Jetzt steht er mit dem wertvollsten Spieler der stärksten Eishockey-Liga der Welt gewissermaßen schon auf einer Stufe - und jagt künftig auch in Kanada dem Puck hinterher: Tim Stützle ist an dritter Stelle im NHL-Draft ausgewählt worden und damit genauso früh wie der frisch gekürte NHL-MVP Leon Draisaitl vor sechs Jahren.
NHL-Hoffnung landet bei Chaos-Klub
In der Nacht zu Mittwoch wählten die Ottawa Senators den 18 Jahre alten Angreifer der Adler Mannheim - und erfreuten damit auch Draisaitl. "Ich bin in Kontakt mit dem Timmi. Ich habe ihn gestern angerufen und ihm viel Glück gewünscht", sagte der Topstar am Mittwoch in Köln: "Für das deutsche Eishockey ist das natürlich riesig."
Ebenfalls in der ersten Runde des Drafts kam Lukas Reichel von den Eisbären Berlin zum Zug. Die Chicago Blackhawks entschieden sich für den ebenfalls 18 Jahre alten Stürmer auf Rang 17.
Die größere Aufmerksamkeit gehörte aber natürlich Stützle, auf dem in Ottawa nun große Hoffnungen ruhen - nachdem sein neues Team zuletzt viel Misserfolg und Turbulenzen wegstecken hatte müssen.
Moderatoren-Legende stellt Stützle vor
Stützle wurde von den Senators auf kreative Weise präsentiert: Die kanadische Moderatoren-Legende Alex Trebek - amerikaweit bekannt als Gastgeber der berühmten Spielshow "Jeopardy" - stellte den Pick im Stil der Sendung vor: "Wer ist Tim Stützle?" war die in Frageform vorgelesene Antwort auf die Quiz-Aufgabe, welchen Spieler die Senators im Draft ausgewählt hatten.
Stützle erklärte derweil in einer Videopressekonferenz, in der er in der Nacht aus Mannheim zugeschaltet war: "Das ist einfach eine große Ehre. Mein Ziel ist es, mit Ottawa Pokale zu gewinnen, ich möchte so schnell wie möglich in der NHL spielen." Er wolle "ein Leader sein".
Das in Viersen geborene Ausnahmetalent dachte dabei sogleich an Draisaitl, den er als Vorbild sieht. "Mein Ziel ist am Ende, eine lange und erfolgreiche NHL-Karriere zu haben", sagte er. "Was Leon letzte Saison gemacht hat - und er wurde auch als Dritter gedraftet - das ist einfach unglaublich. Das ist auch mein Ziel, so zu sein."
Senators haben trübe Jahre hinter sich - Klubeigner in der Kritik
Die Senators gaben sich zuversichtlich, dass Stützle das gelingen kann. Der deutsche Teenager sei "ein weiteres Kernstück auf dem Weg zu unserem Projekt, ein nachhaltiges Elite-Team zu formen", erklärte Teambesitzer Eugene Melnyk, ein kanadischer Pharma-Milliardär.
Aktuell sind die Senators weit davon entfernt, in vier der vergangenen fünf Saisons verpassten sie die Playoffs, das Wirken von Melnyk - seit 2003 Eigner des Teams - ist seit Jahren umstritten. Dem 61-Jährige sah sich wegen des anhalten Misserfolgs des Stanley-Cup-Finalisten von 2007 vielfach massiver Kritik ausgesetzt. Es gab Fan-Petitionen, dass Melnyk - vom Sportportal The Ringer im vergangenen Jahr als "schlechtester Franchise-Besitzer Nordamerikas" verspottet -, abtreten solle.
Im der Saison 2018/19 sorgte vor allem für Verdruss, dass die Senators ihre Leistungsträger Matt Duchene, Ryan Dzingel und Mark Stone nicht halten konnten und in einem Trade abgaben. Ein Zuschauer-Minusrekord unterstrich die Krise, in der vergangenen Spielzeit lief es sportlich nicht besser, mit nur 25 Siegen in 71 Spielen hatten die Senators die zweitschlechteste Bilanz der Liga.
Links oder Center? Diskussionen um Position
Stützle ist auf diesem heiklen Pflaster nun ein Hoffnungsträger - wobei es innerhalb der Teamverantwortlichen Diskussionen über seine Position gibt: Die Kernfrage ist, ob er schon bereit ist, die verantwortungsvolle Position als Center zu übernehmen, oder ob er auf den linken Flügel ausweichen soll.
"Wir werden sehen, ob wir ihn links spielen lassen werden, das kommt darauf an, wie er sich anpasst", erklärte General Manager Pierre Dorion: "Wir haben auf jeden Fall einen sehr talentierten Stürmer, egal auf welcher Position.
Stützle genauso früh wie Draisaitl gedraftet
Stützle hält nun gemeinsam mit Draisaitl den Rekord bei den Männern, was die früheste Auswahl eines deutschen Sportlers in einer der nordamerikanischen Profiligen angeht. An erster Stelle wurde der kanadische Stürmer Alexis Lafreniere von den New York Rangers gezogen, an 2 wählten die Los Angeles Kings Quinton Byfield.
In der DEL (ausgewählte Spiele LIVE im TV auf SPORT1) war Stützle in der abgelaufenen Saison mit sieben Toren und 27 Vorlagen zum "Rookie des Jahres" avanciert.
Zur Erinnerung: Der Kölner Draisaitl war 2014 an dritter Stelle von den Edmonton Oilers auserkoren worden. Erst vor wenigen Wochen war der Topscorer als erster Deutscher zum MVP gewählt worden. Auch Moritz Seider war im vergangenen Jahr in den Top 10 gelandet, hatte bei den Detroit Red Wings an sechster Stelle den Vorzug bekommen.
Der nun an 17 gewählte Reichel freute sich ebenfalls. "Es ist ein großartiges Gefühl", sagte er. Die Blackhawks seien sein "Lieblingsteam in der NHL".