Es kann nicht gutgehen, Hulk Hogan zurückzuholen. Es war die weit verbreitete Meinung unter Wrestling-Fans vor 23 Jahren.
Ein WWE-Moment für die Ewigkeit
Der Mann, dessen Popularität WWE in den achtziger Jahren zur Weltmarke gemacht hatte, habe abgewirtschaftet, fanden damals viele. Lange vor dem folgenschweren Rassismus-Skandal und seinen bizarren Wahlwerbe-Auftritten für Donald Trump hatte sich das Image des Hulksters im Jahr 2002 zum Negativen verändert.
Der einstige Liebling der (Wrestling-)Nation galt damals für viele seiner einstigen Verehrer als verkommene Egomane, der nur auf den eigenen Vorteil aus sei. Und als einer der Hauptschuldigen am Untergang des WWE-Konkurrenten WCW, zu dem Hogan 1994 gewechselt war und der 2001 nach einem zwischenzeitlichen Boom untergegangen war – nicht ohne Hogan vorher spektakulär unwürdig vom Hof zu jagen.
Es schien zu diesem Zeitpunkt undenkbar, dass der damals 48-Jährige nochmal auf der großen Wrestling-Bühne auftauchen würde. Und die Fans nochmal so begeistern würde wie zu seinen besten Zeiten, womöglich mehr denn je. Doch genau das geschah heute vor 23 Jahren mit dem legendären WrestleMania-Match gegen Dwayne „The Rock“ Johnson.
Hulk Hogans WWE-Comeback: Fans und Experten warnten
Zu Beginn des Jahres 2002 begann WWE - damals noch: WWF - dem unwahrscheinlichen Comeback den Weg zu bereiten. Knapp neun Monate nach dem Aufkauf von WCW - und wenige Wochen nach Abschluss der böse gefloppten Invasions-Story um die vom Konkurrenten übernommenen Stars – kam heraus, dass die Liga Verhandlungen mit Hogan aufgenommen hatte, und auch den NWO-Mitgründern Kevin Nash und Scott Hall.
Das Echo auf die Enthüllung war anfangs verheerend. „Reporter und Fans sind sich nahezu einig in ihrer Verdammung des Schachzugs, das Trio zu verpflichten“, fasste das kanadische Fachportal Slam Wrestling damals die Stimmung zusammen.
Hogan, Hall und Nash hätten „einen Ruf als Meister der Manipulation und Backstage-Politiker“, sie seien „körperlich über dem Zenit“. Die geplante Rückholaktion wäre „ein kolossaler Fehler“ und „ein Zeichen, wie wenig Ahnung die WWF mittlerweile noch hat, wen und was die Wrestling-Fans heute noch sehen wollen“.
Es gab wenige, die dieser Einschätzung damals widersprachen, auch in der WWE-Kabine soll der Unmut groß gewesen sein. Trotzdem: Die Voraussage eines sich anbahnenden Fiaskos erwies sich als kolossaler Irrtum.
Icon vs. Icon bei WrestleMania X-8
WWE-Boss Vince McMahon ließ sich nicht beirren und einigte sich mit Hogan, Hall und Nash auf eine Rückkehr rechtzeitig vor der Megashow WrestleMania X-8.
Er inszenierte eine Fehde der wieder vereinten Originalbesetzung der NWO mit seinen beiden Topstars The Rock und „Stone Cold“ Steve Austin, die bei Mania in einem „Dream Match“ gipfelte, dem als „Icon vs. Icon“ vermarkteten Duell der Generationen zwischen Hogan und dem 19 Jahre jüngeren Rock, damals an der Schwelle zum Durchbruch in seiner zweiten Karriere als Hollywood-Schauspieler.
Was passierte, als Hogan und Rock sich gegenübertraten, ist in Worten schwer zu beschreiben. Der Ausdruck „Magie“ scheint überhöht, aber wenig trifft es besser.
Hogans Magie ließ allen Groll verfliegen
In dem Moment, in dem Hogan Rock vor rund 68.000 Fans im SkyDome von Toronto gegenübertrat - demselben Ort, wo er 1990 sein ähnlich legendäres Match mit dem Ultimate Warrior hatte - passierte etwas mit den Zuschauern.
Hogan, der alte Mann über seinem Zenit. Hogan, der Egomane. Hogan der Meister der Manipulation. Herrgott, wen interessierte das jetzt? Hulk Hogan, DER Hulk Hogan, der Kindheitsheld von zig Millionen, war nach neun Jahren zurück für ein surreales, nie für möglich gehaltenes Duell mit The Rock.
Die Kraft dieses Moments, die fesselnde Aura der beiden Superstars: Sie schuf etwas Einzigartiges. Hogan, eigentlich in seiner alten WCW-Rolle als Bösewicht „Hollywood Hogan“ ins Match gegangen, bekam ein „Hero’s Welcome“, wurde mit lautem, nicht versiegendem Jubel empfangen wie der verlorene Sohn.
Nach - nun ja - objektiven Maßstäben war das Match zwischen Hogan und Rock nicht herausragend. Die beiden kombinierten ihre Standardprogramme und -aktionen, am Ende gab es den logischen Sieg von The Rock nach drei Rock Bottoms und dem People’s Elbow. Die Atmosphäre allerdings, in der all das geschah: Magie.
Die WWE-Führung hatte entgegen allen Unkenrufen das Gespür bewiesen, die Besonderheit des Moments vorauszuahnen – und auch gleich die logische Anschlussstory anzuschließen: Hall und Nash wandten sich nach dem Match gegen Hogan, Rock kam zurück, um dem Altmeister zu helfen und sich nochmal wie ehedem feiern zu lassen. Das Comeback „Hulkamania“ war vollendet.
Für Cody Rhodes das beste Match der Geschichte
Der Erfolg der Inszenierung führte dazu, dass Hogan nochmal eine letzte Regentschaft als WWE-Champion bekam - die bei Backlash mit einem Sieg über Triple H begann und 28 Tage danach mit einer Niederlage gegen den Undertaker endete.
Wer länger dranblieb, weiß: Der Gesamtertrag des Comebacks von Hogan, Nash und dem 2022 verstorbenen Hall (kurz nach seiner Rückkehr wegen seiner Alkoholprobleme gefeuert) war letztlich doch zwiespältig, auch Hogans schlechter Ruf holte ihn bei seinen letzten großen WWE-Fehden gegen Shawn Michaels und Randy Orton wieder ein.
Nichtsdestotrotz: Das Match Hogan vs. Rock, der magische Moment von Tornto bleibt unauslöschlich im Gedächtnis als Abrundung von Hogans Vermächtnis und als einer der denkwürdigsten WWE-Momente schlechthin. Der Meinung ist auch der amtierende WWE-Champion Cody Rhodes - der sich gerade selbst auf ein großes WrestleMania-Duell der Generationen mit John Cena und Sekundant The Rock vorbereitet.
In einem Social-Media-Q&A antwortete er 2018 auf die Frage, was für ihn das größte Wrestling-Match der Geschichte sei: „Hogan vs. Rock. Ich traue keinem, der was anderes behauptet.“