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Suzanne Lenglen: Karriere, Portrait, Erfolge in Wimbledon und French Open

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Suzanne Lenglen: Karriere, Portrait, Erfolge in Wimbledon und French Open

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Lenglen - Die Diva auf dem Court

In den 1920er ist Suzanne Lenglen die Dominatorin im Damentennis. Aber auch abseits des Sports ist sie Gesprächsthema. SPORT1 stellt diese außergewöhnliche Frau vor.
Games of the VII Olympiad Suzanne Lenglen war sowohl sportlich als auch modisch eine absolute Ausnahmeerscheinung im Damentennis ihrer Zeit
Games of the VII Olympiad Suzanne Lenglen war sowohl sportlich als auch modisch eine absolute Ausnahmeerscheinung im Damentennis ihrer Zeit
© Getty Images
Manuel Habermeier
In den 1920er ist Suzanne Lenglen die Dominatorin im Damentennis. Aber auch abseits des Sports ist sie Gesprächsthema. SPORT1 stellt diese außergewöhnliche Frau vor.

Am 7. Juli 1919 erlebten die Zuschauer im Damenfinale der Wimbledon Championship ein Match, das als eines der besten Finalspiele aller Zeiten in die Geschichte des prestigeträchtigen Rasenturniers eingehen sollte.

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Auf der einen Seite stand die 40-jährige Dorothea Douglass-Chambers. Die Engländerin war vor dem ersten Weltkrieg die Dominatorin im Damentennis und konnte sich bereits sieben Mal in die Siegerliste von Wimbledon eintragen.

Auf der anderen Seite stand die 20-jährige Suzanne Rachel Flore Lenglen. Die junge Französin war ein aufstrebendes Talent, das schon frühe Erfolge aufweisen konnte. Bereits mit 15 gewann sie die Hartplatz-Weltmeisterschaft in Paris und musste bei ihren Turniersiegen im Frühjahr an der Cote d'Azur nicht einen Satz abgegeben. Nun stand sie bei ihrem ersten Rasenturnier direkt im Finale und forderte die Altmeisterin Douglass-Chambers.

Wimbledon 1919 - Duell der Gegensätze

Aber es war nicht nur der "Kampf der Generationen", der diese Paarung so speziell machte. Die Engländerin war ruhig und traditionell. Sie war mit langem Gewand bekleidet, das Arme und Knöchel bedeckte. Während den Spielunterbrechungen nahm sie gesittet auf dem Stuhl Platz und wartete auf die Fortsetzung. Sie war das perfekte Abbild einer Frau dieser Zeit - zumindest wie sich die Gesellschaft dieser Zeit die perfekte Frau vorstellte.

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Ihre französische Kontrahentin war das genaue Gegenteil. Sie bevorzugte modische Kleidung, die ihr aber auch genug Beweglichkeit für den Sport ließ. Noch trug sie lange Ärmel, aber der Rock gewährte einen ungehinderten Blick auf ihre Knöchel - ein ungehöriges Beispiel der Freizügigkeit in dieser Zeit. Aber als wenn das nicht schon Provokation genug gewesen wäre, brach sie auch noch mit weiteren Tabus.

Sie spielte nur mit einem knappen Kopftuch und zeigte so ihre kurzgeschnittene Bob-Frisur. Dazu nahm sie im zweiten Satz auch noch in Brandy getränkte Zuckerwürfel als Stärkung zu sich. Eine Frau mit Herrenfrisur, die in der Öffentlichkeit Alkohol zu sich nimmt - so einen Affront hatte es bis dato in Wimbledon noch nicht gegeben. Es war, als würden in diesem Match Klassische Konzertmusik und Rock'n'Roll aufeinandertreffen - wenn es Rock'n'Roll zu dieser Zeit schon gegeben hätte.

Lenglens Regentschaft im Damentennis

Aber auch sportlich hielt das Finale alles, was sich das Publikum erhoffen konnte, nur mit der falschen Siegerin. Nicht die Lokalmatadorin holte den Titel, sondern die junge Revoluzzerin aus Frankreich. Nach zwei abgewehrten Matchbällen gewann Lenglen das Spiel mit 10:8, 4:6 und 9:7. Es sollte der erste von sechs (fünf davon in Folge) Triumphen in Wimbledon sein.

Aber nicht nur Wimbledon drückte sie in den folgenden Jahren ihren Stempel auf. Vielmehr schwang sie sich zur absoluten Herrscherin des Damentennis der 1920er auf. Von 1919 bis 1926 verlor sie lediglich ein Match - und das auf äußerst unglückliche Art und Weise. Bei den U.S. Nationals (dem Vorläufer der US Open) 1921 traf sie in der zweiten Runde auf Molla Mallory, die beste Spielerin Nordamerikas. Nachdem sie den ersten Satz 2:6 verloren hatte, musste sie wegen schweren Hustenanfällen und Weinkrämpfen aufgeben.

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Ihr chronisches Asthmaleiden war zu diesem Zeitpunkt bereits diagnostiziert, trotzdem nahm das Publikum diese Aufgabe äußerst negativ auf. Zudem wurde die Niederlage der weltbesten Spielerin ausführlich in den internationalen Medien berichtet. Aber nur ein Jahr später konnte Lenglen Revanche nehmen. In Wimbledon traf sie erneut auf Mallory und überrollte die US-Amerikanerin regelrecht mit 6:2 und 6:0. Gerade einmal 26 Minuten dauerte die Demütigung ihrer Kontrahentin.

Wimbledon und French Open

Neben Wimbledon waren vor allem die French Open die Domäne der gebürtigen Pariserin. Von 1920 bis 1926 trug sie sich gleich sechs Mal in die Siegliste bei ihrem Heimturnier ein. Bis zu ihrer Niederlage gegen Mallory verzeichnete sie 116 Siege in Folge. Als sie ihre Amateurkarriere 1926 beendete, stand sie bei 182 Siegen. In Wimbledon hatte sie die unfassbare Quote von 90 Siegen in 92 Spielen.

Insgesamt errang sie während ihrer Amateurzeit 250 Titel: 83 im Einzel (sieben davon ohne Spielverlust), 74 Doppel-Titel und 93 im Mixed. Bei den Olympischen Spielen in Antwerpen (1920) kürte sie sich zur Olympiasiegerin im Einzel und Mixed, sowie Bronze im Doppel.

Zu dieser Zeit war sie die mit Abstand beste Tennisspielerin der Welt. Ihre Doppel-Partnerin Elizabeth Ryan, die mit Lenglen sechs Mal den Doppel-Titel in Wimbledon errang, beschrieb ihr Können so: "Sie hatte jeden Schlag drauf. Dazu hatte sie die Intuition, sofort zu wissen, wann welcher Schlag kommen muss. Sie gab ihrer Kontrahentin nie zwei Mal hintereinander denselben Schlag. Ihr Spiel war inspiriert von Präzision, Täuschung und Stabilität. Ich hatte damals den besten Stopp der Welt. Aber sie erreichte ihn nicht nur, sie war auch noch so schnell, dass sie ihn platziert spielen konnte."

Fashionikone und Revoluzzerin

Doch sie setzte nicht nur sportlich Akzente. Auch modisch und gesellschaftlich gab sie regelmäßig Statements ab. Dabei wandelte sie stets auf dem schmalen Grat zwischen Idol und Diva. Mal tendierte sie zur einen, mal zur anderen Seite. Das Idol war sie für zahlreiche junge Frauen dieser Zeit. Zum ersten Mal zeigte sich eine Dame in der Öffentlichkeit selbstbewusst und modern gekleidet. Egal, ob die Frisur oder ihre Kleidung, Lenglen war ein einziges Statement für eine unabhängige und selbstbewusste Frau.

Besonders das Wimbledon-Finale von 1921 wurde fast schon zu einer gesellschaftlichen Demonstration. Sie betrat in einem Kleid von Jean Patou den Center Court. Seit 1920 entwarf der französische Modeschöpfer auch Sportkollektionen. Suzanne Lenglen bezeichnete er dafür als seine Muse.

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Daher entwarf er ihr speziell für Wimbledon das Outfit, mit dem sie zu einer Ikone der Frauenbewegung wurde. Erstmals zeigte sich eine Frau in der Öffentlichkeit mit bloßen Oberarmen, der Rock endete am Knie. Ihre Strümpfe wurden von Strumpfhaltern hochgehalten und der modische Bob wurde nur von einem Band gebändigt.

Die jungen Frauen dieser Zeit bejubelten sie für ihren Mut und Selbstbewusstsein. Die konservative Gesellschaft hingegen rümpfte die Nase über diese französische Femme Fatal. Doch damit nicht genug.

Sonnenbräune als Schönheitsideal

Die gesellschaftliche Bedeutung ihres Outfits beschränkte sich nicht nur auf den modischen Aspekt. Bis dahin galt bei Frauen weiße Haut als unumstrittenes Schönheitsideal. Damit zeigten die Damen der Oberschicht, dass sie es nicht nötig hatten, ihren Lebensunterhalt mit Arbeit zu verdienen, sondern den Tag in den Räumlichkeiten ihres Herrenhauses mit Sticken und Kaffeekränzchen verbringen konnten. Sonnengebräunte Haut war das Zeichen der niederen Arbeiterschicht.

Aber auch hier veränderte Lenglen die Ansichten radikal. Plötzlich war es en vogue, sich mit sonnengebräunter Haut zu zeigen. Es wurde geradezu ein Schönheitsideal. Die Nachhaltigkeit dieses Trends zeigt sich darin, dass auch heute noch Sonnenbräune als schön und gesund angesehen wird.

Ein internationales Phänomen

Durch ihre sportlichen Leistungen und diese gesellschaftlichen Statements hatte sich Lenglen Mitte der 1920er zu einer Person von internationalem Interesse entwickelt. Auftritte von ihr wurden global in den Medien berichtet. Dabei beschränkte sich die Berichterstattung nicht nur auf den Sportteil. Auch im Mode- und Newsbereich war sie ein regelmäßiger Gast.

Sie wurde damit zu einem der ersten weiblichen Superstars des Sports.

Lenglen - die Diva

Doch es gab nicht nur die Ikone Lenglen. Immer wieder kippte sie auch auf die Seite der Diva. 1926 wurde in Wimbledon der Termin für ihr Match geändert. Daraufhin weigerte sie sich zu spielen. Sie begründete das damit, dass sie müde und wütend über die Spielverlegung sei. Obwohl selbst Queen Mary extra auf der Tribüne erschienen war, um sie spielen zu sehen, blieb Lenglen stur und trat nicht an.

Daraufhin wurde sie von der Französischen Tennis-Föderation auf Lebenszeit suspendiert. Damit wurde ihr die Entscheidung, ob sie ins Profilager wechseln sollte, abgenommen.

1927: Nur ihr Körper konnte Lenglen bremsen

1926 wechselte sie vom Amateur- ins Profilager und erhielt für eine Serie von Schaukämpfen in den USA die damals sensationelle Summe von 75.000 US-Dollar. 38 Spiele sollte sie gegen Mary K. Browne (Gewinnerin der US Open 1912, 1913, 1914) auf dieser Tour bestreiten. Natürlich gewann sie alle 38 Partien.

Nach dieser Serie rieten ihr die Ärzte, sich aus gesundheitlichen Gründen vom Tennissport zurückzuziehen und Ruhe zu gönnen. Daher gründete sie mit ihrem Lebensgefährten Jean Tillier eine Tennisschule in Paris, die bereits 1936 zum Trainingszentrum der Französischen Tennis-Föderation umgewandelt wurde.

Am 4. Juli 1938 starb Lenglen überraschend an den Folgen von Blutarmut.

Miss French Open

Die French Open ehrten ihre ehemalige Seriensiegerin damit, dass sie den Court A 1994 nach ihr benannten. Am Osteingang erinnert ein Bronzerelief an sie. Dazu ist der Siegerpokal des Dameneinzels, "La Coupe Suzanne Lenglen", nach ihr benannt.

Sie war eine Provokateurin und Ikone, sie wurde zu einer Symbolfigur der Frauenbewegung in dieser Zeit und war die anerkannt weltbeste Spielerin ihrer Zeit. Diese Lebensleistung Suzanne Lenglens sollte nicht in Vergessenheit geraten - oder wie es ihre ehemalige Doppelpartnerin Ryan ausdrückte: „War sie eine Angeberin? Ja! Provozierte sie in ihrer Selbstdarstellung? Natürlich! Sie war seit ihrer Kindheit durch ungeheure Bewunderung verwöhnt worden. Aber sie war die größte Tennisspielerin aller Zeiten. Vergesst das nie!“