Novak Djokovic spaltet die Tennis-Welt aktuell wie kein Zweiter. Nicht einmal Bad Boy Nick Kyrgios löste während der Corona-Pause der ATP-Tour so viele Emotionen aus wie der Serbe mit seinen Aussagen und Handlungen.
Wie sich Djokovic mehr Feinde macht
In seinen Instagram-Live-Chats behauptete der 17-malige Grand-Slam-Sieger unter anderem, dass man durch Gedanken giftiges Wasser in Heilwasser verwandeln kann oder kritisierte eine mögliche Corona-Impfpflicht vehement.
Dafür fing er sich Rüffel von Tennis- sowie Gesundheits-Experten ein - inzwischen leidet offenbar sogar seine Reputation bei Spielerkollegen. "Die meisten schütteln nur mit dem Kopf, wenn zurzeit der Name Djokovic genannt wird", sagte ein europäischer ATP-Spieler laut tennisnet.com.
"Manchmal sage ich Dinge - und wenn ich danach darüber nachdenke, wird mir klar, dass ich sie nicht so hätte formulieren sollen, wie ich es getan habe", gab Djokovic im Podcast "Wish & Go" nun selbst zu.
Djokovic irritiert mit Adria Tour
Aktuell sind es weniger seine Worte als die Geschehnisse bei der von Djokovic ins Leben gerufenen Adria Tour, an der unter anderem auch Alexander Zverev und Dominic Thiem teilnehmen, die bei einigen für Kopfschütteln sorgen.
Zwar ist die Idee hinter der Tour zu loben, da der Erlös aus der Turnier-Serie Wohltätigkeitsorganisationen zugutekommt. Die Umsetzung wirft jedoch die Frage auf, ob die Corona-Pandemie nur ein böser Traum war - Serbiens aktuelle Fallzahlen widersprechen dieser Theorie aber.
Bereits vor Beginn der Tour hatten Djokovic und seine Kollegen mit einem Fußballspiel und den herzlichen Torjubeln sowie Mannschaftsfotos für Irritationen gesorgt. Beim Tennis gab es dann prall gefüllte Zuschauerränge in Belgrad sowie Selfies inmitten enthusiastischer Fans.
Dazu muss festgehalten werden, dass Serbien Sportveranstaltungen mit Zuschauern seit dem 1. Juni wieder erlaubt. Dabei soll allerdings ein Sicherheitsabstand von einem Meter eingehalten werden, welcher weder im Presseraum noch bei den Zuschauern beachtet wurde.
Montenegro-Station fällt aus
Auch wenn die Bilder aus Belgrad nicht der Grund dafür waren, fällt die in Montenegro geplante dritte Station der Adria Tour ins Wasser. Grund: Die Regierung Montenegros hat die Grenzen nur für Bürger von Ländern geöffnet, die die festgelegten Einreisekriterien erfüllen - Serbien zählt nicht dazu.
Djokovic wird dafür vermutlich Ersatz finden - und lässt man Corona-Vorschriften außen vor, kann der 33-Jährige mit dem Erfolg seiner Serie bisher zufrieden sein. Die Spieler sind mit Spaß und Leidenschaft dabei, was beim nach Spitzentennis dürstenden Publikum gut ankommt.
So mancher gewinnt beim Zuschauen aber den Eindruck, dass der Weltranglistenerste den Organisatoren der US Open mit dem - zumindest auf dem ersten Blick - kaum vorhandenen Hygiene- und Quarantänekonzept beweisen will, dass es auch ohne strenge Auflagen geht.
Kritik an den US Open
Nach seinen seltsamen Theorien rund um Heilwasser hatte sich Djokovic wieder dem Tennis gewidmet. Doch auch hier bekam er nicht nur für den sorglosen Umgang mit Nähe bei der Adria Tour Gegenwind - seine klaren Worte gegen geplante Sicherheitsmaßnahmen der US Open stießen ebenso auf Kritik.
"Wir dürften nicht nach Manhattan, wir müssten in Hotels am Flughafen schlafen, um zwei- oder dreimal pro Woche getestet zu werden", klagte Djokovic beim TV-Sender Prva TV. Zudem beschwerte er sich, dass die Vorgabe, als Spieler nur eine Person mit auf die Anlage zu bringen, "wirklich unmöglich sei".
Djokovic zufolge braucht man zwingend "einen Trainer, einen Fitnesstrainer und einen Physiotherapeuten" - und da ihm die bisherigen Bestimmungen zu extrem sind, kündigte er beim TV-Sender RTS an: "Wie es im Moment aussieht, wird die Saison für mich Anfang September auf Sand weitergehen."
Collins kritisiert Djokovic scharf
Danielle Collins, Halbfinalistin der Australian Open 2019, reagierte auf Instagram sauer: "Für diejenigen unter uns, die nicht mit einer Entourage reisen, ist es wichtig, dass bald wieder gespielt wird. Es wäre schön, wenn der beste Profi der Welt die Vorschläge unterstützt anstatt sie für Spieler und Fans schlecht zu reden."
Djokovic ist jedoch nicht der einzige Top-10-Spieler, der Bedenken an der Austragung der US Open hat - oder sogar äußerte. Mit Rafael Nadal, Simona Halep und Ashleigh Barty ließen weitere Topstars ihre Teilnahme offen. Zverev und Thiem stellten sich bei dessen Tour ebenfalls hinter Djokovic.
Keiner dieser Stars wählte dafür allerdings so klare Worte wie Djokovic. Das tat einzig noch Kyrgios, dessen Äußerungen aber nicht annähernd so ein großes Gewicht haben wie die des ATP-Spielerpräsidents Djokovic. Daher schrieb Collins, dass er die Vorschläge nicht "für Spieler schlecht reden soll".
Djokovic verzichtet auf wichtiges Meeting
Als Präsident sollte Djokovic ihrer Meinung nach zudem auch die Ansicht der niedriger gesetzten Spieler vertreten und nicht nur seine eigene Ablehnung kundtun. Doch anders als 400 Spieler, Trainer und Funktionäre nahm er nicht einmal an einer Videkonferenz teil, um über die Situation zu diskutieren.
"Es ist nicht respektvoll, seine Meinung per Interview und WhatsApp kundzutun, wenn solch ein Meeting angesetzt ist", sagte Dirk Hordorff dem SID. Der DTB-Vizepräsident sieht es ähnlich wie Collins: "In solchen Zeiten muss man in der Lage zu Kompromissen sein und nicht auf Maximalforderungen bestehen."
Wahrscheinlich wird sich bereits am Montag zeigen, ob Djokovic mit seiner Verzichts-Androhung etwas bewirkt hat. Denn dann soll feststehen, ob und in welcher Form die von 31. August bis 13. September geplanten US Open stattfinden - ob Djokovic teilnimmt, wird aber wohl ohnehin noch länger offen sein.