Drama kann er einfach - und dass es im Schneegestöber von der Oberstdorfer Großschanze am Schattenberg zu einem Happy End kam, passte denn auch irgendwie ins Bild.
Geigers irre Saison-Achterbahnfahrt
Es war ziemlich laut, als Skispringer Karl Geiger seine ganze Freude über seinen Bronze-Coup bei der Ski-nordisch-WM aus seinen Lungen presste. Beim Lokalmatadoren hatte sich doch einiges aufgestaut an Emotionen, die nun einfach rausmussten.
"Der Karl is a Hund!", entfuhr es dazu Markus Eisenbichler in seiner typisch-direkten Art, obwohl der von Stefan Kraft (Österreich) entthronte Weltmeister kurz zuvor einen glimpflichen, aber dennoch üblen Sturz hingelegt hatte und enttäuschend nur auf dem 17. Platz gelandet war.
Doch alle Gedanken und Gefühle gehörten in diesem Moment nur Geiger. Der 28-Jährige dürfte nach dem erfolgreichen Einzel-Wettbewerb eine ziemliche Genugtuung empfunden haben, waren die vergangenen Wochen doch ziemlich wild verlaufen.
Karl Geiger: Skispringen als Achterbahnfahrt-Saison
Mehr als das: Geigers dritte Medaille bei der "WM dahoam" nach Gold im Mixed und Silber im Einzel, bei der er dank eines packenden zweiten Durchgangs noch vom sechsten auf den dritten Rang sprang, markierte den nächsten Ausschlag einer echten Achterbahn-Saison.
Zur Erinnerung: Zu Beginn des Skisprung-Winters hatte der Allgäuer aus freien Stücken eine Pause eingelegt, um seiner hochschwangeren Frau zu Hause beizustehen. Die Geburt des Babys verzögerte sich indes, und so reiste Geiger doch zur Skiflug-WM nach Planica - um dort Gold zu gewinnen. (SERVICE: Alle Skispringen-Events im LIVETICKER)
Just zurück aus aus Slowenien kam dann Tochter Luisa zur Welt. Was das familiäre Glück etwa trübte: Noch in der gleichen Woche wurde Geiger positiv auf das Coronavirus getestet, musste über Weihnachten in Quarantäne.
Irre: Pünktlich zum Start der Vierschanzentournee in Oberstdorf war der DSV-Athlet dann wieder voll da und gewann das Auftaktspringen, wurde am Ende Dritter der Gesamtwertung.
Ratlosigkeit nach Fiasko in Klingenthal
Was dann jedoch folgte, war vor allem Ernüchterung: Der studierte Energie- und Umwelttechniker flog bei den sich anschließenden Wettkämpfen zumeist nur hinter. (SERVICE: Alle Skispringen-Ergebnisse)
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Zu einem Debakel gar geriet der Weltcup in Klingenthal Anfang Februar: Während Eisenbichler zumindest die Top Ten erreichte, verpasste der Skiflug-Weltmeister das Finale - das war Geiger zuletzt vor mehr als zwei Jahren im Januar 2019 in Sapporo passiert.
Auch der WM-Härtetest in Zakopane mündete in einer Enttäuschung, Geiger wirkte völlig außer Form.
"Es ist schwierig zu sagen, woran es liegt, punktuell sind gute Sprünge dabei. Mir fehlt aber der konkrete Ansatz, wie ich das Problem lösen kann", hatte Geiger damals gesagt. (NEWS: Alles zum Skispringen)
Umso mehr wusste der Routinier nun den Befreiungsschlag in Oberstdorf zu schätzen: "Mit Bronze bin ich überglücklich. Mein erster Sprung hat mich total geärgert, der zweite war aber richtig schön. Da wusste ich, der ist was wert."
Zum Abschluss die Mannschaftsmedaille?
Vielleicht gibt er auch Rückenwind für ein feuriges Saison-Finale: Am Samstag hat der deutsche Skisprung-Vierer noch die Chance auf eine Mannschaftsmedaille, geht als Titelverteidiger ins Springen (ab 17 Uhr im LIVETICKER).
"Da wollen wir richtig angreifen, alles geben", versprach Geiger, von dem Bundestrainer Stefan Horngacher im ZDF schwärmte: "Ich habe noch nie einen solchen Athleten trainieren dürfen. Unglaublicher Athlet - Hut ab!"