Millionen Fans jubelten, als er mit seinen "Tomahawk Chops" die Wrestling-Schurken der Neunziger niederstreckte. Der Kriegsgesang, der sein Entrance Theme einleitete, ist bis heute vielen im Ohr.
Das wurde aus WWE-Liebling Tatanka
Heute vor 15 Jahren bestritt Tatanka das letzte größere Pay-Per-View-Match bei WWE, in dem er eine Hauptrolle spielte. Was ist seitdem geworden aus dem bekanntesten amerikanischen Ureinwohner einer Showkampf-Ära?
Zufallsbegegnung machte Tatanka zum Wrestling-Star
Chris Chavis, wie das am 8. Juni 1961 geborene Mitglied des Lumbee-Stamms eigentlich heißt, war in den Achtzigern Bodybuilder, Powerlifter und Manager einer Fitness-Kette aktiv, ehe eine Zufallsbegegnung mit einer Wrestling-Legende sein Leben veränderte.
Buddy Rogers, in den Sechzigern der erste Champion der damaligen WWWF und der originale "Nature Boy" vor dem von ihm inspirierten Ric Flair, kam in einer Videothek mit Chavis in Kontakt und vermittelte ihm ein Training in der "Monster Factory" des profilierten Wrestling-Lehrers Larry Sharpe. Zwei Jahre später hatte Chavis - anfangs als "War Eagle" aktiv - einen Deal mit dem Marktführer in der Tasche.
Ligachef Vince McMahon hatte schon damals die Erfahrung gemacht, dass Indianer-Romantik auch im Ring funktionierte: Der Italo-Amerikaner Joe Scarpa hatte in der (W)WWF eine Hall-of-Fame-Karriere in der Rolle als Häuptling Chief Jay Strongbow hingelegt. Anders als Scarpa ist ein Chavis ein echter Ureinwohner, die Grundidee seines Charakters war aber ähnlich.
Chavis gab sich den Namen Tatanka (der in der Sioux-Sprache Lakota "Büffel" bedeutet), zog mit Federschmuck zum Ring, vollführte indianische Tänze - und auch in seinen Fehden ging es meist um seine Stammesehre.
Bei WWE lange unbesiegt
Tatankas erster großer Rivale "The Model" Rick Martel - Gegner bei WrestleMania 8 im Jahr 1992 - stahl Adlerfedern aus seinem Haarschmuck und beleidigte ihn, indem er die mythisch aufgeladenen Objekte als Mode-Accessoire für seine eigene Garderobe degradierte. Irwin R. Schyster, der böse Steuerprüfer (und im echten Leben Vater von "The Fiend" Bray Wyatt), bekam sich mit Tatanka in die Haare, weil er eine Schenkungssteuer für einen von Strongbow überreichten Häuptlingsschmuck einforderte.
Knapp zwei Jahre blieb Tatanka nach seinem TV-Debüt Anfang 1992 unbesiegt, triumphierte bei WrestleMania 9 im Jahr 1993 auch über den jungen Shawn Michaels. Sein bemerkenswerter "undefeated streak" endete aufgrund ungeplanter Umstände dann aber weniger effektvoll als erhofft.
Die unfaire Niederlage gegen das finnische Muskelpaket Ludvig Borga - mit einer anschließenden Tracht Prügel durch den mit Borga verbündeten WWF-Champion Yokozuna - sollte eigentlich in einer großen Revanche beim Royal Rumble 1994 münden. Borga verletzte sich kurz zuvor allerdings, Tatanka besiegte stattdessen Ersatzgegner Bam Bam Bigelow in der Fortsetzung einer eigentlich schon ad acta gelegten Rivalität (Bam Bam Bigelow: Der traurige Absturz eines WrestleMania-Headliners).
Das Momentum Tatankas war ebenso gestört wie das von Borga, der die Liga bald darauf verließ. Unter seinem bürgerlichen Namen Tony Halme fiel er später als Boxer, MMA-Kämpfer, Gelegenheits-Schauspieler ("Stirb langsam 3") und rechtspopulistischer Skandal-Politiker in seiner Heimat auf, ehe er sich 2010 das Leben nahm.
Verrat an Lex Luger als letzter großer Moment
Die letzte große Story in Tatankas erstem WWE-Engagement war sein Verrat an Publikumsliebling Lex Luger beim SummerSlam 1994 und seine Hinwendung zur "Million Dollar Corporation" von Erzbösewicht Ted DiBiase. Seine neue Rolle als Gegenspieler von Stars wie dem später tief gefallenen Luger, dem Undertaker oder Bret "The Hitman" Hart konnte er jedoch nie recht mit Leben füllen - 1996 verließ er die Liga.
Tatankas goldene Zeit als Fanfavorit aber blieb in der Erinnerung haften und sorgte dafür, dass er in der Szene gefragt blieb, auch WWE holte ihn mehrmals zurück: Ab 2005 für ein längeres Engagement, in dem er zusammen mit Matt Hardy noch (erfolglos) nach dem von MNM gehaltenen Tag-Team-Titeln des SmackDown-Kaders griff - nach der Entlassung Anfang 2007 immer wieder für unregelmäßige Nostalgie-Auftritte, zuletzt bei der "Legend's Night" von Monday Night RAW zu Beginn des Jahres.
Chris Chavis lebt in Florida und vermarktet seinen Tatanka-Charakter bis heute, auf kleineren Independent-Bühnen trat der 59-Jährige bis zuletzt regelmäßig an, gerade auch von kleineren deutschen Ligen ist er immer wieder als Gaststar gebucht worden: Der Höhepunkt seiner Popularität fiel zusammen mit dem deutschen WWF-Boom der damaligen Zeit.
Tatanka war für viele Fans weltweit ein Kindheitsheld. Und auch im fortgeschrittenen Alter spielt er die Rolle noch mit sichtbarer Freude.