Nur kurz geht Jan Ullrich aus dem Sattel, beschleunigt mit einigen kräftigen Tritten, dann zieht er davon.
Der unwirkliche Hype um Ullrich
Elegant, mit seinem unvergleichlich ästhetischen Stil. Meter um Meter legt der 23-Jährige zwischen sich und seine Konkurrenten, klettert seinem ersten Gelben Trikot und dem großen Triumph bei der Tour de France entgegen.
"Jan Ullrich erstürmt Andorra Arcalis", wird es danach an diesem 15. Juli 1997 heißen. Der Radsport-Kaiser war geboren.
Hype um Jahrhunderttalent Ullrich
Eben an diesem 15. Juli vor 26 Jahren in den Pyrenäen begann der unwirkliche Hype um das Jahrhunderttalent. Bei seinem Telekom-Kapitän Bjarne Riis und Teamchef Walter Godefroot hatte er sich zuvor noch das Okay für seine Attacke geholt.
Und was für eine Attacke das ist! Ullrich lässt seine Konkurrenten wie seinen Kapitän stehen, hat im Ziel 1:08 Minuten Vorsprung auf die Verfolger Marco Pantani und Richard Virenque, 3:23 Minuten auf den schwer geschlagenen Riis.
Zwölf Tage später erreicht Ullrich die Avenue des Champs-Élysees in Paris schließlich mit einem Vorsprung von 9:09 Minuten auf Virenque. Nicht einmal Lance Armstrong, mit dem sich Ullrich später über Jahre duellierte, hatte je einen solchen Abstand auf den Zweiten.
Ullrich noch immer stolz auf Tour-Sieg
„Es war fast wie 1954, als Deutschland Fußball-Weltmeister wurde“, erinnerte sich Reporter-Legende Herbert Watterott in der ARD.
Auch wenn die Umstände des Triumphs längst einen Schatten geworfen haben, auch wenn Ullrich 2006 nach Aufdeckung der Fuentes-Affäre die Tour wie ein geprügelter Hund verlassen musste, infolgedessen im Februar 2007 seine Laufbahn beendete: Für Ullrich bleibt der Gesamtsieg bei der Frankreich-Rundfahrt das prägende Erlebnis seiner Laufbahn, der historische Erfolg definiert auch sein Selbstwertgefühl.
„Ich bin immer noch stolz darauf“, sagte er, der in den vergangenen Jahren zumeist Negativ-Schlagzeilen wegen seines selbstzerstörerischen Lebenswandels machte und mit einem Kokain-Geständnis schockierte, zuletzt aber wieder gefestigter wirkte und sich positiv gestimmt zeigte.
Radsport-Deutschland aber wird sich an Ullrich als den jungen Helden von Arcalis erinnern.
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Mit Sport-Informations-Dienst (SID)