Mit seinem Sensations-Gold bei Olympia überraschte Diskuswerfer Christoph Harting die Sportnation - danach spaltete er sie.
Harting provoziert Sturm der Entrüstung
Zum einen mit einem recht unorthodoxen Auftritt während der Nationalhymne: Er verschränkte die Arme, pfiff, machte Mätzchen. Lieferte, obwohl nach eigenen Angaben ein introvertierter Typ, eine sehr extrovertierte Vorführung.
Zum anderen löste der jüngere Bruder von Robert Harting Verstimmung aus mit seinem Unwillen über den Triumph zu reden - weder mit den Reportern in den Katakomben, noch dem des ZDF: An Norbert König ging er ohne Handschlag vorbei.
Hartings Verhalten stieß beim übertragenden deutschen Sender auf Unverständnis. Zwar sagte Moderatorin Kathrin Müller-Hohenstein: "Wir akzeptieren das." Sportchef Dieter Gruschwitz allerdings übte im Gespräch mit der Nachrichtenagentur SID Kritik: "Das ist ein einmaliger Vorgang und besonders bedauerlich für die vielen Fans vor dem Fernseher."
Mätzchen während der Nationalhymne
Auch diese Kritik ist durchaus einmalig, aber Gruschwitz war nicht allein in seiner Irritation über den Mann, der mit seinem letzten Wurf und der Weltjahresbestleistung von 68,37 m das Klassement auf den Kopf stellte. Die Art und Weise, wie er sich nach dem Triumph gab, löste schnell Diskussionen über die Etikette aus.
Bei der Siegerehrung verschränkte die Arme vor der Brust, pfiff vor sich hin. Auch davor lieferte er eine kleine Show, die nicht so ganz introvertiert war: Er deutete an, sich wie sein Bruder das Trikot zu zerreißen - und beließ es dann doch dabei, sich in die deutsche Fahne zu hüllen.
Vor allem sein Verhalten während der Hymne rief teilweise heftige Kritik hervor. Neben vielen Fans in den sozialen Medien empörte sich Weitsprung-Europameister Sebastian Bayer: "Für dieses Verhalten schäme ich mich in Deutschland vor dem TV! Sorry, aber dann würde ich lieber auf diese Medaille verzichten."
Auch Hartings Trainer Torsten Lönnfors wusch ihm via Bild-Zeitung den Kopf: "Keine Ahnung, was das sollte, ich verstehe es nicht. Christoph muss aufpassen, dass er jetzt nicht frei dreht."
Etwas sanfter tadelte ihn Chef de Mission Michael Vesper, der "nicht gut" fand, was er bei der Siegerehrung sah: "Er ist Teil unserer Mannschaft und Botschafter unseres Landes. Wenn er die Bilder anschaut, wird er das sicher einsehen."
Christoph Harting: "Ich bin keine Kunstfigur"
Harting überraschte offensichtlich mit seinem Verhalten, aber zumindest Hartings Zurückhaltung vor den Mikrofonen ist nicht neu. Schon während der ganzen Saison hielt er es so - im deutlichen Kontrast zu Bruder Robert, der stets Stellung auch zu übergeordneten Themen bezieht.
Warum Christoph Harting da so anders ist? So viel wollte er dem ARD-Hörfunk zumindest mitteilen: "Ich bin kein Medienmensch, ich bin keine Kunstfigur, ich bin Sportler und lasse meine Leistung sprechen."
Ähnlich äußerte er sich in der Pressekonferenz, die ebenfalls ein recht bizarrer Termin wurde. Zum einen habe er "schlechte Erfahrungen" mit den Medien gemacht, zum anderen: "Ich bin keine PR-Maschine, ich bin keine Medienfigur, ich beantworte nicht gerne Fragen. Extrovertierte Menschen wollen wahrgenommen werden. Ich bin ein introvertierter Mensch und fühle mich völlig unwohl hier."
Ansonsten zeigte er sich wortkarg - und ärgerte sich noch über die fehlende Möglichkeit, mit seiner Familie statt mit den Journalisten zu reden.
Zum Hymnen-Thema sagte Harting dann doch noch was, allerdings nichts, was die Irritationen ausräumen wird: "Ich bin ein Mensch, der Rhythmus braucht, der Rhythmus liebt, der gute Musik über alles schätzt. Es ist schwer, zur Nationalhymne zu tanzen, habe ich festgestellt."