In dem Moment, als sich ihr Kindheitstraum erfüllte, sank Angelique Kerber wie vom Blitz getroffen auf die Knie. Schluchzend und weinend vor Glück lag sie auf dem heiligen Rasen von Wimbledon.
Kerber triumphiert in Wimbledon
Als erste Deutsche seit der großen Steffi Graf vor 22 Jahren hat die Kielerin den prestigeträchtigen Grand-Slam-Klassiker in London gewonnen.
Im Finale am Samstag schlug sie US-Superstar Serena Williams 6:3, 6:3 - und schrieb damit nach dem frühen WM-Aus der Fußball-Nationalmannschaft doch noch ein Sommermärchen für die Sportnation Deutschland.
"Ein Traum ist heute wahr geworden. Ich habe jede Sekunde in den letzten zwei Wochen genossen", sagte Kerber strahlend, nachdem sie aus den Händen von Prince Edward den Siegerpokal des ältesten und wichtigsten Tennis-Turniers erhalten.
"Ich glaube, heute ist der schönste Tag in meiner Karriere. Ich wollte als kleines Kind Wimbledon gewinnen. Das kann mir niemand mehr nehmen", sagte sie bei Sky und ZDF.
Kerber nach Steffi Graf historisch
Kerber ist die erst dritte deutsche Wimbledon-Siegerin nach Graf, die insgesamt siebenmal gewann, und Cilly Aussem, die 1931 in einem deutschen Finale Hilde Krahwinkel besiegt hatte. Daneben war es für Kerber der dritte Major-Titel nach ihren Siegen bei den Australian Open und US Open im Jahr 2016.
Nur noch der Triumph bei den French Open fehlt ihr, um ihren Karriere-Grand-Slam zu komplettieren und damit in einen elitären Kreis von derzeit nur zehn Spielerinnen aufzusteigen. "Angelique ist eine unglaubliche Person und eine hochverdiente Siegerin. Ich gönne es ihr von Herzen", sagte Williams.
Das Finale auf dem Centre Court der Anlage an der Londoner Church Road hatte mit exakt 2:15 Stunden Verspätung begonnen, weil zuvor noch das zweite Männer-Halbfinale zwischen Novak Djokovic und Rafael Nadal beendet werden musste.
Das Duell der beiden langjährigen Rivalen war am Freitagabend unterbrochen worden, nachdem sich zuvor Kevin Anderson (Südafrika) und John Isner (USA) das mit 6:36 Stunden drittlängste Tennismatch der Geschichte geliefert hatten.
Kerber mit frühem Break
Erst nachdem sich Djokovic im fünften Satz mit 10:8 durchgesetzt hatte, betraten Kerber und Williams unter großem Jubel den "heiligen Rasen". Vor den royalen Augen von Herzogin Kate und Herzogin Meghan, die gut mit Williams befreundet ist und diese unter anderem im Mai zu ihrer Hochzeit mit Prinz Harry eingeladen hatte, begann das Match für Kerber mit einem Traumstart. Gleich im ersten Spiel des Tages glückte ihr ein Break, nach vier Minuten führte sie mit 2:0.
Williams wirkte in ihrem 30. Grand-Slam-Finale derweil seltsam lethargisch. Zwischen den Ballwechseln schleppte sich die 36-Jährige geradezu über das Feld, verschlug ungewöhnlich viele einfache Bälle.
Auf der Gegenseite zeigte Kerber "Kerber-Tennis". Die Weltranglistenzehnte bewegte sich gut, machte kaum einfache Fehler und attackierte mit guten Kontern aus der Defensive heraus.
Kerber trotzt Serena Williams
Im zweiten Durchgang bot sich ein ähnliches Bild. Obwohl Williams, die in Wimbledon zuvor 20 Matches in Serie gewonnen hatte, sich selbst aus ihrem Loch zu ziehen versuchte und sich laut nach vorne peitschte.
Doch Kerber blieb davon völlig unbeeindruckt und vor allem in ihren Aufschlagspielen vollkommen souverän. Aus ihrem Blick sprach beinahe grimmige Entschlossenheit: Beim Stand von 3:2 gelang ihr ein weiteres Break.
Anschließend ließ sie sich nicht mehr aus dem Konzept bringen und verwandelte nach nur 65 Minuten ihren ersten Matchball.
Angelique Kerber klettert in Weltrangliste
Auf dem Weg in ihr zweites Wimbledon-Finale hatte Kerber in den vergangenen beiden Wochen die Russin Wera Swonarewa, Claire Liu (USA), Naomi Osaka (Japan), Belinda Bencic (Schweiz), Daria Kassatkina (Russland) und Jelena Ostapenko (Lettland) bezwungen.
Nach dem Turnier klettert sie auf Position vier der Weltrangliste.
Aus deutscher Sicht hatte zudem Julia Görges überzeugt, die erstmals in ihrer Karriere ein Grand-Slam-Halbfinale erreichte, dort jedoch gegen Williams verlor. Das deutsche Frauen-Tennis schrieb in Wimbledon ein sommerliches Tennis-Märchen - mit Kerbers Triumph als Happy End.
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