Stachowiak, Schütz, Tuomie – wer?
Die beste vierte Reihe der WM?
Eishockey-Kennern ist die vierte Reihe des DEB-Teams zwar bekannt. Und doch hätte wohl kaum einer damit gerechnet, dass ausgerechnet dieses Sturm-Trio die deutschen WM-Hoffnungen am Leben hält, beim 4:2-Erfolg über Österreich am Freitagabend zwei Treffer erzielt und dabei gar NHL-Stars überflügelt.
Bundestrainer Harold Kreis lobte gerade diese drei nach dem Pflichterfolg: „Die spielen mit sehr viel Sicherheit an der Scheibe und unterstützen sich. Dieser Drang zum Tor, den sie entwickeln, macht sie umso gefährlicher“. Doch wer ist eigentlich diese Reihe, die Deutschland in den abschließenden zwei Gruppenspielen (LIVE bei SPORT1) ins Viertelfinale führen soll?
Gerade Wojciech Stachowiak sticht dabei heraus. Dem im polnischen Gdansk geborenen linken Flügelstürmer gelang gegen die Österreicher sein erstes Länderspieltor – und was für eines!
Auf dem rechten Flügel bekam Stachowiak den Puck und drehte zunächst Richtung blaue Linie ab, ehe er zu einem energischen Antritt über den linken Flügel ansetzte und sein Traumsolo mit einem Abschluss zentral vor dem Tor durch die Schoner von Österreichs Goalie David Kickert abschloss.
Stachowiak trumpft auf - Bundestrainer lobt
Das 3:1 war es, die vermeintliche Vorentscheidung – doch bis dahin war es nicht nur im Spiel für Stachowiak ein langer Weg, fast wäre er bei der WM gar nicht dabei gewesen. Vier Saisons absolvierte der einstige College-Spieler der Michigan State Spartans bereits in der DEL, allesamt beim ERC Ingolstadt. Parallel zu den steigenden Eiszeiten ließ der 99er-Jahrgang Stachowiak allerdings Top-Leistungen vermissen - bis Trainer Mark French kam.
Der kanadische Trainer führte die Oberbayern seit dem Sommer 2022 wieder zu alter Stärke und baute dabei auch auf die jungen Spieler um Stachowiak. Der wusste plötzlich mit 16 Toren und 18 Assists in 56 Spielen zu überzeugen, kristallisierte sich zu einer festen Größe im Kader heraus und sprang so doch noch auf den WM-Zug auf.
Noch vor beispielsweise Maximilian Kammerer, der mit gar 55 Scorerpunkten noch einmal bessere Zahlen auflegte. Oder vor Dominik Bokk, der ebenfalls - das Wortspiel darf erlaubt sein - bockstarke 49 Scorerpunkte für die Frankfurter Löwen aufs Eis zauberte.
Doch Bundestrainer Harold Kreis bewies scheinbar ein Näschen für ein gutes Zusammenspiel seiner vierten Reihe: „Die arbeiten gut miteinander. Die haben eine gute Chemie entwickelt“, lobte er bei SPORT1. Kein Wunder also, dass Stachowiak gegen Österreich zum Spieler des Spiels ausgezeichnet wurde.
Doch nicht nur Stachowiak überzeugte die Experten. Auch das vorangegangene Tor zum 2:1 war Eishockey der Extraklasse. Welche Reihe zeichnete dafür verantwortlich? Natürlich, die vierte! Assist Stachowiak, Tor Tuomie stand anschließend auf dem Statistikbogen. NHL-Star Nico Sturm lobte Tuomie anschließend als „richtigen Giftzwerg“, der aber auch „brutal was an der Scheibe kann“.
„Es waren heute wirklich schöne Tore. Hier hat Schütz stark vorm Tor gearbeitet, Stachowiak macht das dann hervorragend“, befand auch SPORT1-Experte Rick Goldmann. Dem Tor von Parker Tuomie in der 17. Spielminute war ein starker Vorcheck von Justin Schütz vorausgegangen.
„Mit den beiden Jungs macht es aktuell richtig Spaß. Wir verstehen uns richtig gut auf dem Eis. Ich habe mit den beiden vorher noch nie so richtig was zu tun gehabt, aber wir harmonieren wirklich gut“, bestätigte auch Schütz nach dem Spiel bei SPORT1.
DEL-Spieler überflügeln NHL-Hoffnungen
Der 22-Jährige, zuletzt mit Red Bull München Meister geworden, wechselt zur kommenden Saison zu den Kölner Haien. Auch Parker Tuomie spielt im Alter von 27 Jahren in der heimischen DEL, besetzt dort bei den Straubing Tigers den rechten Flügel.
Bundestrainer Harold Kreis ließ die Euphorie kaum durchsickern, ging eher in die Tiefenanalyse: „Die sind läuferisch stark und es ist eine Sturmreihe, die kritisch mit sich selbst ist. Die hatten einige Scheibenverluste in der Vorwärtsbewegung, haben das dann angesprochen und korrigiert. So sind sie immer gefährlich.“
So überraschte der Coach mit einer Maßnahme: Die erste Reihe um den ehemaligen NHL-Spieler Dominik Kahun, des mehrmaligen DEL-MVP‘s Marcel Noebels und der großen NHL-Hoffnung JJ Peterka funktionierte im Turnierverlauf bisher nicht so gut. Daher ließ Kreis Peterka im Abschlussdrittel fast gänzlich vom Eis – und machte sich im Fall eines Misserfolges angreifbar.
Doch die Finesse ging auf – und SPORT1-Experte Rick Goldmann lobte: „Ich glaube, das ist gutes Coaching. Was braucht man im letzten Drittel? Man braucht Spieler, die defensiv verlässlich sind. Wenn aber das Pack-Management bei dem ein oder anderen Spieler nicht so läuft, muss der Trainer reagieren.“
Wird der Bundestrainer seine Sturmreihen für die abschließenden Gruppenpartien gegen Frankreich und Ungarn nun umbauen? Immerhin wechselte sich in der Schlussphase überraschend die zweite Reihe, um NHL-Star Sturm, den Augsburger Samuel Soramies und Alexander Ehl, mit der vierten ab, um „diese letzten Minuten über die Runden“ zu bringen, wie Kreis feststellte.
Jedenfalls sollte die vierte Reihe keineswegs mehr vernachlässigt werden – mit Tempo, Elan und drei neuen Namen, die dem breiten deutschen Eishockeypublikum auch bald geläufiger sein dürften: Stachowiak, Tuomie, Schütz.