Als Australiens Davis-Cup-Teamchef Lleyton Hewitt gefragt wurde, wie ihm das neue Davis-Cup-Format gefallen würde, polterte der frühere Weltranglistenerste los.
Wie Pique die Tennis-Welt spaltet
"Wir werden von einem spanischen Fußballspieler geführt. Das wäre so, als ob ich Änderungen an der Champions League vornehmen würde. Das ist lächerlich. Er weiß nichts über den Tennissport", schickte Hewitt Giftpfeile in Richtung von Fußballstar Gerard Pique.
Der Star des FC Barcelona ist der Gründer und das Gesicht der Investorengruppe Kosmos Group, die für die radikale Davis-Cup-Reform verantwortlich ist. Diese sieht nicht nur die Streichung von Best-of-Five-Matches, sondern auch die Austragung eines Finalturniers im November vor.
Die über das Jahr verteilten traditionellen Heim- und Auswärtsduelle fallen somit für die sechs bereits feststehenden Finalisten komplett weg, andere Teams wie Deutschland müssen sich in der Vorrunde, dafür erst qualifizieren. Das DTB-Team tritt am Wochenende gegen Ungarn an (ab Fr., 16 Uhr im LIVETICKER).
Federer teilt gegen Pique aus
Hewitt ist nicht der erste Ex- oder aktive Spieler, der sich den Ehemann von Popstar Shakira zur Brust nimmt. Als Pique nach Protesten vieler Profis gegen die November-Ansetzung den September als Alternativtermin vorschlug, zog er sich den Zorn von Roger Federer zu, da dessen Laver Cup da stattfindet.
"Es ist schon komisch für uns Tennisspieler, einen Fußballer in unserer Welt zu haben. Er muss sehr vorsichtig sein. Der Davis Cup sollte nicht zum Pique Cup werden", warnte Federer den Spanier. Die Warnung scheint gerechtfertigt, denn kurz vor dem Start wurde Spaniens Fußballliga La Liga als offizieller Sponsor des Davis Cups bestätigt.
Federer kündigte zudem an, dass seine Teilnahme am neuen Davis Cup "höchst unwahrscheinlich" sei. Pique konterte betont gelassen: "Er hat halt ein gewisses Alter und seine Beine geben das her, was sie in diesem Alter hergeben. Die Schweiz wird sich vielleicht ohnehin nicht qualifizieren."
Zverev und Djokovic gegen Reform
Eine Federer-Absage allein mag Pique verschmerzen können, doch auch andere Stars wie Novak Djokovic und Alexander Zverev haben ihren Unmut über die Reform geäußert und angekündigt, auf keinen Fall im November zu spielen. "Ich mag das neue System gar nicht", kritisierte Zverev jüngst im Videomagazin "Tiebreak".
Auch andere Spieler von traditionsreichen Davis-Cup-Nationen wie zum Beispiel Frankreich haben sich über die Reform echauffiert. Das wirft die Frage auf, wie es angesichts der großen Proteste ihrer Spieler dazu kommen konnte, dass knapp 71 Prozent der Delegierten der nationalen Tennis-Verbände für die Reform stimmten.
Die Antwort lautet wie so oft im Profisport: Geld. Die Reform verspricht den Verbänden und Spielern einen geradezu aberwitzigen Geldregen von drei Milliarden Dollar in 25 Jahren. Klar, dass gerade kleinere Verbände mit Finanzsorgen nicht lange überlegen mussten.
Österreich enthielt sich mit seinen fünf Stimmen zwar, auf der ÖTV-Website hieß es aber vielsagend: "Von diesen Summen werden die nationalen Verbände, wie der ÖTV, enorm profitieren."
ITF-Boss Haggerty auf Stimmenfang
Der Chef des ausrichtenden Tennis-Weltverbandes ITF, David Haggerty, stand ebenfalls hinter der Reform und war vor der Abstimmung in Afrika und Südamerika auf Stimmenfang gegangen. Da ganz Afrika und Amerika dafür gestimmt haben sollen, muss er wohl überzeugende Argumente vorgebracht haben.
Etwas überraschender war, dass auch große Verbände mit nicht minder großer Davis-Cup-Geschichte für die Neuerung stimmten - und das, obwohl sie zuvor öffentlich das Gegenteil angekündigt hatten. So ließen mehrere Verbände durchsickern, dass Großbritannien in letzter Sekunde seine Meinung änderte.
So war der Kampf von Deutschland, das von Anfang an einer der größten Gegner der Reform war, zum Scheitern verurteilt.
Geld spielt für Kosmos Group keine Rolle
Dass die Kosmos-Gruppe ihre finanziellen Versprechen bricht, ist unwahrscheinlich. Allein Mitinhaber Hiroshi Mikitani hat als CEO von Rakuten ein Privat-Vermögen von 7,1 Milliarden Dollar. Zudem konnte Pique mit Larry Ellison (Oracle-Gründer) einen der zehn reichsten Menschen der Welt für das Projekt gewinnen.
Dennoch hofft Zverev, dass man bald "das alte System mit den Heimspielen wieder zurückbekommt". Dies ist wohl nur mit einem Boykott der Topspieler möglich. Doch die haben ein Problem: Wer 2019 oder 2020 nicht mindestens einmal im Davis Cup antritt, kann nicht an Olympia 2020 in Tokio teilnehmen.
Wie Kyle Edmunds Trainer Fredrik Rosengren bei Source Podcast verriet, hat Djokovic aber in einer E-Mail angekündigt, diese Regel zu boykottieren. Die Nummer 1 will es also offenbar auf einen Machtkampf ankommen lassen.
Der Kampf um den Davis Cup hat jedenfalls gerade erst begonnen.