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Marcelo Bielsa: Wie das Guardiola-Idol zu "El Loco" wurde

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Marcelo Bielsa: Wie das Guardiola-Idol zu "El Loco" wurde

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Wie Bielsa zu "El Loco" wurde

Von Pep Guardiola wird Marcelo Bielsa verehrt. Berühmt ist der Argentinier für seine ausgefallenen Methoden, nicht umsonst trägt er den Spitznamen "El Loco".
Marcelo Bielsa ist seit Sommer 2018 Trainer von Leeds United
Marcelo Bielsa ist seit Sommer 2018 Trainer von Leeds United
© Getty Images
Von Pep Guardiola wird Marcelo Bielsa verehrt. Berühmt ist der Argentinier für seine ausgefallenen Methoden, nicht umsonst trägt er den Spitznamen "El Loco".

In Marseille saß er auf einer Kühlbox, in Leeds hockt Marcelo Bielsa auf einem blauen Eimer an der Seitenlinie.

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Als "Bielsa bucket" hat sein Trainerstuhl an der Elland Road bereits Kultstatus erlangt, im Fanshop des englischen Zweitligisten Leeds United gibt es den Eimer sogar zu kaufen.

Doch nicht nur sein Faible für ausgefallene Sitzgelegenheiten hat dem 64-Jährigen den Spitznamen "El Loco", der Verrückte, eingebracht. Bielsa gilt als Fußballbesessener, seine Methoden sind eigenwillig und mit Anekdoten seiner Karriere lassen sich ganze Bücher füllen.

Jüngstes Beispiel gefällig? Die früheren chilenischen Nationalspieler Mark González und José Pedro Fuenzalida berichteten kürzlich in der chilenischen TV-Sendung "Abrazo de GOL" von Bielsas kurioser Reaktion auf Niederlagen.

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González über Bielsa: "Etwa 30 Minuten völlig nackt"

"Nach einem Spiel gegen Ecuador kam er in die Kabine, lief aufgeregt hin und her und redete dabei mit niemanden", erzählte González. "Er ging in einen anderen Raum neben unserer Kabine. Wir gingen ihm nach und er lag dort vollkommen nackt auf einer Liege, wie auf einem OP-Tisch. Er lag etwa 30 Minuten so da, völlig nackt."

Laut Fuenzalida kein Einzelfall. "Das ist mir mehrere Male passiert", sagte er und erinnerte sich an einen Vorfall nach einer Niederlage gegen Italien: "Er kämpfte beinahe mit dem italienischen Trainer. Er ging wütend in die Kabine und als wir hereingaben lief er wie verrückt umher und zog seine Kleidung aus."

Ob Bielsa aktuell nach Niederlagen von Leeds United noch immer blank zieht, ist nicht bekannt, doch seinen eigenwilligen Methoden ist er treu geblieben. Kurz nachdem er 2018 den Trainerjob in Leeds übernahm, schickte er seine Spieler zum Müllsammeln in den Park, damit sie ein Gefühl dafür bekommen, wie hart ein Fan arbeiten muss, um sich eine Eintrittskarte für ein Leeds-Spiel leisten zu können.

Bielsa zahlt Strafe in "Spygate"-Affäre selbst

In der vergangenen Saison schickte er eine Delegation zum unerlaubten Ausspionieren des Gegners – und wurde erwischt. Die 200.000 Pfund (umgerechnet rund 235.000 Euro) zahlte Bielsa selbst. "Es ist eine Geldstrafe für den Klub, nicht für mich, aber ich bin dafür verantwortlich", erklärte Bielsa. "Deswegen habe ich die Geldstrafe aus der eigenen Tasche bezahlt."

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Sein Vorgehen rechtfertigte er in einer denkwürdigen 70-minütigen Pressekonferenz, auf der er anhand umfangreicher Datensammlungen seine Arbeitsweise erklärte. Insgesamt habe die Auswertung des Materials 200 Stunden gedauert, gab Bielsa zu.

Bielsas Ex-Klub Newell's Old Boys meldete sich nach dem bemerkenswerten Auftritt zu Wort. "Ich hoffe, diese Pressekonferenz hilft euch zu verstehen, warum wir unser Stadion nach ihm benannt haben", war auf dem englischen Twitter-Account des argentinischen Klubs zu lesen.

Wie schon seine Spielerkarriere, begann auch Bielsas Trainerlaufbahn bei den Newell's Old Boys, 1980 zunächst als Co-Trainer. Auch seine ersten Titel holte er mit dem Klub aus Rosario, 1991 und 1992 gewann Bielsa die argentinische Meisterschaft.

Guardiola schwärmt von Bielsa

Von seinem überfallartigen Offensivfußball ließen sich auch Pep Guardiola und Mauricio Pochettino inspirieren. "Er beeinflusst Spieler und das gesamte Spiel. Deswegen ist er der beste Trainer der Welt. Wer ein Trainer werden will, muss vorher mit ihm geredet haben", sagte Guardiola einmal über Bielsa.

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Nach Stationen in Mexiko bei Atlas Guadalajara und Club América, kehrte Bielsa 1997 für ein Jahr in sein Heimatland zum CA Vélez Sársfield zurück, ehe er nach einem ersten Europa-Intermezzo bei Espanyol Barcelona 1998 die argentinische Nationalmannschaft übernahm. Mit der Albiceleste wurde er bei der Copa América 2004 Zweiter und holte Olympia-Gold in Athen.

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Nach seinem überraschenden Rücktritt schloss sich Bielsa in einem Kloster ein. Dem früheren Tennis-Star Gáston Gaudio berichtete er einmal von seinen Erlebnissen.

Besuch im Kloster lässt Bielsa "verrückt" werden

"Ich nahm die Bücher, die ich lesen wollte, mit, ich hatte kein Telefon und keinen Fernseher", erzählte Bielsa demnach Gaudio: "Ich lese sehr viel und ich glaube nicht, dass jemand so viel über Fußball liest wie ich. Aber ich habe drei Monate durchgehalten, weil ich anfing, mit mir selbst zu reden und mir zu antworten. Es hat mich wirklich verrückt gemacht."

Als Coach der chilenischen Nationalmannschaft kehrte "El Loco" ins Fußballgeschäft zurück und knüpfte an seine vorherigen Erfolge an. 2010 führte er Chile erstmals nach zwölf Jahren zu einer WM.

Mit dem Job bei Athletic Bilbao startete Bielsa 2011 sein zweites Europa-Abenteuer. Zunächst von Erfolg geprägt (Endspielteilnahmen in der Europa League und der Copa del Rey), machte er nach seinem Abschied aus dem Baskenland seinem Spitznamen alle Ehre. Bei Olympique Marseille warf er nach dem ersten Spieltag der Saison 2015/16 nach einem Zoff mit der Klubführung hin.

Chaos bei Lazio und Lille, "Bielsa Revolution" in Leeds

2016 trat er zwei Tage nach seinem Amtsantritt bei Lazio Rom wieder zurück. Den OSC Lille verließ er im Streit, der schließlich vor Gericht endete, nachdem er seinen Ex-Klub wegen ausstehender Gehaltszahlungen verklagt hatte.

In Leeds startete er die "Bielsa Revolution" mit Erfolg, selbst wenn er in der vergangenen Saison den Aufstieg in die Premier League knapp verpasste – auch weil er im entscheidenden Spiel gegen Konkurrent Aston Villa sein Team anwies das Gegentor zum 1:1-Endstand zu kassieren, nachdem Leeds während der Verletzung eines Villa-Spielers umstritten in Führung gegangen war.

Vor der Unterbrechung der aktuellen Saison durch die Coronakrise hatte Bielsas Team als Tabellenerster beste Chancen auf die Rückkehr in die Premier League nach 15 Jahren Abwesenheit.

In Leeds hoffen sie daher ganz besonders, dass "El Loco" bald wieder auf seinem blauen Eimer an der Seitenlinie sitzt und die Saison zu einem erfolgreichen Ende führt.