine stärkere Durchblutung und somit eine Ausdehnung der Schwellung und des Hämatoms hervorgerufen wird.
Auch das Kühlen nach der Frühphase wird kontrovers diskutiert. "Nach 20 Minuten ist es eher so, dass sich die Gefäße zusammen ziehen. Wenn das Eis weg ist, gehen sie wieder auf und es schwillt erst recht an", so Dr. Dreyer. Er rät nach der Frühphase eher dazu, nur ein bis zwei Minuten in Eiswasser zu verweilen - und das mehrfach im Wechsel.
Hausmittel zur Behandlung einer Prellung
Einige Hausmittel haben sich als echte Wundermittel herausgestellt, um die Beschwerden nach einer Prellung zu lindern. "Sie können eine Entzündungshemmung und einen einen Abtransport optimieren", weiß Dr. Dreyer und findet: "Das kann nicht schaden."
Franzbranntwein hat dank des enthaltenden Alkohols eine kühlende und abschwellende Wirkung. Die verletzte Stelle kann mehrmals am Tag damit eingerieben werden. Ein Quarkwickel überzeugt mit ähnlicher Wirkung: Durch die Milchsäure öffnen sich die Hautporen, die Säure kann ich das Gewebe eindringen und einen Reiz erzeugen, welcher die Durchblutung anregt. Entzündungsstoffe werden aus dem Gewebe gezogen und in den Quark abgeleitet.
Auch Retterspitz wirkt entzündungshemmend und schmerzlindernd. Einfach das Mittel aus der Apotheke zu gleichen Teilen mit Wasser mischen und ein Tuch darin tränken. Dieses anschließend um die Prellung legen und für circa zwei Stunden einwirken lassen.
Prävention
Einige Grundregeln zur Prävention von Sportverletzungen besitzen allgemeine Gültigkeit. So ist es beispielsweise elementar, sich vor dem Sport ausreichend aufzuwärmen. Erst, wenn die Muskelfasern eine gewisse Temperatur erreicht haben, werden sie ausreichend geschmeidig und elastisch.
Gerade was Prellungen betrifft, ist das richtige Equipment unverzichtbar. Eishockeyspieler machen es vor: Bei Sportarten mit extremen Körperkontakt und vielen Fouls sollte eine Schutzausrüstung unumgänglich sein.
Trotzdem stellen Verletzungen ein großes Problem im Eishockey dar. Häufig handelt es sich um Prellungen, Verstauchungen und Schnittwunden.
Aber auch im Fußball schützen sich die Kicker mit Schienbeinschonern vor blauen Flecken und schlimmeren Verletzungen.
"Wade der Nation" - Wie eine Prellung Ballacks WM gefährdete
Dass sich eine Prellung nicht immer innerhalb weniger Tage aus der Welt schaffen lässt, beweist das Waden-Drama von Michael Ballack bei der Weltmeisterschaft 2006. Die Verletzung ging als "Wade der Nation" in die Geschichte ein. Tagelang waren der angeschlagene Kapitän und sein Unterschenkel Thema Nummer eins in den deutschen Medien.
Ballack verpasste bei der heim-WM aufgrund einer Verhärtung in der Wade das Eröffnungsspiel gegen Costa Rica. Erst 36 Stunden nach einem Spiel bemerkte er seine Verletzung. Zwar schaffte es Mannschaftsarzt Dr. Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt den Mittelfeldmann noch rechtzeitig fit zu kriegen, das Risiko war Bundestrainer Jürgen Klinsmann aber doch zu groß - Ballack verfolgte das Duell als Zuschauer.
Beim Fußball als Kontaktsportart machen Prellungen laut einem Bericht der Universität Ulm mit 50 Prozent den größten Anteil der Verletzungen aus. Insbesondere während eines Spiels werden vermehrt Prellungen verzeichnet, während es innerhalb Trainingseinheiten eher zu Dehnungen oder Zerrungen des Bandapparates kommt. Das kann durch das aggressivere Zweikampfverhalten bei Spielen mit Wettkampfcharakter gegenüber reinen Trainingseinheiten erklärt werden.
Dr. med. Florian Dreyer ist Facharzt für Orthopädie und leitender Oberarzt im Zentrum für Fuß- und Sprunggelenkchirurgie der Schön Klinik München Harlaching. Neben der Durchführung von über 3500 Operationen an Fuß und Sprunggelenk werden hier in einem der weltweit größten Schwerpunktzentren internationale Sportler aus Breiten-, Leistungs- und Spitzensport mit medizinischen Fragestellungen zu Fuß und Sprunggelenk betreut und versorgt. Seit 2007 betreut er die Bob- und Skeleton-Nationalmannschaft des Bob- und Schlittenverbands für Deutschland. Dr. Dreyer war 2018 als Olympiaarzt bei den Olympischen Spielen in Pyeongchang tätig. Seit einigen Jahren leitet er zudem das medizinische Team der Beachhandball-Nationalmannschaften des Deutschen Handballbundes. Neben der Versorgung von internationalen Leistungssportlern fungiert er zudem als Ansprechpartner für leistungsorientierte Mannschaften diverser Sportarten im Großraum München.