Der FC Bayern München, Manchester United, der FC Barcelona: Praktisch alle Top-Vereine wollten vor zwei Jahren diesen Jungen haben.
Das zurechtgestutzte Wunderkind
Martin Odegaard, damals 16 Jahre alter Norweger, galt als das Wunderkind des europäischen Fußballs. Das Rennen um ihn: ein Prestigekampf, gewonnen am Ende von Real Madrid.
Im Dezember 2016 wurde Odegaard volljährig - und statt den Großmächten buhlten internationale Mittelklasse-Vereine um ihn. Und teils nicht mal die.
"Er ist nicht bereit"
"Er ist nicht bereit, er muss noch einiges aufarbeiten. Er würde hier nicht oder nur sehr wenig spielen", sagte Rene Ruello, Präsident von Stades Rennes aus Frankreich.
Ein öffentlicher Schlag ins Gesicht für Odegaard.
Bei seinem Wechsel zu Real ließ sich der offensive Mittelfeldspieler in den Vertrag schreiben, dass er mit den Profis trainieren darf, auch wenn er nur für die zweite Mannschaft der Königlichen spielt.
Odegaard steht also regelmäßig mit Cristiano Ronaldo, Gareth Bale und Co. auf dem Trainingsplatz und soll zu schlecht sein, um in der französichen Ligue 1 zu spielen?
Von Madrid nach Heerenveen
Wie Rennes winkte ein Klub nach dem anderen ab, als bekannt wurde, dass sich Odegaard im Winter gerne von Real verleihen lassen würde.
Zunächst waren Vereine aus der Bundesliga und der englischen Premier League im Gespräch, doch Odegaard bringt eindeutig noch nicht die körperlichen Voraussetzungen für das Tempo und die Härte in Deutschland oder England mit.
Nun wurde Odegaard zum SC Heerenveen in die Niederlande verliehen. Es ist ein Wechsel in eine andere Welt.
Vom größten Verein des Planeten zum derzeit Vierten der Eredivisie. Von der spanischen Hauptstadt in die Provinz Friesland. Vom legendären weißen Trikot der Königlichen in ein sehr eigenwilliges, weiß-blau gestreiftes Jersey mit roten Herzchen auf der Brust und den Schultern.
Reals Glanz blendete Odegaard
Bei seiner Vorstellung in den Niederlanden erklärte Odegaard: "Ich hatte sehr gute Gespräche mit dem Verein. Sie wollen mich als Spieler weiterbringen, deshalb bin ich hier. Für meine Entwicklung ist das der beste Schritt."
Der Transfer zu Real war das offensichtlich nicht. Nun holt der Norweger den ersten Schritt nach dem zweiten nach.
Nach seinem Abschied von seinem norwegischen Heimatklub Stromsgodset IF hätte ein Wechsel zu einem kleineren Verein in einer kleineren Liga mehr Sinn ergeben.
Doch Odegaard ließ sich locken vom Glanz des Weltvereins. Was ja auch verständlich ist: Real bemühte sich um den Jungspund, ließ ihn mit den Stars trainieren, gab seinem Vater einen Job als Jugendtrainer.
Wieder nur PR-Gag?
In der ersten Mannschaft wurde Odegaard allerdings nur ein einziges Mal eingewechselt. Ex-Real-Coach Carlo Ancelotti nannte seine Verpflichtung im Rückblick einen PR-Gag.
Odegaard wird nun nach dem ganzen Hype wieder die ganz normale Fußballwelt kennen lernen, das Wunderkind ist auf Normalgröße zurechtgestutzt.
Bei seiner Vorstellung in Heerenveen sorgte Odegaard natürlich nochmal für Medieninteresse. Jedenfalls mehr als sonst in der niederländischen Provinz. Bei seinem nächsten und übernächsten Klub wird die Aufmerksamkeit geringer werden, wenn er in Heerenveen nicht den nächsten Schritt macht.
Ausleihe kann Chance sein
Bei Real wird er Odegaard im Moment nicht zugetraut - auch wenn man dort mit seinen Auftritten in der zweiten Mannschaft durchaus zufrieden war. In Reals B-Team Castilla war Odegaard Stammspieler.
Durch die Leihe wollen die Verantwortlichen ihn nicht loshaben, sondern hoffen ehrlich auf eine positive Entwicklung. Das funktionierte schon bei Daniel Carvajal, der in Leverkusen reifte. Oder Frankfurts Jesus Vallejo, den die Königlichen nach der Saison wohl zurückholen werden.
Es wäre also verfrüht, Odegaard ein gescheitertes Wunderkind zu nennen: Sein Schritt zurück kann am Ende ein Schritt nach vorn sein.
Wenn er denn gelingt.