Simon Schempp biss auf die Zähne und kämpfte - doch am Ende fehlten auf der Zielgeraden die Kräfte für die Überraschung: Die deutschen Biathleten haben bei der World Team Challenge in Gelsenkirchen nur knapp einen Sieg verpasst. Gemeinsam mit Franziska Preuß lief der Olympia-Zweite in der Schalker Fußballarena nur 1,2 Sekunden hinter den Italienern Lukas Hofer und Dorothea Wierer auf den zweiten Platz.
Björndalen bei Abschied auf Podest
Beim letzten Rennen des vor mehr als einem halben Jahr zurückgetretenen Olympiasiegers Ole Einar Björndalen rundeten vor 46.142 begeisterten Zuschauern Sprint-Weltmeister Benedikt Doll und Denise Herrmann als Vierte (+24,3) das gute deutsche Gesamtergebnis ab. Doll hatte vor der Ziellinie auf Björndalen gewartet.
Der Norweger landete mit seiner sich ebenfalls schon im Ruhestand befindlichen Ehefrau Darja Domratschewa (Weißrussland) auf dem starken dritten Platz (+24,2).
Hofer ließ Schempp herankommen
"Es ist noch irgendwie gut gegangen in der letzten Runde. Die Knie haben schon ganz schön gezittert", sagte Hofer nach dem Rennen im ZDF. Der 29-Jährige hatte sich beim letzten Anschlag trotz eines komfortablen Vorsprungs drei Fehler geleistet und so den offenbar schon abgeschlagenen Schempp noch einmal rankommen lassen.
Im Schlusssprint behielt Hofer vor dem ohrenbetäubend lauten Zuschauern dann aber die Oberhand. Preuß hatte vergeblich mit ihrem Partner gefiebert: "Die letzte Runde war mega spannend, so wünscht man sich ein Rennen", sagte Preuß nach dem Wettbewerb. Schempp trauerte dem verpassten Erfolg auch nicht nach: "Wenn man als deutsches Team vorne mitläuft, macht es so viel Spaß. Das gibt einem als Sportler sehr viel."
Der Deutsche Skiverband (DSV) aber muss beim traditionellen Spektakel vor dem Jahreswechsel weiter auf den vierten Sieg eines einheimischen Paares warten. Den bisher letzten Triumph hatten 2016 Schempp und Vanessa Hinz eingefahren. Weltcup-Punkte wurden beim Mixed-Staffel-Wettbewerb nicht vergeben.
Olympiasieger Anton Schipulin (Russland) lief bei seinem letzten Saisonrennen zusammen mit Vorjahressiegerin Jekaterina Jurlowa-Percht auf Platz acht.
Björndalen erhält Mega-Abschied
Von einem "Gänsehautgefühl" hatte Björndalen vor seiner achten Teilnahme beim Event auf Schalke geschwärmt. Und der viermalige Schalke-Sieger erhielt in der ausverkauften Arena die erwartete Unterstützung von den Rängen: Die Zuschauer feierten die mit acht olympischen Goldmedaillen dekorierte Biathlon-Ikone schon bei der dramatisch inszenierten Begrüßung frenetisch.
Im Massenstart zeigte Björndalen mit der im Sommer ebenfalls zurückgetretenen Domratschewa danach, trotz seines überschaubaren Trainings in der Weltspitze noch mithalten zu können. Das Ehepaar ging mit lediglich drei Sekunden Rückstand auf Wierer und Hofer ins Jagdrennen. Schempp/Preuß und Doll/Herrmann folgten mit elf beziehungsweise 26 Sekunden Rückstand nicht weit dahinter. "Wir sind noch in Schlagdistanz, aber müssen uns steigern", sagte Schempp nach dem Massenstart.
Wie die meisten Paare verbesserten sich auch Schempp und Preuß in der Verfolgung am Schießstand. Alle Athleten schossen aggressiv und riskierten aufgrund der kurzen Strafrunden Schießfehler - auch Hofer, dessen misslungener Stehendanschlag ohne Folgen blieb.
Erster italienischer Erfolg auf Schalke
Italien, das sich mit sechs Strafrunden am Ende doppelt so viele Schießfehler wie seine ersten drei Verfolger (jeweils drei) leistete, feierte damit seinen ersten Erfolg in Gelsenkirchen. "Ich fühle mich wie eine Fußballerin, so viel Lärm ist hier. Das war richtig cool", sagte Weltcup-Spitzenreiterin Wierer im ZDF. Björndalen schwärmte vom Publikum: "Das ist unglaublich. So viele Fans habe ich noch nie erlebt in meinem Leben."
Preuß und Doll waren erst zwei Tage vor dem Event kurzfristig in das Starterfeld gerückt. Der frühere Weltmeister Erik Lesser und Vanessa Hinz hatten ihre Teilnahme aus gesundheitlichen Gründen abgesagt.
Der Weltcup nimmt mit den zwei Klassikern in Deutschland in anderthalb Wochen wieder seinen Betrieb auf. Zunächst stehen die Rennen in Oberhof (7. bis 13. Januar) in Thüringen auf dem Programm, anschließend geht es im oberbayerischen Ruhpolding (14. Januar bis 20. Januar) weiter.
Das Biathlon-Spektakel im LIVETICKER zum Nachlesen
+++ Das Endergebnis +++
1. Wierer / Hofer: 33:23,6 Minuten
2. Preuß / Schempp: +1,2 Sekunden
3. Domrachwa / Björndalen: +24,2 Sekunden
4. Herrmann / Doll: +24,3 Sekunden
5. Hauser / Landertinger: +1:04,1 Minuten
6. Vitkova / Krcmar: + 1:09,5 Minuten
7. Bescon / Jacquelin: +1:11,3 Minuten
8. Yurlova / Shipulin: +1:48,8 Minuten
9. Dzhima / Pryma: +2:12,3 Minuten
10. Tachizaki / Tachizaki: +2:58,0 Minuten
+++ Hofer triumphiert im Schlusssprint - Björndalen auf dem Podest +++
Schempp kommt tatsächlich nochmal an Hofer heran. Im Schlusssprint setzt sich aber der Italiener durch. Schöne Geste auch von Benedikt Doll, der erst an Björndalen vorbeizieht, dann aber doch der Legende den Vortritt lässt. Björndalen beendet das letzte Rennen seiner grandiosen Karriere damit auf Rang 3.
+++ Schempp jagt Hofer +++
Lässt sich Lukas Hofer den Sieg noch nehmen? Gleich dreimal patzt der Italiener. Björndalen und Doll müssen einmal in die Strafrunde. Schempp bleibt fehlerfrei und ist mit 3,9 Sekunden Rückstand vor der Schlussrunde nun erster Verfolger von Hofer. Björndalen liegt mit 10,8 Sekunden Rückstand auf Rang 3.
+++ Preuß kann Wierer-Patzer nicht nutzen +++
Wierer macht mit einem Fehler im Stehendanschlag die Tür eigentlich auf. Doch Preuß muss gleich zweimal in die Strafrunde. Davon profitiert Denise Herrmann, die sich an Preuß vorbei auf Rang 3 schiebt.
+++ Schempp zieht an Björndalen vorbei +++
Während Hofer fehlerfrei seinen Vorsprung weiter ausbaut, muss Björndalen in die Strafrunde. Schempp räumt dagegen alle Scheiben ab und zieht am Norweger vorbei. Mit 15,7 Sekunden Vorsprung nimmt nun seine Partnerin Preuß die Verfolgung von Wierer auf. Drei Runden sind noch zu absolvieren.
+++ Spitzentrio fehlerfrei +++
Das Spitzentrio um Wierer, Domrachewa und Preuß bleibt im zweiten Schießen fehlerfrei. Wierer kann sich dennoch etwas von Domrachewa absetzen und übergibt mit einem komfortablen 6,3 Sekunden Vorsprung an Hofer. Preuß und Schempp liegen mit 19,3 Sekunden Rückstand in Lauerstellung.
+++ Björndalen mit überragender Schießleistung +++
Auch wenn Hofer Björndalen in der Loipe deutlich überlegen ist, ist es beeindruckend was die Biathlon-Ikone hier abliefert. Erneut räumt er alle fünf Scheiben ab und zieht damit wieder am Italiener, der eine Strafrunde drehen muss, vorbei. Auch Schempp bleibt tadellos und übergibt als Dritter.
+++ Preuß mit Fehler - Wierer und Domrachewa setzen sich ab +++
Wierer und Domrachewa setzen sich dank eines fehlerfreien Stehendschießens etwas ab. Die Italienerin liegt 5,8 Sekunden vor der Weißrussin. Preuß muss einmal in die Strafrunde und liegt damit bereits 19,1 Sekunden hinter den Italienern auf Rang 3.
+++ Spitzengruppe rückt zusammen +++
Die fünfköpfige Spitzengruppe bleibt im zweiten Schießen geschlossen fehlerfrei. Alle fünf Duos liegen nun im Abstand von nur 4,4 Sekunden. Die Führung übernommen hat währenddessen wieder der Italiener Hofer, der während der Runde an Björndalen vorbeizog.
+++ Wierer patzt im Liegendanschlag +++
Von den Top-6 muss nur Wierer einmal in die Strafrunde. Die Italiener fallen damit bis auf Rang 4 zurück. In Führung liegend übergibt Domrachewa an Björndalen. Dahinter folgen die Franzosen (+ 1,3) vor den Österreichern (+3,6) . Die deutschen Duos liegen weiterhin auf den Rängen 5 und 6. Dahinter klafft bereits eine 30-sekündige Lücke zum Rest des Feldes.
+++ Was ist drin für Björndalen und Domrachewa? +++
Das Ikonen-Duo geht von Rang 3 in die Verfolgung. "Es hängt vom Schießen ab", so Björndalen beim ZDF. "Mit dem Laufen habe ich ein wenig Probleme. Ich werde alles geben und dann sehen wir, was es wird."
+++ Weiter geht's +++
Dorothea Wierer geht als Erste in die Loipe. Das Feld nimmt dahinter die Verfolgung auf.
+++ Rückstände werden halbiert +++
Nach dem Massenstart werden die Rückstände halbiert. Die deutschen Duos werden also in der Verfolgung noch in Schlagdistanz sein. "Um ganz nach vorne zu kommen, müssen wir es besser machen", merkt Schempp im Interview beim ZDF an.
+++ Das Ergebnis nach dem Massenstart +++
1. Wierer / Hofer: 33:24,8 Minuten
2. Bescond / Jacquelin: +3,4 Sekunden
3. Domrachewa / Björndalen: +6,1 Sekunden
4. Hauser / Landertinger: +8,2 Sekunden
5. Preuss / Schempp: +21 Sekunden
6. Herrmann / Doll: +52,1 Sekunden
7. Dzhima / Pryma: +1:02,8 Minuten
8. Vitkova / Krcmar +1:10,6 Minuten
9. Yurlova / Shipulin: +1:14,7 Minuten
10. Tachizaki / Tachizaki: +1:16,2 Minuten
+++ Italienisches Duo Wierer / Hofer führt nach dem Massenstart +++
Am Ende hat Lukas Hofer den längsten Atem. In einer spannenden Schlussrunde setzt er sich mit 3,4 Sekunden Vorsprung vor Emilien Jacquelin durch. Ole Einar Björndalen muss sich vorerst mit Rang 3 zufrieden geben (+6,1 Sekunden). Simon Schempp und Benedikt Doll folgen als Fünfter (+21 Sekunden) und Sechster (+52 Sekunden).
+++ Björndalen geht in Führung! +++
Die Norweger bleiben im Gegensatz zu den Franzosen fehlerfrei und übernehmen vor der letzten Runde mit 1,7 Sekunden Vorsprung die Führung. Kurz darauf folgen die Italiener. Simon Schempp liegt auf Rang 5, Benedikt Doll geht als Sechster in die Schlussrunde.
+++ Domrachewa und Björndalen rücken vor +++
Das Feld rückt zusammen! Sowohl Bescond als auch Preuß leisten sich einen Schießfehler. Dennoch übergibt die Französin als Führende. Neue Zweite sind die Italiener Wierer / Hofer (+5,8). Domrachewa übergibt als Dritte an Björndalen (+6,4). Preuß fällt auf Rang 5 zurück (+8,9).
+++ Preuß darf Bescond jagen +++
Simon Schempp und Emilien Jacquelin bleiben fehlerfrei. Noch sind drei Runden zu absolvieren. Das französische Duo liegt weiterhin in Führung. Schempp übergibt mit 11,8 Sekunden Rückstand an Franziska Preuß. Unmittelbar dahinter folgen die Österreicher. Auch Benedikt Doll räumt alle fünf Scheiben ab und verbessert sich auf Rang 6.
+++ Herrmann fällt zurück +++
Die beiden Führenden Anais Bescond und Franziska Preuß müssen einmal in die Strafrunde. Das Bild an der Spitze bleibt daher unverändert. Denise Herrmann lässt jedoch zwei Scheiben stehen und fällt damit auf Rang 7 zurück. Neue Dritte sind daher Lisa Hauser und Dominik Landertinger aus Österreich.
+++ Schempp und Doll wieder einmal in die Strafrunde +++
Bei Simon Schempp und Benedikt Doll bleibt jeweils eine Scheibe stehen. Beide müssen demnach in die Strafrunde. Da der Franzose Emilien Jacquelin fehlerfrei bleibt, übergibt er als Führender. Schempp (+10,3) und Doll (17,2) folgen dahinter.
+++ Deutsche Doppelführung nach dem dritten Schießen +++
Dank eines fehlerfreien Schießens übernimmt Franziska Preuß die Führung vor Denise Herrmann, die einmal in die Strafrunde musste. Die Ukrainerin patzt doppelt und fällt damit hinter Domracheva sogar auf Rang 8 zurück.
+++ Zweiter Wechsel steht an +++
Aktuell führt das ukrainische Duo Dzhima / Pryma vor den Franzosen Bescond / Jacquelin. Beide Pärchen blieben fehlerfrei. Dicht dahinter übergeben Benedikt Doll (+2,9) und Simon Schempp (+7,8) an ihre Partnerinnen.
+++ Doll und Schempp müssen in die Strafrunde +++
Benedikt Doll und Simon Schempp treffen nur vier der fünf Scheiben und müssen demnach in die Strafrunde.
+++ Der Stand nach dem ersten Schießen +++
Franziska Preuß übergibt nach dem ersten Schießen fehlerfrei an Simon Schempp. 1,6 Sekunden dahinter folgen Marina Yurlova und Denise Herrmann. Darja Domrachewa übergibt als Neunte an Björndalen.
+++ Preuß und Herrmann liegend fehlerfrei +++
Franziska Preuß und Denise Herrmann absolvieren das erste Schießen fehlerfrei. Darja Domrachewa hingegen muss einmal in die 75 Meter lange Strafrunde.
+++ Los geht's! +++
Angeführt von Denise Herrmann startet das zehnköpfige Feld in die Loipe. Darja Domratschewa und Franziska Preuß folgen ihr dicht dahinter.
+++ So läuft das Spektakel auf Schalke +++
Insgesamt sind beim Nationen-Wettkampf zehn Teams dabei, zunächst im Massenstart, dann in der Verfolgung. Die Damen laufen zweimal vier Runden auf der 1,3 km langen Loipe, die Herren müssen jeweils fünf Runden absolvieren.
Sportlich hat das Event, für das keine Weltcup-Punkte vergeben werden, einen eher geringen Stellenwert. Die Show dient eher der Vermarktung der Sportart - und ist für die Athleten ein kleiner Vorgeschmack auf die Weltcup-Klassiker in Oberhof (7. bis 13. Januar) und Ruhpolding (14. Januar bis 20. Januar).
+++ Shipulin mit anderen Sorgen +++
Anton Shipulin ist die nicht abreißenden Dopinggerüchte um seine Person leid - und zog am vergangenen Wochenende überraschend den Schlussstrich unter seiner Karriere. "Ich habe keine Energie mehr, mich immer wieder gegen diese Vorwürfe zu wehren", sagte der 31-Jährige in Moskau. Anfang Dezember waren russische Biathleten am Rande des Weltcups in Hochfilzen wegen möglicher Dopingverstöße erneut ins Visier genommen worden.
Schipulin, der auf Schalke gemeinsam mit Ex-Weltmeisterin Jekaterina Jurlowa-Percht antritt, absolvierte wegen angeblichen Trainingsrückstands noch kein Rennen in dieser Saison. Der Staffel-Olympiasieger von Sotschi gehörte zu den russischen Athleten, die vom Internationalen Olympischen Komitee nicht zu den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang zugelassen worden waren - was wohl ausschlaggebend für seinen Rücktritt war.
+++ Dahlmeier verzichtet auf Start +++
Doppel-Olympiasiegerin Dahlmeier fehlt, sie möchte nach ihrem gelungenem Comeback bis zur WM in Östersund immer mal wieder pausieren.
Beim dritten Weltcup in Nove Mesto hatte die 25-Jährige vor Weihnachten dem DSV die einzige Podestplatzierung beschert.
+++ Doll / Herrmann und Schempp / Preuß für Deutschland +++
Die deutschen Farben auf Schalke werden durch Sprint-Weltmeister Benedikt Doll und Denise Herrmann sowie Simon Schempp und Franziska Preuß vertreten.
+++ Björndalen nimmt Abschied +++
Biathlon-Legende Ole Einar Björndalen und Ehefrau Darja Domratschewa freuen sich auf ein letztes Highlight in der Loipe.
"Es wird für uns ein emotionaler und besonderer Abschied", sagt der mittlerweile 44 Jahre alte Björndalen vor dem Event.
3500 Kubikmeter Schnee aus der Neusser Skihalle und mehr als 45.000 Zuschauer in der ausverkauften Schalker Arena sorgen für den perfekten Rahmen. "In keinem anderen Stadion findet man diese Gänsehautstimmung", sagt der mit acht olympischen Goldmedaillen dekorierte norwegische Volksheld.
Für ihn, der nach der vergangenen Saison ebenso wie seine Ehefrau seine Karriere beendet hatte, steht nach seiner beispiellosen Laufbahn die Familie mit Töchterchen Xenia im Mittelpunkt.
Auf Schalke will der "Kannibale" bei seiner achten Teilnahme "vor dem besten Publikum" gemeinsam mit Domratschewa aber noch einmal das Teilnehmerfeld aufmischen. "Wir geben alles", versichert die viermalige Olympiasiegerin.