Mit der deutschen Flagge in der Hand feierte Laura Dahlmeier schon weit vor der Ziellinie die Auferstehung der deutschen Biathletinnen.
Deutsche Staffel holt WM-Gold
Ein Jahr nach dem Staffel-Debakel der Olympischen Spiele von Sotschi, dem Tiefpunkt in der so erfolgreichen Geschichte deutscher Skijägerinnen, spielte das DSV-Quartett förmlich mit der Konkurrenz und lief überlegen zum WM-Titel. Im Ziel fielen Franziska Hildebrand, Vanessa Hinz und Franziska Preuß ihrer Schlussläuferin überglücklich um den Hals.
Krönung einer ganzen Saison
Bundestrainer Gerald Hönig wischte sich die Freudentränen aus den Augen. Es war der erste große Titel nach der goldenen Generation um Rekord-Weltmeisterin Magdalena Neuner und das dritte deutsche Edelmetall bei den Titelkämpfen im finnischen Kontiolahti. Silber ging an Frankreich (+1:00,3 Minuten), Bronze an Italien (1:06,1): beide lagen ganze Biathlon-Welten zurück. "Wenn man die WM gewinnt, ist das die Krönung einer ganzen Saison", sagte Hönig nach dem ersten Staffelgold seit drei Jahren.
"Das ist ein brutal geiles Gefühl", jubelte Dahlmeier, die als Schlussläuferin fehlerfrei geblieben war: "Es war ein Traum für uns alle, dass wir irgendwann mal Weltmeister werden, jetzt haben wir uns das erfüllt, obwohl wir noch ein ganz junges Team sind." Hinz sprach von einem "Traum, der in Erfüllung geht" und Preuß meinte: "Niemand von uns kann schon glauben, dass wir jetzt wirklich Weltmeister sind. Das war ein absolut perfektes Rennen."
Erdrutschsieg übertrifft alle Erwartungen
Tatsächlich: Mit einer Medaille hatten sie beim Deutschen Skiverband gerechnet, auf Gold gehofft, von solch einem Erdrutsch-Sieg jedoch nicht einmal zu träumen gewagt. Im Vorfeld hatte es Diskussionen um die Position der Startläuferin gegeben, die Entscheidung fiel auf Hildebrand (Clausthal-Zellerfeld), mit 27 Jahren die Erfahrenste im Bunde. Nach zwei Fehlern im stehenden Anschlag übergab sie mit 12,5 Sekunden Rückstand zur Spitze auf Preuß.
Die 21-Jährige aus Haag, die nach einer Pleitenserie im vergangenen Jahr in Sotschi bittere Tränen vergossen hatte, schoss solide (3 Fehler) und verkürzte auf ihrer Schlussrunde als Dritte den Abstand zum Spitzenduo Italien und Tschechien auf 9,3 Sekunden. Preuß ("Das haben uns nur ganz wenige zugetraut") schickte Hinz ins Rennen, die Wackelkandidatin im deutschen Team.
Schlussrunde mit Reserven bestritten
Doch die WM-Staffel-Debütantin überraschte das ganze Team, schoss nur eine Fahrkarte und überzeugte auch in der Loipe. 30,4 Sekunden betrug der Vorsprung auf Top-Favorit Russland, und in der Wechselzone wartete Deutschlands Siegläuferin Dahlmeier. Die 21-Jährige aus Partenkirchen strotzte nur so vor Selbstvertrauen nach ihrer Silbermedaille in der Verfolgung. Auf der Schlussrunde hatte Dahlmeier sogar die Zeit, Kräfte für den Massenstart am Sonntag zu sparen.
Bei der vergangenen WM 2013 in Nove Mesto war das deutsche Team erstmals seit 18 Jahren ohne Medaille geblieben, 2014 gab es dann ein Debakel bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi. Abgeschlagen musste sich die durch den Dopingfall von Evi Sachenbacher-Stehle völlig verunsicherte Mannschaft mit Rang elf zufrieden geben. Am Tag des Rennens war der positive Dopingtest der Bayerin öffentlich geworden. Exakt 385 Tage danach schrieben Dahlmeier ein neues Kapitel der deutschen Erfolgsgeschichte.
Am Samstag (16.30 Uhr) wollen die Männer um Verfolgungs-Weltmeister Erik Lesser ihr erstes Staffelgold seit elf Jahren gewinnen. "Wenn man sieht, wieviele Podestplätze wir in den letzten Jahren geholt haben, wird es langsam mal Zeit für uns. Irgendwann sind wir auch mal dran", sagte Lesser (Frankenhain), der als Startläufer mit Daniel Böhm (Buntenbock), Arnd Peiffer (Clausthal-Zellerfeld) und Simon Schempp (Uhingen) in die Loipe geht. Zuletzt hatte ein DSV-Quartett 2004 in Oberhof den Titel gewonnen.