Uwe Gensheimer schrieb minutenlang Autogramme, Andreas Wolff posierte geduldig für Selfies, restlos zufrieden waren der Kapitän und der Torhüter nach dem holprigen 32:28 (15:14) in der EM-Generalprobe der deutschen Handballer gegen Österreich in Wien aber nicht.
DHB-Team wackelt bei Generalprobe
"Wenn das heute unser Standard für eine misslungene Generalprobe ist, dann können wir für die EM ganz zuversichtlich sein", sagte Wolff, und Gensheimer stellte nüchtern fest: "Wir müssen noch einen Zahn zulegen."
Immerhin hat das Team von Bundestrainer Christian Prokop den letzten Test rund 75 Stunden vor dem ersten EM-Spiel gegen die Niederlande bestanden. "Am Ende ist es wichtig, dass wir unsere Vorgaben erfüllt und dass wir heute auch noch mal mehr Stress bekommen haben", sagte Prokop in der ARD.
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Zieker bester deutscher Werfer
Seine Mannschaft sei zu halbherzig in die Zweikämpfe gegangen und habe zu viele Chancen vergeben: "Wir haben viel probiert, es sind wichtige Erkenntnisse dazugekommen, und trotzdem haben wir gewonnen."
Zum besten deutschen Torschützen avancierte Linksaußen Patrick Zieker mit sechs Treffern, Kreisläufer Jannik Kohlbacher traf fünfmal, Gensheimer viermal. "Patrick Zieker ist sehr variabel und gibt uns neue Möglichkeiten im Tempospiel", sagte Prokop, der bis zum EM-Start noch einen Spieler aus seinem aktuell 17-köpfigen Kader streichen muss.
Wer das sein wird, ließ der Bundestrainer offen, denkbar ist auch, dass Prokop am Dienstag mit 17 Spielern in den Vorrundenspielort Trondheim reist. "Wenn das zusätzliche Hotelzimmer nicht zu teuer ist, können wir ja auch alle mitnehmen", sagte Gensheimer, und Prokop gab vielsagend zu, dass "der Zusammenhalt unter allen Spielern extrem gut ist".
Gensheimer übt Kritik an deutschem Auftritt
Am Dienstagvormittag reist das DHB-Team per Charterflieger PAV 5285 nach Trondheim, wo am Donnerstag der Auftakt gegen die Niederlande steigt. (Handball-EM: Deutschland - Niederlande am Donnerstag um 18.15 Uhr im LIVETICKER) Weitere Gegner in der ersten Turnierphase sind Spanien (Samstag, 18.15 Uhr) und Lettland (Montag, 18.15 Uhr).
Gegen Österreich bot das DHB-Team eine solide Vorstellung, ließ allerdings lange Zeit zu viele klare Torchancen ungenutzt. Im zweiten Durchgang ging der WM-Vierte dann konzentrierter zu Werke und gewann am Ende souverän. "Wir sind mit dem Sieg glücklich. Die Art und Weise war so la la, die Abwehr war gut, aber vor allem vorne haben wir zu viele Bälle hergeschenkt", sagte Gensheimer.
Durch zwei Treffer von ihm erwischte das deutsche Team einen gelungenen Start und lag nach zehn Minuten mit 7:4 vorn. Doch dass es kein entspannter Montagnachmittag in der Wiener Stadthalle, wo auch die Hauptrunde stattfindet, wurde, lag vor allem an der Unkonzentriertheit beim Abschluss. Anstatt schon vor der Halbzeit alles klar zu machen, blieben die Österreicher um Kiels Star Nikola Bilyk (sechs Treffer) dran.
Hanning strebt Halbfinale an
Nach der Pause wurde es zumindest phasenweise besser. Seine stärkste Phase hatte der Europameister von 2016 Mitte der zweiten Halbzeit, als er durch einen Zwischenspurt und einige Gegenstoßtore durch die EM-Debütanten Patrick Zieker und Timo Kastening bis auf 25:20 (45.) davonzog. Vollständig abstellen konnte das deutsche Team seinen Schlendrian vor dem gegnerischen Tor aber nicht, sodass Österreich bis zum Ende in Schlagdistanz blieb.
Als offizielles Verbandsziel bei der EM nannte DHB-Vizepräsident Bob Hanning als "Minimum" einen Platz unter den ersten Sechs. "Wir haben aber den Anspruch, ins Halbfinale zu kommen. Das wäre gut. Eine Medaille wäre ein Erfolg, die Wiederholung des EM-Titels von 2016 ein Traum", sagte der 51-Jährige.