Tony Khan, Chef des WWE-Konkurrenten AEW, hatte kürzlich von einer sich anbahnenden "Machtverschiebung" gesprochen - diese Zahlen geben ihm Recht.
Der Nr.-1-Status von WWE bröckelt
Ein historisches Quoten-Debakel für das einstige WWE-Flaggschiff Monday Night RAW, das am Dienstag bekannt wurde, dürfte Schockwellen in die Chefetage der weltgrößten Wrestling-Liga senden. Nur 1,53 Millionen Zuschauer schalteten in den USA bei der dieswöchigen Ausgabe der Montagsshow ein, so wenige wie noch nie in der 27-jährigen Geschichte der Sendung.
Und was die WWE-Führung um den ewigen Ligamogul Vince McMahon noch mehr schmerzen dürfte: In der werberelevanten Kernzielgruppe der 14- bis 49-Jährigen sank das Rating auf 0.41, ebenfalls ein historischer Tiefststand - und vor allem auch niedriger als der Wert von AEW Dynamite in den vergangenen beiden Wochen (0.42 und 0.45), und das obwohl AEW direkte Konkurrent durch den WWE-Drittkader NXT hatte.
Dass RAW auch WWE-intern zuletzt eher die Nummer-2-Show hinter Friday Night SmackDown geworden ist, seit die Freitagssendung Ende 2019 zum größeren Sender Fox gewechselt ist (wo sie mit Roman Reigns als Zugpferd vergleichsweise gut abschneidet), wird für McMahon kaum ein Trost sein.
AEW Dynamite fügt WWE RAW bittere Schlappe zu
Mit dem Debüt von Legende Sting, dem Titelwechsel von Jon Moxley (Dean Ambrose) auf Kenny Omega, einer Kooperation mit der Liga Impact (TNA) und einem sich anbahnenden Wrestling-Gastspiel von NBA-Legende Shaquille O'Neal hatte AEW das Zuschauerinteresse zuletzt in neue Höhen geschraubt. Zum Verhängnis von RAW dürfte auch das spektakuläre Monday Night Game der NFL beigetragen haben, das 12,4 Millionen Fans anlockte - was allerdings auch ein Wert war, den die NFL in diesem Jahr schon mehrfach erreicht hatte.
Weil die weniger vollgepackte Dynamite-Episode nach RAW das Niveau der vergangenen Wochen nicht hielt, blieb WWE die erste große Niederlage gegen eine andere Liga seit den "Monday Night Wars" offiziell erspart - dass diese Niederlage nun aber jederzeit möglich ist, ist eine Entwicklung, die noch vor einiger Zeit undenkbar schien.
Welche Konsequenzen zieht Vince McMahon?
Ganz aus dem Nichts kommt die Nachricht nicht: Schon im Sommer hatte AEW in einzelnen jungen Zielgruppen erste Triumphe über RAW gefeiert. Seit Beginn der Corona-Pandemie und dem Zwangsausschluss der Live-Zuschauer waren die zuvor schon rückläufigen WWE-Quoten noch einmal eingebrochen, der Umzug in den "Thunderdome" mit virtuell zugeschalteten Fans und andere Neuerungen wie die schon wieder abgeschaffte Idee "RAW Underground" schaffte nur zeitwilig Abhilfe. WWE sieht sich anhalter Kritik ausgesetzt, dass kreative Ideen fehlen und das Etablieren neuer Stars stockt.
Den noch immer klaren Abstand in den absoluten Zahlen - in denen AEW zuletzt knapp unter der Millionen-Marke geblieben war - stellen derzeit nur noch die älteren WWE-Fans ab 50 sicher. Für die Zukunft ist das ein schlechtes Zeichen, der Anfang 2019 gegründete, ambitionierte Rivale AEW wird immer bedrohlicher für den viele Jahre lang unangreifbar scheinenden Marktführer-Nimbus von WWE.
Die Geschwindigkeit, mit der sich das Zuschauer-Niveau in der jüngeren Zielgruppe angeglichen hat, kommt trotz der Warnsignale einmal mehr überraschend - und dürfte erfahrungsgemäß bei WWE nicht folgenlos bleiben.