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Netflix-Doku über WWE-Gründer: Der Absturz eines Milliarden-Moguls

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Netflix-Doku über WWE-Gründer: Der Absturz eines Milliarden-Moguls

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Der Absturz eines Milliarden-Moguls

Eine neue Netflix-Doku leuchtet den Aufstieg und Fall des über verstörende Vorwürfe gestolperten WWE-Gründers Vince McMahon aus. McMahon bezeichnet sie als „irreführend“ – dabei sind es seine eigenen Worte, die entlarvend sind.
Vince McMahon im Jahr 1993 mit seinem damals noch größten Star Hulk Hogan
Vince McMahon im Jahr 1993 mit seinem damals noch größten Star Hulk Hogan
© IMAGO/Newscom World
mhoffmann
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Eine neue Netflix-Doku leuchtet den Aufstieg und Fall des über verstörende Vorwürfe gestolperten WWE-Gründers Vince McMahon aus. McMahon bezeichnet sie als „irreführend“ – dabei sind es seine eigenen Worte, die entlarvend sind.

Vince McMahon, der wegen schweren Vorwürfen der Vergewaltigung und des Sexhandels in Ungnade gefallene Wrestling-Mogul, ist enttäuscht.

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In dieser Woche hat der Streaming-Riese Netflix eine große Doku über seine Lebensgeschichte veröffentlicht – und es ist nicht das herausgekommen, was der Gründer und langjährige Patriarch von WWE sich erhofft hat.

„Die Produzenten hatten die Chance, eine objektive Geschichte über mein Leben zu erzählen und das unglaubliche Geschäft, das ich aufgebaut habe - angefüllt mit Spannung, Drama, Spaß und einem gewissen Maß an Kontroversen und Lektionen fürs Leben“, klagte der 79-Jährige bei X über die Serie „Mr. McMahon“. Stattdessen sei sie eine „bewusst irreführende“ Vermischung von Realität und Fiktion, eine böswillige Vermengung seiner realen Persönlichkeit mit der Kunstfigur Mr. McMahon, die er vor der WWE-Kamera gespielt hatte.

Es war eine überraschende Wortmeldung des zuletzt eher aus der Öffentlichkeit abgetauchten Multi-Milliardärs – der das Aufsehen um das aufwändige Filmprojekt eher noch vergrößert hat. „Mr. McMahon“ ist in dieser Woche das Gesprächsthema Nummer 1 in der Wrestling-Szene – denn die oft bizarren Einblicke, die es in den Charakter und das Machtsystem des gestürzten Showkampf-Imperators gibt, sind ebenso umfassend wie vielsagend.

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Netflix-Doku „Mr. McMahon“ nimmt WWE-Gründer in den Fokus

Zur Erinnerung: McMahon trat zu Beginn des Jahres bei WWE zurück, nachdem die junge Ex-Angestellte und -Geliebte Janel Grant ihm vorwarf, sie vergewaltigt und innerhalb seiner Firma als sexuelle Ware angeboten zu haben (unter anderem dem seit Januar ebenfalls von der Bildfläche verschwundenem Topstar Brock Lesnar) – untermauert mit der Veröffentlichung zahlreicher vulgärer Textnachrichten McMahons, die auf ein ausbeuterisches Verhältnis des Ex-Bosses mit seiner früheren Untergebenen hindeuten.

McMahon, gegen den auch andere ungeklärte Vergewaltigungs- und Belästigungsvorwürfe im Raum stehen, weist alle Anschuldigungen strafbaren Verhaltens zurück. Der Fall ist aktuell Gegenstand staatlicher Ermittlungen.

Mitten hinein in das laufende Verfahren stößt nun das Netflix-Projekt, 2020 noch von WWE selbst mit hörbarem Stolz als Prestige-Projekt und „bahnbrechender Deal“ mit dem Streaming-Anbieter verkündet – das dann aber eine völlig andere Richtung genommen hat als ursprünglich geplant.

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Hinter „Mr. McMahon“ steckt der preisgekrönte Filmemacher Chris Smith, ausführender Produzent der Kult-Doku „Tiger King“ und Regisseur der für Emmys nominierten Dokus „Fyre“ und „Jim & Andy“ über Jim Carreys Porträt des wrestlingaffinen Comedians Andy Kaufman in dem Film „Man on the Moon“.

Smith und seine Mitstreiter hatten die Dreharbeiten eigentlich schon abgeschlossen, als sich im Sommer 2022 nach den ersten Enthüllungen brisanter Schweigegeld-Zahlungen McMahons die Ereignisse vor und hinter den Kulissen überschlugen.

Dem Projekt drohte zwischenzeitlich das Aus, stattdessen wurde schließlich – ohne Mitwirkung McMahons – ein neuer Schluss ergänzt, der auch den Sturz des langjährigen WWE-Patriarchen aufarbeitete.

Das Endprodukt bietet Kennern des McMahon-Skandals und der WWE-Geschichte keine bahnbrechenden Neuigkeiten, aber ein packend erzähltes Panorama von McMahons Wirken und seines eigenwilligen Charakters.

Eine Geschichte von Erfolgen und Skandalen

Die Doku zeichnet McMahons Vita und die Geschichte seines Lebenswerks WWE nach, das McMahon von einer regionalen Showkampfliga zu einem globalen Imperium aufbaute: Die ersten vier Episoden porträtieren den ersten Boom der damaligen WWF mit dem damaligen Superstar Hulk Hogan, die Krise der Neunziger und die Attitude Era, das zweite große Hoch der Promotion mit den Aushängeschildern „Stone Cold“ Steve Austin und Dwayne „The Rock“ Johnson - und den gewonnenen Konkurrenzkampf mit dem 2001 untergegangenen Rivalen WCW.

Im Kontrast zu der unternehmerischen Erfolgsgeschichte widmet sich „Mr. McMahon“ aber auch den diversen Skandalen aus McMahons Anfangsjahren: dem Steroidprozess Anfang der Neunziger, den Missbrauchsanschuldigungen gegen den früheren Talentchef Terry Garvin und Ex-Ringsprecher Mel Philipps, dem ersten Vergewaltigungsvorwurf gegen McMahon, erhoben durch die frühere Ringrichterin Rita Chatterton wegen eines angeblichen Übergriffs in den Achtzigern.

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Hätte WWE schon damals den öffentlichen Stellenwert besessen, den das Unternehmen heute hat, hätte McMahon womöglich schon viel früher abtreten müssen. Stattdessen behielt er trotz aller Kontroversen und Affären stets die Kontrolle über sein Reich, dessen Geschäfte durch milliardenschwere TV- und Streamingdeals und einen neuen Zuschauerboom seit rund zwei Jahren aktuell besser denn je laufen.

Etwa zum selben Zeitpunkt begann McMahon die Kontrolle über sein Lebenswerk zu verlieren.

McMahon unterhielt Schweigegeld-System

Eine investigative Enthüllungsserie des Wall Street Journal legte offen, dass McMahon jahrelang ein Schweigegeld-System unterhielt, mit dem er Vorwürfe sexueller Belästigung und Gewalt unter Verschluss hielt - unter anderem kam eine 7,5-Millionen-Dollar-Zahlung an eine anonyme Ex-Wrestlerin ans Licht, die ihm vorwirft, ihn im Jahr 2005 zu Oralsex gezwungen zu haben.

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McMahon verkündete unter dem Druck der Ereignisse seinen Rücktritt und angeblichen „Ruhestand“, putschte sich Anfang 2023 aber mit Hilfe seiner Macht als Anteilseigner zurück ins Unternehmen und handelte die große Fusion mit dem UFC-Mutterkonzern Endeavor aus, wurde im neuen Konglomerat TKO der zweite Mann hinter Firmenboss Ari Emmanuel.

Der ewige Vince schien endgültig unverwundbar - als denn jedoch die Anwälte von Janel Grant ihre Klage und die belastenden Indizien öffentlich machten, wurde McMahon schnell zum endgültigen Rücktritt gedrängt.

Trotz der umfassenden kritischen Betrachtung McMahons ist die Doku nicht als persönliche Vernichtung angelegt, Regisseur Smith und sein Team mühen sich spürbar um ein dreidimensionales Bild.

Seltsames Verhältnis zur eigenen Familie

In einem souveränen Kunstgriff lässt Smith in der letzten Episode McMahons langjährigen Vertrauten Bruce Prichard über das eigene Projekt lästern: Der Rohschnitt, den er gesehen hätte, sei „Scheiße“, McMahon sei nicht das „Arschloch“, als das ihn die Doku hinstellen wolle, menschliche Seite käme zu kurz - etwa, dass McMahon das Leben von Prichards krebskranker Frau mit der Finanzierung der bestmöglichen Therapie verlängert hätte.

Auch in zahlreichen Interviews mit McMahons Weggefährten wird deutlich, wie viele seiner früheren Stars - John Cena, der Undertaker, früher auch der alte Freundfeind Bret Hart - ihn wie Vaterfigur betrachteten oder noch tun.

Demgegenüber steht - auch das wird in der Doku sehr deutlich - ein in vielfältiger Weise seltsames Verhältnis McMahons zur eigenen Familie: Zu Vater Vince Sr., den er ausbootete, als er die Vorgängerliga WWWF unternahm. Zu Frau Linda - Ex-Ministerin im Kabinett seines Geschäftsfreund Donald Trump -, mit der er seit langem eine De-facto-Scheinehe führt. Zu Sohn Shane, der offen zugibt, mit seinen waghalsigen Ringstunts die Liebe und den Respekt seines Vaters gesucht zu haben, den er sonst nicht bekommen hätte. In Teilen auch zu seiner Tochter und einst designierten Firmenerbin Stephanie, der er einmal - Vince erzählt es selbst - die Story-Idee vorschlug, dass er ihr ein Inzest-Baby gemacht hätte.

Dass dem Menschen Vince McMahon irgendetwas fehlt, offenbart er auch, als er in der Doku über das Thema Ruhestand spricht - und erklärt, dass ihm ein Rätsel sei, warum irgendjemand sein Berufsleben je verlassen wollte: „Wer aufhört zu wachsen, stirbt. Was genau wollt ihr denn tun, wenn ihr in den Ruhestand geht? Für solche Leute habe ich kein Verständnis. Dann sterbt halt.“ (Seinen ersten Rücktritt nach den Schweigegeld-Enthüllungen begründete McMahon einige Monate später mit den Worten: „Mit 77 ist es für mich Zeit, in den Ruhestand zu gehen“)

„Manchmal verlieren Performer den Sinn dafür, wer sie sind“

Was den Menschen McMahon stattdessen umtreibt, präsentiert die Serie am Ende der letzten Episode mit einem weiteren Interviewschnipsel aus dem Jahr 2021 - das durch die darauffolgenden Enthüllungen nun ebenfalls in anderem Licht erscheint.

McMahon räsoniert auf Nachfrage der Filmemacher über genau die Frage, die die Doku seiner späteren Behauptung zufolge falsch dargestellt hat: wie er wirklich sei und wie viel davon der Kunstfigur „Mr. McMahon“ stecke.

Die Antwort McMahons aus dem Jahr 2021: Die Frage sei schwierig, gewiss sei er „egomanisch“, wichtig seien ihm aber auch „Körperkultur“, „sexuelle Aktivität“ und sein Bedürfnis „jeden Tag herausgefordert“ zu werden: „Manchmal beginnen Performer zu glauben, dass sie die Rolle sind, die sie darstellen und verlieren jeden Sinn dafür, wer sie wirklich sind. Ich frage mich auch oft, was von mir die Rolle ist und was ich selbst. Vielleicht ist es eine Mischung. Ein Teil ist in jedem Fall etwas übertrieben. Ich bin nur nicht sicher welcher.“

Grenze zwischen Realität und Fiktion selbst verwischt

Die Schlusspointe der Doku verdeutlicht, dass McMahon und seine verbliebenen Anhänger es sich zu einfach machen, wenn sie dem Filmprojekt vorwerfen, die Grenze zwischen Realität und Fiktion zu verwischen.

Es ist McMahon selbst, der dies immer wieder tat und tut, sich hinter seiner Rolle versteckt, sein Alter Ego als machtversessener Boss als Schutzschild für echte Machtspiele mit seinen Untergebenen benutzt hat und die kreative Kontrolle über die Story-Scheinwelt, um sich selbst und auch seine Skandale in ein günstigeres Licht zu tauchen - oder es zumindest zu versuchen.

Die Netflix-Doku zeigt in dieser Hinsicht diverse entlarvende Beispiele auf: Als McMahon 2006 von einer Solariums-Angestellten beschuldigt wurde, sie sexuell bedrängt zu haben, inszenierte er bei WWE zwei Wochen später eine Story, in der Wrestlerin Mickie James einen unschuldigen Mann mit erlogenen Belästigungsvorwürfen ins Gefängnis brachte.

Ein Jahr darauf steckte McMahon James‘ Kollegin Ashley Massaro in ein TV-Segment, in der er sie in demütigender Weise anschrie, zum Weinen brachte und eine (Story-)Suspendierung verkündete - wie kurz nach McMahons Rücktritt herausgekommen ist, warf die inzwischen verstorbene Massaro McMahon vor, sich mit einer herabwürdigenden Darstellung ihres TV-Charakters für abgelehnte sexuelle Avancen gerächt zu haben.

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Janel Grant? „Eine Affäre, die ich beendet habe“

Die Anwälte von Janel Grant sehen das Charakterportät als Bestätigung des Eindrucks, dass McMahon sein Wrestling-Reich als Machtinstrument gegen Frauen eingesetzt hätte.

„Die Serie verdeutlicht, dass es keinen Unterschied zwischen McMahons TV-Charakter und seinem wahren Selbst gibt“, kommentierten die Anwälte von Janel Grant die Doku: Die „gewalttätigen Ausbrüche, sexuelle Perversion und die Manipulation“, die McMahon in seiner Rolle auslebe, seien „genau das, was Janel Grant jahrelang hinter verschlossen Türen erlebt hat“.

McMahon zeigt sich derweil weiter ungerührt von der Masse der Vorwürfe, die gegen ihn im Raum stehen - und gibt sich zuversichtlich, dass er seinen Namen reinwaschen und der Fall Janel Grant nie vor Gericht landen werde. In seinem neuen Statement nennt er sie beiläufig „eine Affäre, die ich beendet habe“.