Die Playoff-Chancen der Washington Wizards sind nach den beiden Niederlagen beim Restart der NBA im Disney World in Orlando nur noch gering - für den deutschen Nationalspieler Isaac Bonga steht dennoch viel auf dem Spiel.
Bonga: So lebt es sich in Disney World
Der 20 Jahre alte Forward muss seine guten Leistungen aus den Testspielen in den verbliebenen Spielen der Regular Season bestätigen, um die Wizards von sich zu überzeugen - das Fehlen der Superstars John Wall und Bradley Beal bietet dafür die ideale Gelegenheit.
Im Interview mit SPORT1 verrät Bonga, wie er sich auf den Restart vorbereitet hat und welche Ziele er sich gesteckt hat. Außerdem spricht er über die Favoriten auf den Titel.
SPORT1: Herr Bonga, wie haben Sie die Coronakrise persönlich erlebt - erst einmal die Zeit, bevor Sie in der Bubble waren?
Isaac Bonga: Es war sehr schwer für mich, etwas zu finden, das nichts mit Basketball zu tun hat. Sonst habe ich immer einen Rhythmus, gehe ins Training. Wenn man da rausgeworfen wird, ist es komisch, etwas anderes zu finden. Ich habe in der Corona-Pause natürlich viel mit meiner Familie gesprochen, habe angefangen, Piano zu spielen, zu kochen - also viele neue Sachen ausprobiert, um mich einfach zu beschäftigen. Ich habe aber auch versucht, fit zu bleiben und habe zu Hause trainiert.
SPORT1: Und wie ist es in der Bubble? Fühlen Sie sich dort sicher?
Bonga: Ja, auf jeden Fall. Wir werden auch jeden Tag getestet. Innerhalb der Bubble müssen wir eine Maske tragen. Man hat schon das Gefühl, dass man hier drin ziemlich sicher ist.
Bonga: NBA-Bubble "ziemlich sicher"
SPORT1: Wie sieht denn dort Ihr üblicher Tagesablauf aus?
Bonga: Normalerweise messen wir nach dem Aufstehen erst einmal unsere Temperatur. Außerdem haben wir ein Armband, welches unsere ganzen Daten speichert. Das ist das erste, was wir morgens machen und das ist Pflicht. Ansonsten darf man sein Zimmer nicht verlassen. Danach haben wir eigentlich immer Training, gehen dann Essen. Und jetzt sind wir in der Phase, in der wir uns schon morgens aufs Spiel vorbereiten.
SPORT1: Was machen Sie abseits des Trainings und der Spiele, um sich dort zu beschäftigen?
Bonga: Wir haben eine Players Lounge, in der wir Billard spielen können, sehr viele Kartenspiele, mehrere Fernseher zum Playstation spielen. Wir haben auch die Möglichkeit, Golf zu spielen und mittlerweile auch zu den anderen Hotels zu fahren und mit anderen Spielern zu reden. Es gibt also viele Möglichkeiten, außerhalb des Zimmers etwas zu unternehmen. Das ist ziemlich cool.
Bonga über eigene Chancen: "Bin vorbereitet"
SPORT1: Man trifft also auch mal auf Spieler der anderen Teams?
Bonga: Ja. Vor ein paar Tagen habe ich Alex Caruso, einen alten Teamkollegen bei den Lakers, besucht. Man hat also nicht das Gefühl, dass man irgendwie in seinem Zimmer gefangen ist.
SPORT1: Sie haben bei den Testspielen gute Leistungen gezeigt und Ihr Coach Scott Brooks sagte sogar: 'Ich liebe diesen Jungen'. Wie liefen die Tests aus Ihrer Sicht und was sagen Sie zum Lob ihres Trainers?
Bonga: Wenn ich in diese Testspiele reingehe, dann will ich gewinnen und mich bestmöglich auf das erste reguläre Spiel vorbereiten. Natürlich höre ich solche Aussagen, dass ich mich selbst verbessert habe. Aber mein Fokus liegt darauf, gut vorbereitet zu sein, in den Spielen gute Leistungen zu bringen und dann auch zu gewinnen.
SPORT1: Und wie gehen Sie jetzt in den Restart, erst einmal aus persönlicher Sicht? Mit John Wall und Bradley Beal fehlen verletzungsbedingt die beiden großen Stars auf den Guard-Positionen. Die ideale Chance für Sie?
Bonga: Ich bin auf jeden Fall vorbereitet, um auch mehr Spielzeit - wenn ich sie denn bekomme - zu nutzen und meine beste Leistung zu zeigen. Darauf habe ich auch schon während der Quarantäne hingearbeitet.
SPORT1: Sie spielen ja auch für Ihre Zukunft, da Ihr Vertrag für die kommende Saison nicht garantiert ist. Werden das jetzt also die wichtigsten Spiele in Ihrer Basketball-Karriere - trotz der ungewöhnlichen Umstände?
Bonga: Natürlich weiß ich, dass das gerade eine sehr gute Chance auch für meine Zukunft ist. Aber momentan zählt für mich nicht nur Basketball, sondern auch die vielen anderen Geschichten, die in der Welt passieren mit Social Justice und Black Lives Matter. Daher ist das eine Sache, über die ich dann eher später nachdenke.
NBA-Stars mit Botschaften auf Rücken
SPORT1: Anstelle des Namens dürfen Spieler nun auf dem Rücken eine Botschaft tragen - haben Sie sich auch für eine entschieden?
Bonga: Ich habe "Freedom" genommen, weil wir beispielsweise auch am 19. Juni bei einer Demo mitgemacht haben. Wir sind zum Martin Luther King Memorial gegangen. Das war der Tag, an dem die Sklaven befreit wurden. Deswegen habe ich mich dazu entschlossen, "Freedom" auf meinem Rücken zu tragen. Das war wirklich besonders für mich.
SPORT1: Ist es ein Vor- oder Nachteil, dass ohne Zuschauer gespielt wird?
Bonga: Ich glaube nicht wirklich, dass es Vor- oder Nachteile hat, da wir alle im gleichen Boot sitzen. Wir alle hatten diese schwierige Zeit, die jetzt hoffentlich vorbei ist. Basketball ist wieder da und wir haben die Möglichkeit, Großes zu erreichen.
Bonga über Favoriten auf NBA-Titel
SPORT1: Wer sind für Sie die Titelfavoriten?
Bonga: Das ist immer schwer zu sagen. Wir wurden alle aus der Saison und aus dem Rhythmus gerissen. Teams wie L.A. oder Milwaukee waren weit oben. Aber jetzt denke ich, ist es ziemlich offen. Wir haben vier Monate kein Basketball gespielt. Jetzt wieder reinzukommen, wird schwer, deshalb wird das Rennen sehr offen.
SPORT1: Wie schätzen Sie die Chancen der anderen Deutschen ein?
Bonga: Auch ziemlich gut. Wir werden gegen Boston und OKC spielen, also gegen Daniel (Theis, Anm. d. Red.) und Dennis (Schröder, Anm. d. Red). Beide haben eine gute Truppe und haben die Chance, etwas Großes zu erreichen. Es wird auf jeden Fall aufregend.
SPORT1: Das Play-in-Tournament vor den Playoffs ist eine erste Änderung, die ausprobiert wird. Zudem wurde diese Saison bereits über weniger Spiele, einer Art Pokalturnier und neue Setzlisten diskutiert. Was halten Sie von den Ideen?
Bonga: Das ist eine schwierige Sache. Aber ich denke, dass es eher darauf ankommt, wie sich die ganze Situation verändert. Wir haben bereits in den letzten Tagen über sehr viele Konstellationen gesprochen. Ob man nächstes Jahr vielleicht nach dem gleichen Prinzip spielt, nur in verschiedenen Städten. Natürlich habe ich auch viele guten Dinge aus Deutschland gehört. In Amerika wird noch daran gearbeitet. Aber ich finde, dass nächste Saison sehr positiv aussehen kann - speziell auch aus sportlicher Sicht.