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NFL: Minderheiten bekommen kaum Coach-Jobs - Rooney Rule funktioniert nicht

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NFL: Minderheiten bekommen kaum Coach-Jobs - Rooney Rule funktioniert nicht

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Das kaputte System der NFL

Die Rooney Rule soll schwarze NFL-Coaches fördern, aber das System funktioniert nicht. Nun soll es geändert werden. Steelers-Coach Mike Tomlin spricht Klartext.
Mike Tomlin (r.) spricht zum Thema schwarze NFL-Coaches Klartext
Mike Tomlin (r.) spricht zum Thema schwarze NFL-Coaches Klartext
© SPORT1-Grafik: Marc Tirl/Getty Images/Imago
Die Rooney Rule soll schwarze NFL-Coaches fördern, aber das System funktioniert nicht. Nun soll es geändert werden. Steelers-Coach Mike Tomlin spricht Klartext.

Es war der 8. Januar 2020, als die New York Giants mit einer Personalentscheidung die NFL überraschten.

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Joe Judge wird neuer Head Coach und kümmert sich ab kommender Saison unter anderem um Running Back Saquon Barkley. Wer ist der neue Cheftrainer, dessen Verpflichtung für die meisten NFL-Fans völlig unerwartet kam?

Der 38-Jährige coachte an mehreren Universitäten, ehe er 2012 von den New England Patriots verpflichtet wurde. Zuerst arbeitete er als Assistent bei den Special Teams, später stieg er sogar zum Special Teams Coordinator der Pats auf.

Tomlin: "Ein kaputtes System"

Erfahrung als Head Coach? Fehlanzeige. Das Beispiel zeigt einmal mehr, dass die NFL ein dunkles Geheimnis hat: das drastische Missverhältnis zwischen schwarzen Spielern und schwarzen Coaches.

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"Es ist ein kaputtes System. Das ist uns klar. Minderheiten bekommen nicht ausreichend Möglichkeiten. Wir müssen rausfinden, wie wir Anreize schaffen können", sagte Pittsburghs Cheftrainer Mike Tomlin im Podcast von Basketball-Coach John Calipari.

Erfahrung nützt McGaughey nichts

Der Fall Judge untermauert Tomlins Argument. Denn in ihren eigenen Reihen hätte es bei den Giants durchaus einen geeigneteren Kandidaten gegeben: Thomas McGaughey. Der 47-Jährige trainiert bereits zum zweiten Mal die Special Teams in New York. Er hat langjährige Erfahrung, arbeitete unter anderem bei den 49ers und den Carolina Panthers und auch in den Statistiken stehen seine Units deutlich vor Judge.

Warum also entschieden sich die Verantwortlichen der Giants nicht für den erfahrenen Mann aus den eigenen Reihen, der schon als Trainer tätig war, als der neue Cheftrainer noch am College paukte?

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McGaughey bringt zwei entscheidende Nachteile mit, und beide haben rein gar nichts mit seinen fachlichen Qualifikationen zu tun. Der 47-Jährige entstammt einer Afro-Amerikanischen Familie. Zudem, und das wiegt viel schwerer, kann man seine Verpflichtung den Anhängern weniger leicht schmackhaft machen.

Nach zwei Spielzeiten mit negativer Bilanz könnten sich Fans und Medien nur wenig für McGaughey begeistern. Judge hat zwar im Vergleich deutlich weniger Erfahrung, ihn umgibt aber der Glanz von drei Super-Bowl-Siegen mit den Patriots.

"Rooney Rule" hat NFL wenig gebracht

In der NFL steht das Thema Gleichberechtigung und Vielfalt schon seit vielen Jahren auf der Tagesordnung. Immer wieder weist die Liga auf Probleme in diesem Bereich hin. Doch hinweisen alleine genügt nicht.

17 Jahre ist es bereits her, dass die Einführung der "Rooney Rule" Ungleichheiten vorbeugen sollte. Benannt nach dem früheren Eigentümer der Pittsburgh Steelers, Dan Rooney, ist hier festgelegt, dass jedes Team, das einen neuen Head Coach sucht, mindestens einen Angehörigen einer Minderheit zum Vorstellungsgespräch bitten muss.

Beste Trainer werden nicht immer eingestellt

Doch die Realität in der NFL sieht anders aus. Obwohl mehr als 70 Prozent der Spieler schwarz sind, gibt es kaum schwarze Trainer - aktuell ganze vier - oder Manager. 2019 wurden acht neue Head Coaches vorgestellt, nur Brian Flores von den Miami Dolphins ist nicht weiß.

Wenn in der umsatzstärksten Liga der Welt ein Cheftrainer-Posten frei wird, geht es bei der Einstellung eines Nachfolgers häufig nicht um die Besten und Klügsten. Die Teambesitzer suchen meist einen Verkäufer oder Politiker. Jemand, der gegenüber Journalisten gute Stimmung verbreitet, damit diese Team und Staff in den höchsten Tönen loben.

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Das Wohl des Teams, des General Managers und natürlich des Owners selbst steht über allem. Starke Anführer passen da nicht immer ins Konzept. Dies führt sogar so weit, dass speziell Assistenztrainer die Spieler nicht mehr mit der nötigen Härte trainieren und Konfrontationen umgehen, nur damit die Sportler in den Medien nicht schlecht über die Trainer reden.

Freund statt Führungspersönlichkeit lautet das Credo, für viele Teams ein Teufelskreis.

Mehr Chancen für Minderheiten

Um das Ungleichgewicht in Sachen Besetzung von Führungspositionen zu beseitigen, wurden in der vergangenen Woche einige Änderungen von den Ownern vorgenommen. Bei ihrem jährlichen Treffen, das wegen der Coronakrise online stattfand, wurde unter anderem festgelegt, dass bei einem vakanten Cheftrainer-Posten in Zukunft zwei Bewerber außerhalb der Franchise und ein Minderheiten-Bewerber angehört werden müssen.

Auch für die Assistenztrainer gibt es in Zukunft mehr Rechte. So können diese mit einem anderen Team Gespräche führen, wenn es um einen Job als Offensive- Defensive- oder Special-Teams-Coordinator geht. Bislang konnten derartige Verhandlungen vom aktuellen Arbeitgeber verhindert werden.

Auch für Jobs im Finanzwesen, Marketing, Verkauf, etc. müssen die NFL-Teams in Zukunft einen Bewerber einer ethnischen Minderheit oder eine Frau zum Vorstellungsgespräch einladen.

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Farbiger Head Coach = bessere Draft-Picks?

Doch so sehr sich die neuen Regeln nach einem Aufbruch anhören, der wohl am heißesten diskutierte Vorschlag fand bislang noch nicht die Zustimmung der Bosse.

Laut NFL Network lag den Eigentümern ein Vorschlag vor, der die Einstellung eines Minderheiten-Kandidaten als Head Coach oder General Manager mit besseren Draft-Picks belohnt hätte.

So sah der Modellentwurf vor, dass ein Team nach der Anstellung eines farbigen Cheftrainers in dessen zweiter Saison beim Draft ab der dritten Runde um bis zu sechs Positionen nach vorne rücken soll. Auch die Anstellung eines farbigen Quarterback-Coaches sollte sich beim Draft günstig auswirken.

Sollte zudem noch ein Minderheiten-Kandidat zum GM ernannt werden, könnte das Team sogar bis zu zehn Positionen nach vorne rücken. "Natürlich kann man darüber diskutieren, wie eine Belohnung aussehen könnte, aber ich mag die Diskussion. Es wäre eine 180-Grad-Wendung. Aber warum nicht jemanden belohnen, der Talente entwickelt und einstellt?", sagte Tomlin.

Owner haben nicht abgestimmt

Doch soweit ist es (noch) nicht gekommen. Um eine Resolution rechtskräftig durchzubringen, müssen mindestens 24 der 32 meist alten, weißen Eigentümer dafür stimmen. Laut Commissioner Roger Goodell kam es bei diesem ganz speziellen Vorschlag aber bislang nicht einmal zu einer Abstimmung.

Am nötigen Support hätte es laut Goodell aber nicht gemangelt. "Es gab sehr viel Unterstützung. Aber es gab auch einige Vorschläge, Änderungen und Gedanken, die wir uns nochmal anschauen und mit der Fritz Pollard Alliance (Gruppe von Trainern und Managern, die die Möglichkeiten von Minderheiten in NFL-Führungspositionen stärken will, Anm.d.Red.) besprechen sollten", so der Commissioner.

Wann und ob überhaupt über diesen richtungsweisenden Vorschlag abgestimmt wird, ist nicht bekannt. Fakt ist: Es ist eines der wichtigsten Probleme, das die NFL dringend lösen muss.