Als die Washington Redskins im NFL-Draft 2019 an der 15. Stelle Dwayne Haskins auswählten, standen die Chancen auf eine glorreiche Zukunft ohnehin nicht besonders gut. Was folgte, waren eineinhalb Jahre voller Pleiten, Pech und Pannen des jungen Quarterbacks und des wohl in den vergangenen 20 Jahren am chaotischsten geführten Sportteams der Welt.
Das zum Scheitern verurteilte Juwel
Mit der Entlassung Haskins' beendete Head Coach Ron Rivera das Missverständnis um ein NFL-Juwel, das in gewisser Weise von Beginn an zum Scheitern verurteilt war. (Alle Tabellen der NFL)
Haskins war großes NFL-Talent
Aber zunächst zurück zum Anfang: Im Frühjahr 2019 hieß das Football Team noch Redskins, Coach war noch immer der erfolg- wie farblose Jay Gruden und man brauchte nach dem Horror-Beinbruch von Alex Smith im November zuvor einen neuen Quarterback.
Da traf es sich gut, dass es mit Dwayne Haskins ein hoffnungsvolles Talent gab, das zwar nur ein Jahr für Ohio State am College gestartet hatte, dabei aber diverse Rekorde aufgestellt und den späteren ersten Draftpick Joe Burrow ausgestochen hatte.
Zudem kam Haskins auch noch aus Maryland und war quasi vor der Haustür ein Highschool-Star - das war aber auch das größte Problem.
Sollte Redskins-Stadion füllen - Sportliche Führung gegen ihn
Denn der für seine unqualifizierten Einmischungen berüchtigte Team-Eigentümer Daniel Snyder wollte deshalb Haskins unbedingt.
Der "Local Hero" sollte das Image des einst so stolzen dreimaligen Super-Bowl-Champions aufpolieren, um das Stadion wieder zu füllen.
Die sportliche Führung um Gruden und Talente-Guru Kyle Smith war strikt gegen Haskins. Wie in der vergangenen Woche mehrere US-Medien berichteten, flehte Smith Snyder geradezu an, Haskins nicht zu nehmen - ohne Erfolg.
Der 36-Jährige war für die Verpflichtung von Terry McLaurin, Antonio Gibson, Kamren Curl, Chase Roullier, Cole Holcomb und diversen weiteren Talenten hauptverantwortlich, die alle in der dritten Draftrunde oder später gewählt wurden und inzwischen das Rückgrat einer veranlagten Truppe bilden, die einen Sieg vom Playoff-Einzug entfernt ist. (Ergebnisse und Spielplan der NFL)
22 Starting Quarterbacks seit 2000
Smith war auch einer der wenigen, die unter dem neuen starken Mann Rivera ihren Job behielten und in seinem Fall sogar befördert wurden - er ist nun Anwärter auf die Rolle des General Managers.
Neben Smith war auch Gruden gegen Haskins - bei all seinen Schwächen kann man dem Ex-Coach nicht absprechen, dass er ein fantastisches Auge für Offensiv-Talente hat.
Dazu kommt, dass das Team mit Spielmachern chronisches Pech hat. Allein seit 2000 gab es insgesamt 22 verschiedene Starter - in diesem Zeitraum hatten nur Chicago und Cleveland mehr.
Ende des 1. Sieges wegen Selfie verpasst
Keine Rückendeckung des Coaches, wenige starke Anspielstationen, nur ein Jahr College-Praxis und das Quarterbackkiller-Team schlechthin: nicht die besten Voraussetzungen für Haskins, der sich allerdings von Anfang an selbst das Leben schwer machte.
Immer wieder hörte man, mit seiner Arbeitsmoral beim Lernen des Systems stünde es nicht zum Besten, entsprechend mau waren seine Trainingsleistungen.
Gruden, der um seinen Job kämpfte, setzte ihn somit zunächst auf die Bank, als er dann zum Spielen kam und nach Grudens Entlassung sogar seinen ersten Sieg feierte, verpasste er den letzten Spielzug, weil er stattdessen ein Selfie mit Fans machte.
Haskins eckt bei Rivera an
Die mangelnde Professionalität sollte ihm auch Probleme mit dem neuen Boss bringen. Der harte wie herzliche Ron Rivera hatte nämlich inzwischen das Ruder übernommen und sich von Eigner Snyder das alleinige Sagen im sportlichen Bereich zusichern lassen.
Nach einer meist erfolgreichen Zeit in Carolina wollte er vor allem zunächst die Mentalität des darbenden Hauptstadt-Teams ändern. Zusammenhalt und voller Einsatz sollten im Fokus stehen - nicht Haskins' Stärken.
Im Zuge der Coronapandemie fehlte dem Spielmacher die Offseason, um das neue System zu lernen, dennoch bekam er zunächst Unterstützung, wurde sogar einer der Kapitäne.
Als die Vorbereitung des inzwischen umbenannten Washington Football Teams begann, trainierte er exklusiv mit den Starten - im Gegensatz zum mit Rivera aus Carolina gekommen Kyle Allen oder Veteran Alex Smith, der heldenhaft kämpfte, nachdem Bakterien fast sein gesamtes Bein verschlungen hatten. Dennoch stellte er Haskins im Training bald in den Schatten - vom himmelweiten Unterschied als Anführer ganz zu schweigen.
Nach nur vier Spielen abgesägt
Seine Undiszipliniertheiten hätte man Haskins verziehen, wenn er denn wenigstens gut gespielt hätte.
Nach einem starken Comeback am ersten Spieltag gegen Philadelphia und einem desaströsen Auftritt gegen Cleveland reichte ein solides Spiel gegen Baltimore nicht, um ihm nach nur vier Spielen die Verbannung auf die Bank zu ersparen - obwohl seine Zahlen nicht oder kaum schlechter waren als jene der anderen 2019er-Rookies Daniel Jones und Kyler Murray.
Aufgrund der schwachen Divisionskonkurrenz befand sich das Team auch noch plötzlich im Playoff-Rennen - die Ausrede für Rivera, um das ungeliebte Talent abzusägen.
Das märchenhafte Comeback Smiths kam noch hinzu. Von Haskins sprach erstmal keiner mehr.
Party im Stripclub ohne Maske
Als Smith jedoch verletzt ausfiel, kam Haskins zurück, spielte trotz Niederlage ordentlich, stand sich aber danach einmal mehr selbst im Weg. Dank einer Party im Stripclub ohne Maske verletzte er zum zweiten Mal die Coronaregeln, eine katastrophale Leistung gegen Riveras Ex-Team Carolina brachte das Fass dann zum Überlaufen.
Wenige Tage später wurde Haskins gefeuert - es war gekommen, wie es anscheinend kommen musste. Während Rivera mit einem Sieg gegen Philadelphia das Team völlig überraschend in die Playoffs führen kann, muss Haskins um eine neue Chance und seine NFL-Karriere bangen.
Die Trennung war für beide Partner am Ende alternativlos.